Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Was wir als Zerstörung jammernd beklagen, ist gewiss nur verdiente Strafe oder der Anfang künftiger Schöpfung und Grösse. Aus dem griechisch-römischen Leichenfelde entsprossten die christlich-germanischen Staaten, aus dem untergehenden Alterthume die grössere und mächtigere neuere Zeit, die herrliche Gegenwart; was an dem einen Orte zerstört wird, bauet man an einem andern Orte wieder auf. Ueber Unglück und Trümmer geleitet sicher das tröstliche Vertrauen auf den Ewigen, der in dem Himmel wohnt und welcher allein bestimmt, was vergehen und was bestehen soll. Geht auch die Sonne des Abends unter, bringt sie doch der strahlende Morgen zurück; ja Abend und Morgen selbst sind nur eine Täuschung des irdischen Menschen und die himmlische Sonne gehet weder auf noch unter, sondern leuchtet unveränderlich in demselben Lichte. Mein wackrer Bruder,

Frage nicht, was mühsam heute deine Hand gefügt, wie bald
Wohl im Sturm der Zeiten es zerschelle, baue recht!

Endlich muss dem Maurer der menschliche Tadel und die Missachtung seiner Bauten gleichgültig sein, denn er hat nicht wegen der kurzsichtigen Menschen, sondern wegen des göttlichen Meisters gebauet; zu bauen und gebaut zu haben, sei des freien Maurers einziger Lohn und Preis. Wohl mag uns der Unmuth beschleichen, wenn harter Tadel und Verachtung trifft, was wir des Lobes und der Bewunderung werth gewähnt und vielleicht auch werth ist; aber verliert das vollendete Werk wirklich an seinem Werthe, wenn es der Unverstand nicht versteht und der Ungeschmack nicht schön findet? Die Letzteren haben ja das Mass nicht genommen, sondern der Meister; daher erwarte dessen Urtheil, wen der Menschen Urtheil verletzt und missmuthig macht. Nicht das irdische, sonder das himmlische Gericht ist das letzte, der Maurer baue nur so, dass er das Gottesgericht nicht zu fürchten hat. Wer ohne Furcht und Zagen dem Tage des letzten Gerichtes entgegenblicken darf, hat recht gebauet und wird trotz aller Verkennung durch die Menschen in den Himmel eingehen. Wie der Psalmist sagt:

Was wir als Zerstörung jammernd beklagen, ist gewiss nur verdiente Strafe oder der Anfang künftiger Schöpfung und Grösse. Aus dem griechisch-römischen Leichenfelde entsprossten die christlich-germanischen Staaten, aus dem untergehenden Alterthume die grössere und mächtigere neuere Zeit, die herrliche Gegenwart; was an dem einen Orte zerstört wird, bauet man an einem andern Orte wieder auf. Ueber Unglück und Trümmer geleitet sicher das tröstliche Vertrauen auf den Ewigen, der in dem Himmel wohnt und welcher allein bestimmt, was vergehen und was bestehen soll. Geht auch die Sonne des Abends unter, bringt sie doch der strahlende Morgen zurück; ja Abend und Morgen selbst sind nur eine Täuschung des irdischen Menschen und die himmlische Sonne gehet weder auf noch unter, sondern leuchtet unveränderlich in demselben Lichte. Mein wackrer Bruder,

Frage nicht, was mühsam heute deine Hand gefügt, wie bald
Wohl im Sturm der Zeiten es zerschelle, baue recht!

