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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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metzordnungen, welche gleich der Baukunst selbst unzweifelhaft in das Alterthum hineinreichen und mit ihm zusammenhängen, enthalten die genauen Vorschriften über die Betreibung des Steinwerkes durch Meister und Gesellen, sind in ihrem Grundcharakter aber durchaus christlich, ursprünglich sogar klösterlich, daher eben die Maurerinnungen den Namen der Brüderschaft und die Innungsgenossen den Namen Brüder erlangt haben. An der Spitze der deutschen Bauhütten stand Jahrhunderte lang Strassburg und erst im Jahr 1707 nach der Eroberung des Elsasses durch die Franzosen wurde von dem Reichstage die Verbindung der Bauhütten Deutschlands mit der Hütte zu Strassburg aufgehoben. Mit nachgefolgter Bestätigung durch Kaiser Maximilian I. im Jahr 1498 wurde im Jahr 1459 durch die Meister und Gesellen des ganzen Handwerks des Steinwerks in deutschen Landen auf dem Tage zu Regensberg die erste gemeindeutsche Steinmetzordnung schriftlich aufgesetzt und dieselbe sodann im Jahr 1563 durch die Versammlungen der Meister zu Basel und Strassburg revidirt und vervollständigt, auch demnächst in Druck gegeben, um sie allen Bauhütten Deutschlands leichter und sicherer mittheilen zu können. So erscheinen also am Ende des 15. Jahrhunderts alle Bauhütten Deutschlands zu einem innigen Bunde gesetzlich vereinigt, mit den vier Bauhütten zu Strassburg, Cöln, Wien und Zürich an der Spitze, jedoch so, dass die Strassburger zugleich als die allgemeine Haupthütte, als die oberste unter allen anerkannt war und der jedesmalige Werkmeister des dortigen Münsters als Grossmeister über der gesammten Brüderschaft stand. Die deutschen Maurer standen begreiflich in Freundschaft, in Verbindung mit den Maurern und Bauhütten der übrigen Länder Europa's, so dass die Maurerei um alle Maurer Europa's schon vor Jahrhunderten ein Band geschlungen hatte. Diese maurerische Vereinigung war um so inniger, als sie auf das gesammte Leben der Maurer sich erstreckte.1) Unter dem

1) Heldmann, die drei ältesten Denkmale der deutschen Freimaurerbrüderschaft, Aarau 1819, S. 221. Alle unter den Meistern und Mitgliedern einer Bauhütte entstehenden Streitigkeiten, auch wenn sie das Steinwerk nicht berührten, sollten nämlich in der Bauhütte geschlichtet und vertragen und nicht etwa vor die Gerichte oder andere fremde Behörden gebracht werden. Mit Recht bemerkt Heldmann dazu, dass ein solches Friedensgericht, welches ganz im Geiste eines brüderlichen Vereins liegt, noch jetzt in jeder Loge bestehen sollte.

metzordnungen, welche gleich der Baukunst selbst unzweifelhaft in das Alterthum hineinreichen und mit ihm zusammenhängen, enthalten die genauen Vorschriften über die Betreibung des Steinwerkes durch Meister und Gesellen, sind in ihrem Grundcharakter aber durchaus christlich, ursprünglich sogar klösterlich, daher eben die Maurerinnungen den Namen der Brüderschaft und die Innungsgenossen den Namen Brüder erlangt haben. An der Spitze der deutschen Bauhütten stand Jahrhunderte lang Strassburg und erst im Jahr 1707 nach der Eroberung des Elsasses durch die Franzosen wurde von dem Reichstage die Verbindung der Bauhütten Deutschlands mit der Hütte zu Strassburg aufgehoben. Mit nachgefolgter Bestätigung durch Kaiser Maximilian I. im Jahr 1498 wurde im Jahr 1459 durch die Meister und Gesellen des ganzen Handwerks des Steinwerks in deutschen Landen auf dem Tage zu Regensberg die erste gemeindeutsche Steinmetzordnung schriftlich aufgesetzt und dieselbe sodann im Jahr 1563 durch die Versammlungen der Meister zu Basel und Strassburg revidirt und vervollständigt, auch demnächst in Druck gegeben, um sie allen Bauhütten Deutschlands leichter und sicherer mittheilen zu können. So erscheinen also am Ende des 15. Jahrhunderts alle Bauhütten Deutschlands zu einem innigen Bunde gesetzlich vereinigt, mit den vier Bauhütten zu Strassburg, Cöln, Wien und Zürich an der Spitze, jedoch so, dass die Strassburger zugleich als die allgemeine Haupthütte, als die oberste unter allen anerkannt war und der jedesmalige Werkmeister des dortigen Münsters als Grossmeister über der gesammten Brüderschaft stand. Die deutschen Maurer standen begreiflich in Freundschaft, in Verbindung mit den Maurern und Bauhütten der übrigen Länder Europa’s, so dass die Maurerei um alle Maurer Europa’s schon vor Jahrhunderten ein Band geschlungen hatte. Diese maurerische Vereinigung war um so inniger, als sie auf das gesammte Leben der Maurer sich erstreckte.1) Unter dem

