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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

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Rhein/ so ehemals durch die via mala zwischen Schams und Tusis geflos-
sen/ nun 50. und mehr Schuh tieffer einher fahret; Obgleich auß bisheri-
gem zuschliessen/ daß die Schweizerische gute Erde nach und nach abnemmen/
und hingegen die fruchtbarkeit in anderen nidrigern Europeischen Länderen
zunemmen werde/ so spüren wir doch in der That noch keinen mangel/ wiewol
wir auß unserem überfluß anderen mittheilen; wir haben noch unsere Graß-
reiche Wiesen/ Blumenvolle Alpen/ fruchtbare Aecker/ edle Weinberge/
Lust- und nutzbare Obsgärten/ weite Wälder/ etc. und hoffen/ es werde der
Allweise Schöpfer jezt-erzehlte Natur-kräfte und Früchte unsers Lands
noch weiter uns nebst der kostlichen Leibs- und Seelen-Freyheit geniessen las-
sen; weßwegen wir uns vor disem grossen Gott zu demütigen haben/ wel-
cher die uns zugetheilte Gutthaten alle augenblick verwandlen kan in ernst-
hafte Straffen.

Anhang von der feurigen Luftgeschicht/ deren oben
meldung geschehen/ N. 12. p. 45.

Den noch übrigen Platz weiß dißmals besser nicht außzufüllen/ als mit
folgender bekräft- und beleuchtigung dessen/ was oben sowol Historice als
physice von bemelter feurigen Luftgeschicht geschrieben worden. Es haben
vor dem Erdbidem/ so gespürt worden den 4. Nov. 1704. zwey ehrliche Bau-
ren/ der einte von Birch weil auß der Pfarr Basserstorff/ der ander ab dem
nahe darbey gelegenen Hof/ Obholz genant/ als sie von Hauß hinweg naher
Wülflingen gefahren/ gewahret/ daß ein Feur auß der Erden kommen/ wel-
ches dem Boden nachgefahren/ gleich einem Blitz/ dar ab sie erschrocken/ und
je einer den andern gefraget/ was doch diß bedeute/ das seye kein rechter Wet-
terleich; die Erschütterung des Erdbodens aber haben sie selbs nicht ge-
wahret. Ein gleiches sol auch zu Embrach von einem Mann wargenommen
worden seyn. Wir unterdessen lehrnen von disen unseren Lehrmeisteren/ daß
die eigentliche ursach der jenigen Wetterleuchten/ so etwan unmittelbar denen
Erdbidmen vorgehen/ also auch der oben beschribenen Feurigen Luftgeschich-
ten/ welche unter dem Nahmen Coeli ardentis, flammantis, eines Feuri-
gen Himmels bekant seyn/ mehrmalen herrühre von wirklichem Außbruch
eines unterirrdischen Feures. Diß berichtet mich Hr. J. H. G. M. D. mein
sehr wehrter Freund.

P. S. Schließlich berichte den geehrten Leser/ daß in 7. nächst folgenden Zeitungen nebst
dem getrukten Blatt nöhtig ist ein Kupferblatt zugeben/ dessen jeweiliger wehrt ist ein ß.

Es handlen aber disere Blätter von denen im Schweizerland befindlichen über bleibse-
len/ oder Reliquien des allge meinen Sündflusses.

Rhein/ ſo ehemals durch die via mala zwiſchen Schams und Tuſis gefloſ-
ſen/ nun 50. und mehr Schuh tieffer einher fahret; Obgleich auß bisheri-
gem zuſchlieſſen/ daß die Schweizeriſche gute Erde nach und nach abnem̃en/
und hingegen die fruchtbarkeit in anderen nidrigern Europeiſchen Laͤnderen
zunem̃en werde/ ſo ſpuͤren wir doch in der That noch keinen mangel/ wiewol
wir auß unſerem uͤberfluß anderen mittheilen; wir haben noch unſere Graß-
reiche Wieſen/ Blumenvolle Alpen/ fruchtbare Aecker/ edle Weinberge/
Luſt- und nutzbare Obsgaͤrten/ weite Waͤlder/ ꝛc. und hoffen/ es werde der
Allweiſe Schoͤpfer jezt-erzehlte Natur-kraͤfte und Fruͤchte unſers Lands
noch weiter uns nebſt der koſtlichen Leibs- und Seelen-Freyheit genieſſen laſ-
ſen; weßwegen wir uns vor diſem groſſen Gott zu demuͤtigen haben/ wel-
cher die uns zugetheilte Gutthaten alle augenblick verwandlen kan in ernſt-
hafte Straffen.

Anhang von der feurigen Luftgeſchicht/ deren oben
meldung geſchehen/ N. 12. p. 45.

