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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

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N. 31.)



Seltsamer Naturgeschichten
Des Schweizer-Lands
Wochentliche Erzehlung.


Fortsetzung von denen Erschütterungen des Glarnerlands.

AUß oben gemachter Erzehlung erhellet sich/ daß bey disen Glarnerischen
Erdbeben sonderlich und gemeinlich gewahret worden disere drey Be-
gebenheiten. 1. Ein putsch oder klapf im Erdboden unter den Füs-
sen. 2. Ein erzitterung/ erschütterung/ und beben der Erden/ bey welcher/
nach der Alpknechten Bericht/ an vilen Ohrten grosse Steine von ihrem
Ohrt beweget worden/ daß sie mit grossem praschlen herab gefallen. 3. Ein
surren/ sausen/ und brummen in der Luft; welches alles füglich auß heutig
allgemeiner Grundlehr von der Erdbidmen ursachen kan erkläret werden.
Werden die Schwefelicht-Salpetrische dünste in denen Unterirrdischen
Gängen und Klüften/ mit denen das Linthal/ und auch zum theil das übrige
Glarnerland muß unterminirt seyn/ angezündet/ so erfolget bey gewaltthätig
mehreren Außdehnung erstlich ein starke anpütsch- oder schlagung der oberen
Erden Rinde/ und darauf eine bebung oder Erzitterung/ welche etwan auch
begleitet wird mit einer hin und her schwank- oder wiegung: Das sausende
Gedön nimmet seine ursach her theils von eben diser Erdzitterung/ welche
auch der aufstehenden Luft mitgetheilt wird/ theils von gewaltthätiger durch-
tringung der inneren Erden-Luft durch die enge Löchlein der oberen Erden-
Rinde/ gleich wir gewahren/ daß die Winde auch also sausen/ surren/ und
brummen/ wann sie innert engen Strassen/ oder zwischen Bergen/ und Bäu-
men gefangen durchpassieren müssen/ und jederman bekant/ wie ein innert
Canonen oder Mußqueten angezündetes/ und außgetribenes/ Feuer die vor-
stehende Luft in so starke dünn- und Erschütterung bringet/ das von dem da-
her entstehenden Gethön ein ganzes Thal erfüllet wird. Daß aber disere
Erdbeben verursachet worden nicht etwan von einem unterirrdischen Win-
de/ sondern wirklich angezündetem Feuer/ dessen haben wir ohne aussert

das
N. 31.)



Seltſamer Naturgeſchichten
Des Schweizer-Lands
Wochentliche Erzehlung.


Fortſetzung von denen Erſchuͤtterungen des Glarnerlands.

AUß oben gemachter Erzehlung erhellet ſich/ daß bey diſen Glarneriſchen
Erdbeben ſonderlich und gemeinlich gewahret worden diſere drey Be-
gebenheiten. 1. Ein putſch oder klapf im Erdboden unter den Fuͤſ-
ſen. 2. Ein erzitterung/ erſchuͤtterung/ und beben der Erden/ bey welcher/
nach der Alpknechten Bericht/ an vilen Ohrten groſſe Steine von ihrem
Ohrt beweget worden/ daß ſie mit groſſem praſchlen herab gefallen. 3. Ein
ſurꝛen/ ſauſen/ und brummen in der Luft; welches alles fuͤglich auß heutig
allgemeiner Grundlehr von der Erdbidmen urſachen kan erklaͤret werden.
Werden die Schwefelicht-Salpetriſche duͤnſte in denen Unterirꝛdiſchen
Gaͤngen und Kluͤften/ mit denen das Linthal/ und auch zum theil das uͤbrige
Glarnerland muß unterminirt ſeyn/ angezuͤndet/ ſo erfolget bey gewaltthaͤtig
mehreren Außdehnung erſtlich ein ſtarke anpuͤtſch- oder ſchlagung der oberen
Erden Rinde/ und darauf eine bebung oder Erzitterung/ welche etwan auch
begleitet wird mit einer hin und her ſchwank- oder wiegung: Das ſauſende
Gedoͤn nimmet ſeine urſach her theils von eben diſer Erdzitterung/ welche
auch der aufſtehenden Luft mitgetheilt wird/ theils von gewaltthaͤtiger durch-
tringung der inneren Erden-Luft durch die enge Loͤchlein der oberen Erden-
Rinde/ gleich wir gewahren/ daß die Winde auch alſo ſauſen/ ſurꝛen/ und
brummen/ wann ſie iñert engen Straſſen/ oder zwiſchen Bergen/ und Baͤu-
men gefangen durchpaſſieren muͤſſen/ und jederman bekant/ wie ein innert
Canonen oder Mußqueten angezuͤndetes/ und außgetribenes/ Feuer die vor-
ſtehende Luft in ſo ſtarke duͤnn- und Erſchuͤtterung bringet/ das von dem da-
her entſtehenden Gethoͤn ein ganzes Thal erfuͤllet wird. Daß aber diſere
Erdbeben verurſachet worden nicht etwan von einem unterirꝛdiſchen Win-
de/ ſondern wirklich angezuͤndetem Feuer/ deſſen haben wir ohne auſſert