Endlich muss dem Maurer der menschliche Tadel und die Missachtung seiner Bauten gleichgültig sein, denn er hat nicht wegen der kurzsichtigen Menschen, sondern wegen des göttlichen Meisters gebauet; zu bauen und gebaut zu haben, sei des freien Maurers einziger Lohn und Preis. Wohl mag uns der Unmuth beschleichen, wenn harter Tadel und Verachtung trifft, was wir des Lobes und der Bewunderung werth gewähnt und vielleicht auch werth ist; aber verliert das vollendete Werk wirklich an seinem Werthe, wenn es der Unverstand nicht versteht und der Ungeschmack nicht schön findet? Die Letzteren haben ja das Mass nicht genommen, sondern der Meister; daher erwarte dessen Urtheil, wen der Menschen Urtheil verletzt und missmuthig macht. Nicht das irdische, sonder das himmlische Gericht ist das letzte, der Maurer baue nur so, dass er das Gottesgericht nicht zu fürchten hat. Wer ohne Furcht und Zagen dem Tage des letzten Gerichtes entgegenblicken darf, hat recht gebauet und wird trotz aller Verkennung durch die Menschen in den Himmel eingehen. Wie der Psalmist sagt:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0399" n="383"/>
Was wir als Zerstörung jammernd beklagen, ist gewiss nur verdiente
 Strafe oder der Anfang künftiger Schöpfung und Grösse. Aus dem griechisch-römischen Leichenfelde
 entsprossten die christlich-germanischen Staaten, aus dem untergehenden Alterthume die grössere und
 mächtigere neuere Zeit, die herrliche Gegenwart; was an dem einen Orte zerstört wird, bauet man an
 einem andern Orte wieder auf. Ueber Unglück und Trümmer geleitet sicher das tröstliche Vertrauen auf
 den Ewigen, der in dem Himmel wohnt und welcher allein bestimmt, was vergehen und was bestehen soll.
 Geht auch die Sonne des Abends unter, bringt sie doch der strahlende Morgen zurück; ja Abend und
 Morgen selbst sind nur eine Täuschung des irdischen Menschen und die himmlische Sonne gehet weder
 auf noch unter, sondern leuchtet unveränderlich in demselben Lichte. Mein wackrer Bruder,</p>
        <cit rendition="#et">
          <quote> Frage nicht, was mühsam heute deine Hand gefügt, wie bald<lb/>
Wohl im Sturm der Zeiten es
 zerschelle, baue recht!</quote>
        </cit>
        <p> Endlich muss dem Maurer der menschliche Tadel und die Missachtung seiner Bauten gleichgültig
 sein, denn er hat nicht wegen der kurzsichtigen Menschen, sondern wegen des göttlichen Meisters
 gebauet; zu bauen und gebaut zu haben, sei des freien Maurers einziger Lohn und Preis. Wohl mag uns
 der Unmuth beschleichen, wenn harter Tadel und Verachtung trifft, was wir des Lobes und der
 Bewunderung werth gewähnt und vielleicht auch werth ist; aber verliert das vollendete Werk wirklich
 an seinem Werthe, wenn es der Unverstand nicht versteht und der Ungeschmack nicht schön findet? Die
 Letzteren haben ja das Mass nicht genommen, sondern der Meister; daher erwarte dessen Urtheil, wen
 der Menschen Urtheil verletzt und missmuthig macht. Nicht das irdische, sonder das himmlische
 Gericht ist das letzte, der Maurer baue nur so, dass er das Gottesgericht nicht zu fürchten hat. Wer
 ohne Furcht und Zagen dem Tage des letzten Gerichtes entgegenblicken darf, hat recht gebauet und
 wird trotz aller Verkennung durch die Menschen in den Himmel eingehen. Wie der Psalmist sagt:
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[383/0399] Was wir als Zerstörung jammernd beklagen, ist gewiss nur verdiente Strafe oder der Anfang künftiger Schöpfung und Grösse. Aus dem griechisch-römischen Leichenfelde entsprossten die christlich-germanischen Staaten, aus dem untergehenden Alterthume die grössere und mächtigere neuere Zeit, die herrliche Gegenwart; was an dem einen Orte zerstört wird, bauet man an einem andern Orte wieder auf. Ueber Unglück und Trümmer geleitet sicher das tröstliche Vertrauen auf den Ewigen, der in dem Himmel wohnt und welcher allein bestimmt, was vergehen und was bestehen soll. Geht auch die Sonne des Abends unter, bringt sie doch der strahlende Morgen zurück; ja Abend und Morgen selbst sind nur eine Täuschung des irdischen Menschen und die himmlische Sonne gehet weder auf noch unter, sondern leuchtet unveränderlich in demselben Lichte. Mein wackrer Bruder, Frage nicht, was mühsam heute deine Hand gefügt, wie bald Wohl im Sturm der Zeiten es zerschelle, baue recht! Endlich muss dem Maurer der menschliche Tadel und die Missachtung seiner Bauten gleichgültig sein, denn er hat nicht wegen der kurzsichtigen Menschen, sondern wegen des göttlichen Meisters gebauet; zu bauen und gebaut zu haben, sei des freien Maurers einziger Lohn und Preis. Wohl mag uns der Unmuth beschleichen, wenn harter Tadel und Verachtung trifft, was wir des Lobes und der Bewunderung werth gewähnt und vielleicht auch werth ist; aber verliert das vollendete Werk wirklich an seinem Werthe, wenn es der Unverstand nicht versteht und der Ungeschmack nicht schön findet? Die Letzteren haben ja das Mass nicht genommen, sondern der Meister; daher erwarte dessen Urtheil, wen der Menschen Urtheil verletzt und missmuthig macht. Nicht das irdische, sonder das himmlische Gericht ist das letzte, der Maurer baue nur so, dass er das Gottesgericht nicht zu fürchten hat. Wer ohne Furcht und Zagen dem Tage des letzten Gerichtes entgegenblicken darf, hat recht gebauet und wird trotz aller Verkennung durch die Menschen in den Himmel eingehen. Wie der Psalmist sagt:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/399
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/399>, abgerufen am 29.03.2024.