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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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grosse Geheimniss, das wirkliche Mysterium der Maurerei, der Johannis- und Rosenbrüder; es liegt tief verborgen und doch verständlich in dem Kelche der Rosen eingeschlossen; der schön geschlossene Kelch der Rose leitet von selbst darauf, in ihrem Innern ein Geheimniss eingeschlossen zu denken, und in diesem Sinne singt Hafis:

"Höret, höret das Geheimniss der Rosen,
Wie sie statt Worten durch Düfte nur kosen."

Seit den ältesten Zeiten ist desshalb die Rose das Symbol des Geheimnisses, des Mysteriums, der Mysterien.

In Aegypten und Griechenland trugen die in die Hysterien Einzuweihenden vorzüglich die Rosen; Rosen waren der stete Schmuck der Einweihungsstätten und der Mysterienfeste. Was die Eingeweihten, die mit der Rose Geschmückten als Geheimniss (sub rosa) erfahren hatten, sollten sie unverbrüchlich verschweigen; und demnach ist die Rose, zumal bei den Maurern, auch das Symbol der versprochenen, aber auch treu zu beobachtenden Verschwiegenheit. Zum Zeichen des geheimen Bundes trägt auch jeder Maurermeister drei blaue Rosen auf der Schürze, welche Rosen in den höhern Graden sich nur anders färben und zuletzt zur rothen und zur weissen Rose werden. Auch bei den Gastmahlen der alten Deutschen hing von der Decke des Zimmers über der Tafel ein Kranz herab, in dessen Mitte eine Rose schimmerte, zum Zeichen, dass Alles, was dabei gesprochen wurde, unter den Theilnehmern der Gesellschaft geheim gehalten werden sollte. Das maurerische Rosenkreuz in seinem wahren Sinne soll ebenfalls blos das Geheimniss, das Mysterium der Unsterblichkeit ausdrücken. Das Kreuz nämlich mit seinen vier in den unendlichen Raum hinauslaufenden Armen war den Aegyptern das Symbol des Unendlichen und Unsterblichen, und gerade die Lehre von der Unsterblichkeit soll den wesentlichen Inhalt der Hysterien in Aegypten gebildet haben. Die Rosenkreuzer sind also der maurerische Bund, welcher unter dem Bilde der Rose und des Kreuzes den Glauben an die Unsterblichkeit lehrt und bewahrt: dennoch aber wollen und sollen diese Rosenkreuzer und mit ihnen alle Maurer das Geheimniss, welches sie der Rose abge-

grosse Geheimniss, das wirkliche Mysterium der Maurerei, der Johannis- und Rosenbrüder; es liegt tief verborgen und doch verständlich in dem Kelche der Rosen eingeschlossen; der schön geschlossene Kelch der Rose leitet von selbst darauf, in ihrem Innern ein Geheimniss eingeschlossen zu denken, und in diesem Sinne singt Hafis:

„Höret, höret das Geheimniss der Rosen,
Wie sie statt Worten durch Düfte nur kosen.“

Seit den ältesten Zeiten ist desshalb die Rose das Symbol des Geheimnisses, des Mysteriums, der Mysterien.

In Aegypten und Griechenland trugen die in die Hysterien Einzuweihenden vorzüglich die Rosen; Rosen waren der stete Schmuck der Einweihungsstätten und der Mysterienfeste. Was die Eingeweihten, die mit der Rose Geschmückten als Geheimniss (sub rosa) erfahren hatten, sollten sie unverbrüchlich verschweigen; und demnach ist die Rose, zumal bei den Maurern, auch das Symbol der versprochenen, aber auch treu zu beobachtenden Verschwiegenheit. Zum Zeichen des geheimen Bundes trägt auch jeder Maurermeister drei blaue Rosen auf der Schürze, welche Rosen in den höhern Graden sich nur anders färben und zuletzt zur rothen und zur weissen Rose werden. Auch bei den Gastmahlen der alten Deutschen hing von der Decke des Zimmers über der Tafel ein Kranz herab, in dessen Mitte eine Rose schimmerte, zum Zeichen, dass Alles, was dabei gesprochen wurde, unter den Theilnehmern der Gesellschaft geheim gehalten werden sollte. Das maurerische Rosenkreuz in seinem wahren Sinne soll ebenfalls blos das Geheimniss, das Mysterium der Unsterblichkeit ausdrücken. Das Kreuz nämlich mit seinen vier in den unendlichen Raum hinauslaufenden Armen war den Aegyptern das Symbol des Unendlichen und Unsterblichen, und gerade die Lehre von der Unsterblichkeit soll den wesentlichen Inhalt der Hysterien in Aegypten gebildet haben. Die Rosenkreuzer sind also der maurerische Bund, welcher unter dem Bilde der Rose und des Kreuzes den Glauben an die Unsterblichkeit lehrt und bewahrt: dennoch aber wollen und sollen diese Rosenkreuzer und mit ihnen alle Maurer das Geheimniss, welches sie der Rose abge-

