Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707.

Bild:
<< vorherige Seite
N. 33.)



Natur-Geschichten
Des
Schweizerlands.
Zweyter Theil.


Fortsetzung
Von denen Wasser- und windichten Luft-
Geschichten des Schweizerlands.

ES hat vor längsten der berühmte Silius Italicus die Alpen angeschen
als ein Stammhauß des AEoli, wann er also schreibet:

Sola jugis habitat diris, Sedesque tuetur
Perpetuas deformis Hyems: illa undique Nubes.
Huc atras agit, & mixtos cum Grandine Nimbos,
Jam cuncti flatus, ventique furentia Regna
Alpina posuere Domo.

Wer sich hierinn nicht alsobald finden kan/ der beliebe Achtung zu geben
auf folgende Beweißthum. Es seyn die Winde/ nach der vornemsten Na-
turlehreren Meinung anders nichts/ als eine bewegung der wässerigen Dün-
sten/ welche durch der Sonnen wärme aufgezogen/ und weiters zertheilt eine
ungleiche Truk- und Bewegung der Luft verursachen/ und folglich Winde
erwecken. Wo nun vil Wasser seyn/ da gibt es auch vil Dünste/ wo dise in
grosser Menge aufsteigen/ da spüret man vil Winde/ wie wir sehen können
auf und an dem Meer. Nun wissen wir/ daß in den tieffen Eingeweiden
unserer Landen ein grosser Vorraht ist an Wasseren/ auß welchem gleich
auß einem Brennhafen/ oder unterirrdischem Meer/ durch Hilff einer inne-
ren wärme ohne aufhören aufsteiget eine ungläubliche vile Dünsten/ welche
oben durch die Löchlein unserer Gebirgen außdämpfen/ gleich als auß einem
Kamin/ und bald darauf in der oberen und ausseren Luft/ gleich als in einem
Vorlag die Windzeugenden Wolken gestalten. Hierzu kommen noch die
mächtig grossen ewigen Schnee- und Eisklumpen/ von welchen die Sonnen-

wärme
N. 33.)



Natur-Geſchichten
Des
Schweizerlands.
Zweyter Theil.


Fortſetzung
Von denen Waſſer- und windichten Luft-
Geſchichten des Schweizerlands.

ES hat vor laͤngſten der beruͤhmte Silius Italicus die Alpen angeſchen
als ein Stammhauß des Æóli, wann er alſo ſchreibet:

Sola jugis habitat diris, Sedesq́ue tuetur
Perpetuas deformis Hyems: illa undique Nubes.
Huc atras agit, & mixtos cum Grandine Nimbos,
Jam cuncti flatus, ventíque furentia Regna
Alpina poſuêre Domo.

Wer ſich hierinn nicht alſobald finden kan/ der beliebe Achtung zu geben
auf folgende Beweißthum. Es ſeyn die Winde/ nach der vornemſten Na-
turlehreren Meinung anders nichts/ als eine bewegung der waͤſſerigen Dün-
ſten/ welche durch der Sonnen waͤrme aufgezogen/ und weiters zertheilt eine
ungleiche Truk- und Bewegung der Luft verurſachen/ und folglich Winde
erwecken. Wo nun vil Waſſer ſeyn/ da gibt es auch vil Dünſte/ wo diſe in
groſſer Menge aufſteigen/ da ſpuͤret man vil Winde/ wie wir ſehen koͤnnen
auf und an dem Meer. Nun wiſſen wir/ daß in den tieffen Eingeweiden
unſerer Landen ein groſſer Vorꝛaht iſt an Waſſeren/ auß welchem gleich
auß einem Brennhafen/ oder unterirꝛdiſchem Meer/ durch Hilff einer inne-
ren waͤrme ohne aufhoͤren aufſteiget eine unglaͤubliche vile Duͤnſten/ welche
oben durch die Loͤchlein unſerer Gebirgen außdaͤmpfen/ gleich als auß einem
Kamin/ und bald darauf in der oberen und auſſeren Luft/ gleich als in einem
Vorlag die Windzeugenden Wolken geſtalten. Hierzu kommen noch die
maͤchtig groſſen ewigen Schnee- und Eisklumpen/ von welchen die Sonnen-

