Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707.

Bild:
<< vorherige Seite
N. 18.)



Natur-Geschichten
Des
Schweizerlands.
Zweyter Theil.


Fortsetzung vom
Stralschuß in den Geißthurn zu Zürich.

BEy diser Stral-Tragedi wollen wir uns nur ein wenig aufhalten/
um in Betrachtung zu zeuhen daß vor dem Unglück hergegangene
Traurgeschrey der Steinkauzen/ und die samlung der Stralmateri
ob der Statt. Es leitet die gnädige Vorsorg Gottes über die lieben Feld-
frücht die Stral- und Hagelwetter also/ daß sie mehrmahlen über die Stätte
sich außlähren/ und zwaren nach denen von ihme selbs angeordneten Natur-
Gesätzen. Auß den Stätten steigen mehr allerhand Dünste/ Feuer/ Rauch
und Dampf/ auf/ als von umligender Landschaft/ und wird die ob den Stät-
ten stehende Dunstkugel mit solchen frömden Theilen von allerhand Art
nicht nur angefüllet/ sondern auch von aufsteigender Wärme verdünnet/
daß die Winde anderstwoher dahin mit grösserem Nachtruck blasen/ und
mehrere schwefelichte und salpetrische Dünste herzu wähen/ welche dann/
wann sie sich zwischen zweyen Gegenwinden/ wie in gegenwertigem Bey-
spiel/ gefangen samlen/ sich über eine Statt mit grossem Schrecken der Ein-
wohneren ergiessen. Bey uns/ zu Zürich/ komt zu diser natürlichen Ursach
noch hinzu die Situation der Statt selbs/ als welche in der tieffe liget zwischen
zweyen Bergen/ dem Albis- und Zürich-Berg/ so daß die in zwischen ligen-
dem Thal sich samlende Dünste sich nirgendhin besser können begeben/ als
in die bereits verdünnete/ und folglich geschwächte/ mitte/ und tieffe.

Von dem Prophetischen Geschrey der Steinkauzen dörfte ich nicht vil
schreiben/ wann nicht solches geschehen könte in kraft habender Philosophischer
Freyheit/ weilen wol weiß/ daß bey meinen sonst geehrten Leseren vil Vor-

urtheile
N. 18.)



Natur-Geſchichten
Des
Schweizerlands.
Zweyter Theil.


Fortſetzung vom
Stralſchuß in den Geißthurn zu Zuͤrich.

BEy diſer Stral-Tragedi wollen wir uns nur ein wenig aufhalten/
um in Betrachtung zu zeuhen daß vor dem Unglück hergegangene
Traurgeſchrey der Steinkauzen/ und die ſamlung der Stralmateri
ob der Statt. Es leitet die gnaͤdige Vorſorg Gottes uͤber die lieben Feld-
fruͤcht die Stral- und Hagelwetter alſo/ daß ſie mehrmahlen uͤber die Staͤtte
ſich außlaͤhren/ und zwaren nach denen von ihme ſelbs angeordneten Natur-
Geſaͤtzen. Auß den Staͤtten ſteigen mehr allerhand Dünſte/ Feuer/ Rauch
und Dampf/ auf/ als von umligender Landſchaft/ und wird die ob den Staͤt-
ten ſtehende Dunſtkugel mit ſolchen froͤmden Theilen von allerhand Art
nicht nur angefuͤllet/ ſondern auch von aufſteigender Waͤrme verdünnet/
daß die Winde anderſtwoher dahin mit groͤſſerem Nachtruck blaſen/ und
mehrere ſchwefelichte und ſalpetriſche Dünſte herzu waͤhen/ welche dann/
wann ſie ſich zwiſchen zweyen Gegenwinden/ wie in gegenwertigem Bey-
ſpiel/ gefangen ſamlen/ ſich uͤber eine Statt mit groſſem Schrecken der Ein-
wohneren ergieſſen. Bey uns/ zu Zuͤrich/ komt zu diſer natuͤrlichen Urſach
noch hinzu die Situation der Statt ſelbs/ als welche in der tieffe liget zwiſchen
zweyen Bergen/ dem Albis- und Zuͤrich-Berg/ ſo daß die in zwiſchen ligen-
dem Thal ſich ſamlende Dünſte ſich nirgendhin beſſer koͤnnen begeben/ als
in die bereits verdünnete/ und folglich geſchwaͤchte/ mitte/ und tieffe.

Von dem Prophetiſchen Geſchrey der Steinkauzen doͤrfte ich nicht vil
ſchreiben/ wann nicht ſolches geſchehen koͤnte in kraft habender Philoſophiſcher
Freyheit/ weilen wol weiß/ daß bey meinen ſonſt geehrten Leſeren vil Vor-