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 Rosen waren der stete Schmuck der Einweihungsstätten und der Mysterienfeste. Was die Eingeweihten,
 die mit der Rose Geschmückten als Geheimniss (sub rosa) erfahren hatten, sollten sie unverbrüchlich
 verschweigen; und demnach ist die Rose, zumal bei den Maurern, auch das Symbol der versprochenen,
 aber auch treu zu beobachtenden Verschwiegenheit. Zum Zeichen des geheimen Bundes trägt auch jeder
 Maurermeister drei blaue Rosen auf der Schürze, welche Rosen in den höhern Graden sich nur anders
 färben und zuletzt zur rothen und zur weissen Rose werden. Auch bei den Gastmahlen der alten
 Deutschen hing von der Decke des Zimmers über der Tafel ein Kranz herab, in dessen Mitte eine Rose
 schimmerte, zum Zeichen, dass Alles, was dabei gesprochen wurde, unter den Theilnehmern der
 Gesellschaft geheim gehalten werden sollte. Das maurerische Rosenkreuz in seinem wahren Sinne soll
 ebenfalls blos das Geheimniss, das Mysterium der Unsterblichkeit ausdrücken. Das Kreuz nämlich mit
 seinen vier in den unendlichen Raum hinauslaufenden Armen war den Aegyptern das Symbol des
 Unendlichen und Unsterblichen, und gerade die Lehre von der Unsterblichkeit soll den wesentlichen
 Inhalt der Hysterien in Aegypten gebildet haben. Die Rosenkreuzer sind also der maurerische Bund,
 welcher unter dem Bilde der Rose und des Kreuzes den Glauben an die Unsterblichkeit lehrt und
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[203/0219] grosse Geheimniss, das wirkliche Mysterium der Maurerei, der Johannis- und Rosenbrüder; es liegt tief verborgen und doch verständlich in dem Kelche der Rosen eingeschlossen; der schön geschlossene Kelch der Rose leitet von selbst darauf, in ihrem Innern ein Geheimniss eingeschlossen zu denken, und in diesem Sinne singt Hafis: „Höret, höret das Geheimniss der Rosen, Wie sie statt Worten durch Düfte nur kosen.“ Seit den ältesten Zeiten ist desshalb die Rose das Symbol des Geheimnisses, des Mysteriums, der Mysterien. In Aegypten und Griechenland trugen die in die Hysterien Einzuweihenden vorzüglich die Rosen; Rosen waren der stete Schmuck der Einweihungsstätten und der Mysterienfeste. Was die Eingeweihten, die mit der Rose Geschmückten als Geheimniss (sub rosa) erfahren hatten, sollten sie unverbrüchlich verschweigen; und demnach ist die Rose, zumal bei den Maurern, auch das Symbol der versprochenen, aber auch treu zu beobachtenden Verschwiegenheit. Zum Zeichen des geheimen Bundes trägt auch jeder Maurermeister drei blaue Rosen auf der Schürze, welche Rosen in den höhern Graden sich nur anders färben und zuletzt zur rothen und zur weissen Rose werden. Auch bei den Gastmahlen der alten Deutschen hing von der Decke des Zimmers über der Tafel ein Kranz herab, in dessen Mitte eine Rose schimmerte, zum Zeichen, dass Alles, was dabei gesprochen wurde, unter den Theilnehmern der Gesellschaft geheim gehalten werden sollte. Das maurerische Rosenkreuz in seinem wahren Sinne soll ebenfalls blos das Geheimniss, das Mysterium der Unsterblichkeit ausdrücken. Das Kreuz nämlich mit seinen vier in den unendlichen Raum hinauslaufenden Armen war den Aegyptern das Symbol des Unendlichen und Unsterblichen, und gerade die Lehre von der Unsterblichkeit soll den wesentlichen Inhalt der Hysterien in Aegypten gebildet haben. Die Rosenkreuzer sind also der maurerische Bund, welcher unter dem Bilde der Rose und des Kreuzes den Glauben an die Unsterblichkeit lehrt und bewahrt: dennoch aber wollen und sollen diese Rosenkreuzer und mit ihnen alle Maurer das Geheimniss, welches sie der Rose abge-

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/219>, abgerufen am 23.04.2024.