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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707.

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Natur-Geschichten
Des
Schweizerlands.
Zweyter Theil.


Von dem Glarnerischen Schabziger.

DJse Art Käses/ mit welcher die Glarner/ gleich mit ihren schwarzen
Steinernen Tafelen/ weit und breit in Europa Handelschaft treiben/
heisset gemeinlich Schabziger/ Caseus rasilis, weilen er auß Ziger
gemachet wird/ und sich zu eßbarem Gebrauch schaben lasset. Deodatus in
seinem Pantheo Hygiast. Lib I. cap. 35. beschreibet disen grünen Schab-
ziger ganz wol/ hat sich aber in dem einigen betrogen/ welches vil Leuhte an-
noch sich einbilden/ daß man allerhand gute heilsame Kräuter zu bereitung
dises Käses brauche/ und gedenket auch Gessnerus de Lacte pag. 48. der
Imperatoriae, oder Meisterwurz/ daß sie darunter gemischet werde/ von deren
man doch jeziger Zeit nichts weißt. Es ist ein einiges Kraut/ welches die
Glarner zu dem End in ihren Gärten pflanzen/ damit es ihnen zu diser
Käßmachung diene. Dises pflegen sie zu nennen Zigerkraut/ Schabzi-
gerkraut:
Sonsten heisset man es Stundkraut/ Sibengezeit/ weilen
es siben mahl des Tags sol den Geruch bekommen/ und wider verlieren;
Wilder Steinklee/ wolriechender Klee. Da des Geruchs halben zu
gewahren/ daß sich derselbe erst dannzumahl hervor tühe/ wann das Kraut
dürr/ weilen die feuchten/ öhlichten/ starkriechenden Theile vorher/ da es
noch grün ware/ unter vilen wässerigen also gefangen und eingewikelt waren/
daß sie nicht wol könten sich hervor lassen/ und in Freyheit setzen. Jn La-
teinischer Sprach finden sich bey verschiedenen Kräuterverständigen auch
verschiedene Nammen/ und zwaren folgende. Hieron. Tragus nennet es
Trifolium Dioscoridis. Matthiolus, Anguillara, und Castor Durantes Lotus
Sylvestris. Fuchsius, Dodonaeus, Cordus, Gessnerus Lotus Sativa. Lacuna,

Turne-
N. 23.)



Natur-Geſchichten
Des
Schweizerlands.
Zweyter Theil.


Von dem Glarneriſchen Schabziger.

DJſe Art Kaͤſes/ mit welcher die Glarner/ gleich mit ihren ſchwarzen
Steinernen Tafelen/ weit und breit in Europa Handelſchaft treiben/
heiſſet gemeinlich Schabziger/ Caſeus raſilis, weilen er auß Ziger
gemachet wird/ und ſich zu eßbarem Gebrauch ſchaben laſſet. Deodatus in
ſeinem Pantheo Hygiaſt. Lib I. cap. 35. beſchreibet diſen gruͤnen Schab-
ziger ganz wol/ hat ſich aber in dem einigen betrogen/ welches vil Leuhte an-
noch ſich einbilden/ daß man allerhand gute heilſame Kraͤuter zu bereitung
diſes Kaͤſes brauche/ und gedenket auch Geſſnerus de Lacte pag. 48. der
Imperatoriæ, oder Meiſterwurz/ daß ſie darunter gemiſchet werde/ von deren
man doch jeziger Zeit nichts weißt. Es iſt ein einiges Kraut/ welches die
Glarner zu dem End in ihren Gaͤrten pflanzen/ damit es ihnen zu diſer
Kaͤßmachung diene. Diſes pflegen ſie zu nennen Zigerkraut/ Schabzi-
gerkraut:
Sonſten heiſſet man es Stundkraut/ Sibengezeit/ weilen
es ſiben mahl des Tags ſol den Geruch bekommen/ und wider verlieren;
Wilder Steinklee/ wolriechender Klee. Da des Geruchs halben zu
gewahren/ daß ſich derſelbe erſt dannzumahl hervor tuͤhe/ wann das Kraut
duͤrꝛ/ weilen die feuchten/ oͤhlichten/ ſtarkriechenden Theile vorher/ da es
noch gruͤn ware/ unter vilen waͤſſerigen alſo gefangen und eingewikelt waren/
daß ſie nicht wol koͤnten ſich hervor laſſen/ und in Freyheit ſetzen. Jn La-
teiniſcher Sprach finden ſich bey verſchiedenen Kraͤuterverſtaͤndigen auch
verſchiedene Nammen/ und zwaren folgende. Hieron. Tragus nennet es
Trifolium Dioſcoridis. Matthiolus, Anguillara, und Caſtor Durantes Lotus
Sylveſtris. Fuchſius, Dodonæus, Cordus, Geſſnerus Lotus Sativa. Lacuna,

Turne-
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[89/0096] N. 23.) (Den 9. Jun. 1706. Natur-Geſchichten Des Schweizerlands. Zweyter Theil. Von dem Glarneriſchen Schabziger. DJſe Art Kaͤſes/ mit welcher die Glarner/ gleich mit ihren ſchwarzen Steinernen Tafelen/ weit und breit in Europa Handelſchaft treiben/ heiſſet gemeinlich Schabziger/ Caſeus raſilis, weilen er auß Ziger gemachet wird/ und ſich zu eßbarem Gebrauch ſchaben laſſet. Deodatus in ſeinem Pantheo Hygiaſt. Lib I. cap. 35. beſchreibet diſen gruͤnen Schab- ziger ganz wol/ hat ſich aber in dem einigen betrogen/ welches vil Leuhte an- noch ſich einbilden/ daß man allerhand gute heilſame Kraͤuter zu bereitung diſes Kaͤſes brauche/ und gedenket auch Geſſnerus de Lacte pag. 48. der Imperatoriæ, oder Meiſterwurz/ daß ſie darunter gemiſchet werde/ von deren man doch jeziger Zeit nichts weißt. Es iſt ein einiges Kraut/ welches die Glarner zu dem End in ihren Gaͤrten pflanzen/ damit es ihnen zu diſer Kaͤßmachung diene. Diſes pflegen ſie zu nennen Zigerkraut/ Schabzi- gerkraut: Sonſten heiſſet man es Stundkraut/ Sibengezeit/ weilen es ſiben mahl des Tags ſol den Geruch bekommen/ und wider verlieren; Wilder Steinklee/ wolriechender Klee. Da des Geruchs halben zu gewahren/ daß ſich derſelbe erſt dannzumahl hervor tuͤhe/ wann das Kraut duͤrꝛ/ weilen die feuchten/ oͤhlichten/ ſtarkriechenden Theile vorher/ da es noch gruͤn ware/ unter vilen waͤſſerigen alſo gefangen und eingewikelt waren/ daß ſie nicht wol koͤnten ſich hervor laſſen/ und in Freyheit ſetzen. Jn La- teiniſcher Sprach finden ſich bey verſchiedenen Kraͤuterverſtaͤndigen auch verſchiedene Nammen/ und zwaren folgende. Hieron. Tragus nennet es Trifolium Dioſcoridis. Matthiolus, Anguillara, und Caſtor Durantes Lotus Sylveſtris. Fuchſius, Dodonæus, Cordus, Geſſnerus Lotus Sativa. Lacuna, Turne-

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/96>, abgerufen am 18.04.2024.