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[(121)[121]/0158] N. 31.) 9. Sept. 1705. Seltſamer Naturgeſchichten Des Schweizer-Lands Wochentliche Erzehlung. Fortſetzung von denen Erſchuͤtterungen des Glarnerlands. AUß oben gemachter Erzehlung erhellet ſich/ daß bey diſen Glarneriſchen Erdbeben ſonderlich und gemeinlich gewahret worden diſere drey Be- gebenheiten. 1. Ein putſch oder klapf im Erdboden unter den Fuͤſ- ſen. 2. Ein erzitterung/ erſchuͤtterung/ und beben der Erden/ bey welcher/ nach der Alpknechten Bericht/ an vilen Ohrten groſſe Steine von ihrem Ohrt beweget worden/ daß ſie mit groſſem praſchlen herab gefallen. 3. Ein ſurꝛen/ ſauſen/ und brummen in der Luft; welches alles fuͤglich auß heutig allgemeiner Grundlehr von der Erdbidmen urſachen kan erklaͤret werden. Werden die Schwefelicht-Salpetriſche duͤnſte in denen Unterirꝛdiſchen Gaͤngen und Kluͤften/ mit denen das Linthal/ und auch zum theil das uͤbrige Glarnerland muß unterminirt ſeyn/ angezuͤndet/ ſo erfolget bey gewaltthaͤtig mehreren Außdehnung erſtlich ein ſtarke anpuͤtſch- oder ſchlagung der oberen Erden Rinde/ und darauf eine bebung oder Erzitterung/ welche etwan auch begleitet wird mit einer hin und her ſchwank- oder wiegung: Das ſauſende Gedoͤn nimmet ſeine urſach her theils von eben diſer Erdzitterung/ welche auch der aufſtehenden Luft mitgetheilt wird/ theils von gewaltthaͤtiger durch- tringung der inneren Erden-Luft durch die enge Loͤchlein der oberen Erden- Rinde/ gleich wir gewahren/ daß die Winde auch alſo ſauſen/ ſurꝛen/ und brummen/ wann ſie iñert engen Straſſen/ oder zwiſchen Bergen/ und Baͤu- men gefangen durchpaſſieren muͤſſen/ und jederman bekant/ wie ein innert Canonen oder Mußqueten angezuͤndetes/ und außgetribenes/ Feuer die vor- ſtehende Luft in ſo ſtarke duͤnn- und Erſchuͤtterung bringet/ das von dem da- her entſtehenden Gethoͤn ein ganzes Thal erfuͤllet wird. Daß aber diſere Erdbeben verurſachet worden nicht etwan von einem unterirꝛdiſchen Win- de/ ſondern wirklich angezuͤndetem Feuer/ deſſen haben wir ohne auſſert das

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. (121)[121]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/158>, abgerufen am 25.04.2024.