Den noch uͤbrigen Platz weiß dißmals beſſer nicht außzufuͤllen/ als mit
folgender bekraͤft- und beleuchtigung deſſen/ was oben ſowol Hiſtoricè als
phyſicè von bemelter feurigen Luftgeſchicht geſchrieben worden. Es haben
vor dem Erdbidem/ ſo geſpuͤrt worden den 4. Nov. 1704. zwey ehrliche Bau-
ren/ der einte von Birch weil auß der Pfarꝛ Baſſerſtorff/ der ander ab dem
nahe darbey gelegenen Hof/ Obholz genant/ als ſie von Hauß hinweg naher
Wuͤlflingen gefahren/ gewahret/ daß ein Feur auß der Erden kommen/ wel-
ches dem Boden nachgefahren/ gleich einem Blitz/ dar ab ſie erſchrocken/ und
je einer den andern gefraget/ was doch diß bedeute/ das ſeye kein rechter Wet-
terleich; die Erſchuͤtterung des Erdbodens aber haben ſie ſelbs nicht ge-
wahret. Ein gleiches ſol auch zu Embrach von einem Mann wargenom̃en
worden ſeyn. Wir unterdeſſen lehrnen von diſen unſeren Lehrmeiſteren/ daß
die eigentliche urſach der jenigen Wetterleuchten/ ſo etwan unmittelbar denen
Erdbidmen vorgehen/ alſo auch der oben beſchribenen Feurigen Luftgeſchich-
ten/ welche unter dem Nahmen Cœli ardentis, flammantis, eines Feuri-
gen Himmels bekant ſeyn/ mehrmalen herꝛuͤhre von wirklichem Außbruch
eines unterirꝛdiſchen Feures. Diß berichtet mich Hr. J. H. G. M. D. mein
ſehr wehrter Freund.

P. S. Schließlich berichte den geehrten Leſer/ daß in 7. naͤchſt folgenden Zeitungen nebſt
dem getrukten Blatt noͤhtig iſt ein Kupferblatt zugeben/ deſſen jeweiliger wehrt iſt ein ß.

Es handlen aber diſere Blaͤtter von denen im Schweizerland befindlichen uͤber bleibſe-
len/ oder Reliquien des allge meinen Suͤndfluſſes.

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[(88)[88]/0111] Rhein/ ſo ehemals durch die via mala zwiſchen Schams und Tuſis gefloſ- ſen/ nun 50. und mehr Schuh tieffer einher fahret; Obgleich auß bisheri- gem zuſchlieſſen/ daß die Schweizeriſche gute Erde nach und nach abnem̃en/ und hingegen die fruchtbarkeit in anderen nidrigern Europeiſchen Laͤnderen zunem̃en werde/ ſo ſpuͤren wir doch in der That noch keinen mangel/ wiewol wir auß unſerem uͤberfluß anderen mittheilen; wir haben noch unſere Graß- reiche Wieſen/ Blumenvolle Alpen/ fruchtbare Aecker/ edle Weinberge/ Luſt- und nutzbare Obsgaͤrten/ weite Waͤlder/ ꝛc. und hoffen/ es werde der Allweiſe Schoͤpfer jezt-erzehlte Natur-kraͤfte und Fruͤchte unſers Lands noch weiter uns nebſt der koſtlichen Leibs- und Seelen-Freyheit genieſſen laſ- ſen; weßwegen wir uns vor diſem groſſen Gott zu demuͤtigen haben/ wel- cher die uns zugetheilte Gutthaten alle augenblick verwandlen kan in ernſt- hafte Straffen. Anhang von der feurigen Luftgeſchicht/ deren oben meldung geſchehen/ N. 12. p. 45. Den noch uͤbrigen Platz weiß dißmals beſſer nicht außzufuͤllen/ als mit folgender bekraͤft- und beleuchtigung deſſen/ was oben ſowol Hiſtoricè als phyſicè von bemelter feurigen Luftgeſchicht geſchrieben worden. Es haben vor dem Erdbidem/ ſo geſpuͤrt worden den 4. Nov. 1704. zwey ehrliche Bau- ren/ der einte von Birch weil auß der Pfarꝛ Baſſerſtorff/ der ander ab dem nahe darbey gelegenen Hof/ Obholz genant/ als ſie von Hauß hinweg naher Wuͤlflingen gefahren/ gewahret/ daß ein Feur auß der Erden kommen/ wel- ches dem Boden nachgefahren/ gleich einem Blitz/ dar ab ſie erſchrocken/ und je einer den andern gefraget/ was doch diß bedeute/ das ſeye kein rechter Wet- terleich; die Erſchuͤtterung des Erdbodens aber haben ſie ſelbs nicht ge- wahret. Ein gleiches ſol auch zu Embrach von einem Mann wargenom̃en worden ſeyn. Wir unterdeſſen lehrnen von diſen unſeren Lehrmeiſteren/ daß die eigentliche urſach der jenigen Wetterleuchten/ ſo etwan unmittelbar denen Erdbidmen vorgehen/ alſo auch der oben beſchribenen Feurigen Luftgeſchich- ten/ welche unter dem Nahmen Cœli ardentis, flammantis, eines Feuri- gen Himmels bekant ſeyn/ mehrmalen herꝛuͤhre von wirklichem Außbruch eines unterirꝛdiſchen Feures. Diß berichtet mich Hr. J. H. G. M. D. mein ſehr wehrter Freund. P. S. Schließlich berichte den geehrten Leſer/ daß in 7. naͤchſt folgenden Zeitungen nebſt dem getrukten Blatt noͤhtig iſt ein Kupferblatt zugeben/ deſſen jeweiliger wehrt iſt ein ß. Es handlen aber diſere Blaͤtter von denen im Schweizerland befindlichen uͤber bleibſe- len/ oder Reliquien des allge meinen Suͤndfluſſes.

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. (88)[88]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/111>, abgerufen am 20.04.2024.