waͤrme
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0142" n="129"/>
      <fw place="top" type="header">N. 33.)</fw>
      <div n="1">
        <dateline> <hi rendition="#et">(Den 18. <hi rendition="#aq">Aug.</hi> 1706.</hi> </dateline><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <head> <hi rendition="#fr">Natur-Ge&#x017F;chichten<lb/>
Des<lb/>
Schweizerlands.<lb/>
Zweyter Theil.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#fr">Fort&#x017F;etzung<lb/>
Von denen Wa&#x017F;&#x017F;er- und windichten Luft-<lb/>
Ge&#x017F;chichten des Schweizerlands.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>S hat vor la&#x0364;ng&#x017F;ten der beru&#x0364;hmte <hi rendition="#aq">Silius Italicus</hi> die Alpen ange&#x017F;chen<lb/>
als ein Stammhauß des <hi rendition="#aq">Æóli,</hi> wann er al&#x017F;o &#x017F;chreibet:</p><lb/>
          <cit>
            <quote>
              <lg type="poem">
                <l> <hi rendition="#aq">Sola jugis habitat diris, Sedesq&#x0301;ue tuetur</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#aq">Perpetuas deformis Hyems: illa undique Nubes.</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#aq">Huc atras agit, &amp; mixtos cum Grandine Nimbos,</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#aq">Jam cuncti flatus, ventíque furentia Regna</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#aq">Alpina po&#x017F;uêre Domo.</hi> </l>
              </lg>
            </quote>
          </cit><lb/>
          <p>Wer &#x017F;ich hierinn nicht al&#x017F;obald finden kan/ der beliebe Achtung zu geben<lb/>
auf folgende Beweißthum. Es &#x017F;eyn die Winde/ nach der vornem&#x017F;ten Na-<lb/>
turlehreren Meinung anders nichts/ als eine bewegung der wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erigen Dün-<lb/>
&#x017F;ten/ welche durch der Sonnen wa&#x0364;rme aufgezogen/ und weiters zertheilt eine<lb/>
ungleiche Truk- und Bewegung der Luft verur&#x017F;achen/ und folglich Winde<lb/>
erwecken. Wo nun vil Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eyn/ da gibt es auch vil Dün&#x017F;te/ wo di&#x017F;e in<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Menge auf&#x017F;teigen/ da &#x017F;pu&#x0364;ret man vil Winde/ wie wir &#x017F;ehen ko&#x0364;nnen<lb/>
auf und an dem Meer. Nun wi&#x017F;&#x017F;en wir/ daß in den tieffen Eingeweiden<lb/>
un&#x017F;erer Landen ein gro&#x017F;&#x017F;er Vor&#xA75B;aht i&#x017F;t an Wa&#x017F;&#x017F;eren/ auß welchem gleich<lb/>
auß einem Brennhafen/ oder unterir&#xA75B;di&#x017F;chem Meer/ durch Hilff einer inne-<lb/>
ren wa&#x0364;rme ohne aufho&#x0364;ren auf&#x017F;teiget eine ungla&#x0364;ubliche vile Du&#x0364;n&#x017F;ten/ welche<lb/>
oben durch die Lo&#x0364;chlein un&#x017F;erer Gebirgen außda&#x0364;mpfen/ gleich als auß einem<lb/>
Kamin/ und bald darauf in der oberen und au&#x017F;&#x017F;eren Luft/ gleich als in einem<lb/>
Vorlag die Windzeugenden Wolken ge&#x017F;talten. Hierzu kommen noch die<lb/>
ma&#x0364;chtig gro&#x017F;&#x017F;en ewigen Schnee- und Eisklumpen/ von welchen die Sonnen-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wa&#x0364;rme</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0142] N. 33.) (Den 18. Aug. 1706. Natur-Geſchichten Des Schweizerlands. Zweyter Theil. Fortſetzung Von denen Waſſer- und windichten Luft- Geſchichten des Schweizerlands. ES hat vor laͤngſten der beruͤhmte Silius Italicus die Alpen angeſchen als ein Stammhauß des Æóli, wann er alſo ſchreibet: Sola jugis habitat diris, Sedesq́ue tuetur Perpetuas deformis Hyems: illa undique Nubes. Huc atras agit, & mixtos cum Grandine Nimbos, Jam cuncti flatus, ventíque furentia Regna Alpina poſuêre Domo. Wer ſich hierinn nicht alſobald finden kan/ der beliebe Achtung zu geben auf folgende Beweißthum. Es ſeyn die Winde/ nach der vornemſten Na- turlehreren Meinung anders nichts/ als eine bewegung der waͤſſerigen Dün- ſten/ welche durch der Sonnen waͤrme aufgezogen/ und weiters zertheilt eine ungleiche Truk- und Bewegung der Luft verurſachen/ und folglich Winde erwecken. Wo nun vil Waſſer ſeyn/ da gibt es auch vil Dünſte/ wo diſe in groſſer Menge aufſteigen/ da ſpuͤret man vil Winde/ wie wir ſehen koͤnnen auf und an dem Meer. Nun wiſſen wir/ daß in den tieffen Eingeweiden unſerer Landen ein groſſer Vorꝛaht iſt an Waſſeren/ auß welchem gleich auß einem Brennhafen/ oder unterirꝛdiſchem Meer/ durch Hilff einer inne- ren waͤrme ohne aufhoͤren aufſteiget eine unglaͤubliche vile Duͤnſten/ welche oben durch die Loͤchlein unſerer Gebirgen außdaͤmpfen/ gleich als auß einem Kamin/ und bald darauf in der oberen und auſſeren Luft/ gleich als in einem Vorlag die Windzeugenden Wolken geſtalten. Hierzu kommen noch die maͤchtig groſſen ewigen Schnee- und Eisklumpen/ von welchen die Sonnen- waͤrme

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/142
Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/142>, abgerufen am 29.03.2024.