urtheile
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0078" n="69"/>
      <fw place="top" type="header">N. 18.)</fw>
      <div n="1">
        <dateline> <hi rendition="#et">(Den 5. <hi rendition="#aq">Maj.</hi> 1706.</hi> </dateline><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <head> <hi rendition="#fr">Natur-Ge&#x017F;chichten<lb/>
Des<lb/>
Schweizerlands.<lb/>
Zweyter Theil.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Fort&#x017F;etzung vom<lb/>
Stral&#x017F;chuß in den Geißthurn zu Zu&#x0364;rich.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">B</hi>Ey di&#x017F;er Stral-<hi rendition="#aq">Tragedi</hi> wollen wir uns nur ein wenig aufhalten/<lb/>
um in Betrachtung zu zeuhen daß vor dem Unglück hergegangene<lb/>
Traurge&#x017F;chrey der Steinkauzen/ und die &#x017F;amlung der Stralmateri<lb/>
ob der Statt. Es leitet die gna&#x0364;dige Vor&#x017F;org Gottes u&#x0364;ber die lieben Feld-<lb/>
fru&#x0364;cht die Stral- und Hagelwetter al&#x017F;o/ daß &#x017F;ie mehrmahlen u&#x0364;ber die Sta&#x0364;tte<lb/>
&#x017F;ich außla&#x0364;hren/ und zwaren nach denen von ihme &#x017F;elbs angeordneten Natur-<lb/>
Ge&#x017F;a&#x0364;tzen. Auß den Sta&#x0364;tten &#x017F;teigen mehr allerhand Dün&#x017F;te/ Feuer/ Rauch<lb/>
und Dampf/ auf/ als von umligender Land&#x017F;chaft/ und wird die ob den Sta&#x0364;t-<lb/>
ten &#x017F;tehende Dun&#x017F;tkugel mit &#x017F;olchen fro&#x0364;mden Theilen von allerhand Art<lb/>
nicht nur angefu&#x0364;llet/ &#x017F;ondern auch von auf&#x017F;teigender Wa&#x0364;rme verdünnet/<lb/>
daß die Winde ander&#x017F;twoher dahin mit gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erem Nachtruck bla&#x017F;en/ und<lb/>
mehrere &#x017F;chwefelichte und &#x017F;alpetri&#x017F;che Dün&#x017F;te herzu wa&#x0364;hen/ welche dann/<lb/>
wann &#x017F;ie &#x017F;ich zwi&#x017F;chen zweyen Gegenwinden/ wie in gegenwertigem Bey-<lb/>
&#x017F;piel/ gefangen &#x017F;amlen/ &#x017F;ich u&#x0364;ber eine Statt mit gro&#x017F;&#x017F;em Schrecken der Ein-<lb/>
wohneren ergie&#x017F;&#x017F;en. Bey uns/ zu Zu&#x0364;rich/ komt zu di&#x017F;er natu&#x0364;rlichen Ur&#x017F;ach<lb/>
noch hinzu die <hi rendition="#aq">Situation</hi> der Statt &#x017F;elbs/ als welche in der tieffe liget zwi&#x017F;chen<lb/>
zweyen Bergen/ dem Albis- und Zu&#x0364;rich-Berg/ &#x017F;o daß die in zwi&#x017F;chen ligen-<lb/>
dem Thal &#x017F;ich &#x017F;amlende Dün&#x017F;te &#x017F;ich nirgendhin be&#x017F;&#x017F;er ko&#x0364;nnen begeben/ als<lb/>
in die bereits verdünnete/ und folglich ge&#x017F;chwa&#x0364;chte/ mitte/ und tieffe.</p><lb/>
          <p>Von dem Propheti&#x017F;chen Ge&#x017F;chrey der Steinkauzen do&#x0364;rfte ich nicht vil<lb/>
&#x017F;chreiben/ wann nicht &#x017F;olches ge&#x017F;chehen ko&#x0364;nte in kraft habender <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophi</hi>&#x017F;cher<lb/>
Freyheit/ weilen wol weiß/ daß bey meinen &#x017F;on&#x017F;t geehrten Le&#x017F;eren vil Vor-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">urtheile</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0078] N. 18.) (Den 5. Maj. 1706. Natur-Geſchichten Des Schweizerlands. Zweyter Theil. Fortſetzung vom Stralſchuß in den Geißthurn zu Zuͤrich. BEy diſer Stral-Tragedi wollen wir uns nur ein wenig aufhalten/ um in Betrachtung zu zeuhen daß vor dem Unglück hergegangene Traurgeſchrey der Steinkauzen/ und die ſamlung der Stralmateri ob der Statt. Es leitet die gnaͤdige Vorſorg Gottes uͤber die lieben Feld- fruͤcht die Stral- und Hagelwetter alſo/ daß ſie mehrmahlen uͤber die Staͤtte ſich außlaͤhren/ und zwaren nach denen von ihme ſelbs angeordneten Natur- Geſaͤtzen. Auß den Staͤtten ſteigen mehr allerhand Dünſte/ Feuer/ Rauch und Dampf/ auf/ als von umligender Landſchaft/ und wird die ob den Staͤt- ten ſtehende Dunſtkugel mit ſolchen froͤmden Theilen von allerhand Art nicht nur angefuͤllet/ ſondern auch von aufſteigender Waͤrme verdünnet/ daß die Winde anderſtwoher dahin mit groͤſſerem Nachtruck blaſen/ und mehrere ſchwefelichte und ſalpetriſche Dünſte herzu waͤhen/ welche dann/ wann ſie ſich zwiſchen zweyen Gegenwinden/ wie in gegenwertigem Bey- ſpiel/ gefangen ſamlen/ ſich uͤber eine Statt mit groſſem Schrecken der Ein- wohneren ergieſſen. Bey uns/ zu Zuͤrich/ komt zu diſer natuͤrlichen Urſach noch hinzu die Situation der Statt ſelbs/ als welche in der tieffe liget zwiſchen zweyen Bergen/ dem Albis- und Zuͤrich-Berg/ ſo daß die in zwiſchen ligen- dem Thal ſich ſamlende Dünſte ſich nirgendhin beſſer koͤnnen begeben/ als in die bereits verdünnete/ und folglich geſchwaͤchte/ mitte/ und tieffe. Von dem Prophetiſchen Geſchrey der Steinkauzen doͤrfte ich nicht vil ſchreiben/ wann nicht ſolches geſchehen koͤnte in kraft habender Philoſophiſcher Freyheit/ weilen wol weiß/ daß bey meinen ſonſt geehrten Leſeren vil Vor- urtheile

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/78
Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/78>, abgerufen am 18.04.2024.