1) Heldmann, die drei ältesten Denkmale der deutschen Freimaurerbrüderschaft, Aarau 1819, S. 221. Alle unter den Meistern und Mitgliedern einer Bauhütte entstehenden Streitigkeiten, auch wenn sie das Steinwerk nicht berührten, sollten nämlich in der Bauhütte geschlichtet und vertragen und nicht etwa vor die Gerichte oder andere fremde Behörden gebracht werden. Mit Recht bemerkt Heldmann dazu, dass ein solches Friedensgericht, welches ganz im Geiste eines brüderlichen Vereins liegt, noch jetzt in jeder Loge bestehen sollte.
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 und die Innungsgenossen den Namen Brüder erlangt haben. An der Spitze der deutschen Bauhütten stand
 Jahrhunderte lang Strassburg und erst im Jahr 1707 nach der Eroberung des Elsasses durch die
 Franzosen wurde von dem Reichstage die Verbindung der Bauhütten Deutschlands mit der Hütte zu
 Strassburg aufgehoben. Mit nachgefolgter Bestätigung durch Kaiser Maximilian I. im Jahr 1498 wurde
 im Jahr 1459 durch die Meister und Gesellen des ganzen Handwerks des Steinwerks in deutschen Landen
 auf dem Tage zu Regensberg die erste gemeindeutsche Steinmetzordnung schriftlich aufgesetzt und
 dieselbe sodann im Jahr 1563 durch die Versammlungen der Meister zu Basel und Strassburg revidirt
 und vervollständigt, auch demnächst in Druck gegeben, um sie allen Bauhütten Deutschlands leichter
 und sicherer mittheilen zu können. So erscheinen also am Ende des 15. Jahrhunderts alle Bauhütten
 Deutschlands zu einem innigen Bunde gesetzlich vereinigt, mit den vier Bauhütten zu Strassburg,
 Cöln, Wien und Zürich an der Spitze, jedoch so, dass die Strassburger zugleich als die allgemeine
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[300/0316] metzordnungen, welche gleich der Baukunst selbst unzweifelhaft in das Alterthum hineinreichen und mit ihm zusammenhängen, enthalten die genauen Vorschriften über die Betreibung des Steinwerkes durch Meister und Gesellen, sind in ihrem Grundcharakter aber durchaus christlich, ursprünglich sogar klösterlich, daher eben die Maurerinnungen den Namen der Brüderschaft und die Innungsgenossen den Namen Brüder erlangt haben. An der Spitze der deutschen Bauhütten stand Jahrhunderte lang Strassburg und erst im Jahr 1707 nach der Eroberung des Elsasses durch die Franzosen wurde von dem Reichstage die Verbindung der Bauhütten Deutschlands mit der Hütte zu Strassburg aufgehoben. Mit nachgefolgter Bestätigung durch Kaiser Maximilian I. im Jahr 1498 wurde im Jahr 1459 durch die Meister und Gesellen des ganzen Handwerks des Steinwerks in deutschen Landen auf dem Tage zu Regensberg die erste gemeindeutsche Steinmetzordnung schriftlich aufgesetzt und dieselbe sodann im Jahr 1563 durch die Versammlungen der Meister zu Basel und Strassburg revidirt und vervollständigt, auch demnächst in Druck gegeben, um sie allen Bauhütten Deutschlands leichter und sicherer mittheilen zu können. So erscheinen also am Ende des 15. Jahrhunderts alle Bauhütten Deutschlands zu einem innigen Bunde gesetzlich vereinigt, mit den vier Bauhütten zu Strassburg, Cöln, Wien und Zürich an der Spitze, jedoch so, dass die Strassburger zugleich als die allgemeine Haupthütte, als die oberste unter allen anerkannt war und der jedesmalige Werkmeister des dortigen Münsters als Grossmeister über der gesammten Brüderschaft stand. Die deutschen Maurer standen begreiflich in Freundschaft, in Verbindung mit den Maurern und Bauhütten der übrigen Länder Europa’s, so dass die Maurerei um alle Maurer Europa’s schon vor Jahrhunderten ein Band geschlungen hatte. Diese maurerische Vereinigung war um so inniger, als sie auf das gesammte Leben der Maurer sich erstreckte. 1) Unter dem 1) Heldmann, die drei ältesten Denkmale der deutschen Freimaurerbrüderschaft, Aarau 1819, S. 221. Alle unter den Meistern und Mitgliedern einer Bauhütte entstehenden Streitigkeiten, auch wenn sie das Steinwerk nicht berührten, sollten nämlich in der Bauhütte geschlichtet und vertragen und nicht etwa vor die Gerichte oder andere fremde Behörden gebracht werden. Mit Recht bemerkt Heldmann dazu, dass ein solches Friedensgericht, welches ganz im Geiste eines brüderlichen Vereins liegt, noch jetzt in jeder Loge bestehen sollte.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/316>, abgerufen am 25.04.2024.