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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

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angestellt habe, konnte er nicht aus ihnen heraus
bringen. Nach den glänzenden Offerten, die ihm
gethan wurden, zu schließen, mußte die Nachfrage
von einem sehr reichen Manne herrühren.

Gestern Abend entdeckte er meinem Herrn den
ganzen Vorfall. Diese war anfangs Willens, die
Unterhändler kurz und gut beym Kopf nehmen zu
lassen, aber Biondello machte Einwendungen. Auf
freyen Fuß würde man sie doch wieder stellen müs¬
sen, und dann habe er seinen ganzen Credit unter
dieser Klasse, vielleicht sein Leben selbst in Gefahr
gesetzt. Alle dieses Volk hange unter sich zusam¬
men, alle stehen für Einen, er wolle lieber den
hohen Rath in Venedig zum Feind haben, als
unter ihnen für einen Verräther verschrieen wer¬
den. Er würde dem Prinzen auch nicht mehr nütz¬
lich seyn können, wenn er das Vertrauen dieser
Volksklasse verloren hätte.

Wir haben hin und her gerathen, von wem
dieß wohl kommen möchte. Wer ist in Venedig,
dem daran liegen kann, zu wissen, was mein Herr
einnimmt und ausgiebt, was er mit dem Kardinal
A***i zu thun hat, und was ich Ihnen schreibe?
Sollte es gar noch ein Vermächtniß von dem Prin¬
zen von **d*** seyn? oder regt sich etwa der
Armenier wieder?


Baron

angeſtellt habe, konnte er nicht aus ihnen heraus
bringen. Nach den glänzenden Offerten, die ihm
gethan wurden, zu ſchließen, mußte die Nachfrage
von einem ſehr reichen Manne herrühren.

Geſtern Abend entdeckte er meinem Herrn den
ganzen Vorfall. Dieſe war anfangs Willens, die
Unterhändler kurz und gut beym Kopf nehmen zu
laſſen, aber Biondello machte Einwendungen. Auf
freyen Fuß würde man ſie doch wieder ſtellen müſ¬
ſen, und dann habe er ſeinen ganzen Credit unter
dieſer Klaſſe, vielleicht ſein Leben ſelbſt in Gefahr
geſetzt. Alle dieſes Volk hange unter ſich zuſam¬
men, alle ſtehen für Einen, er wolle lieber den
hohen Rath in Venedig zum Feind haben, als
unter ihnen für einen Verräther verſchrieen wer¬
den. Er würde dem Prinzen auch nicht mehr nütz¬
lich ſeyn können, wenn er das Vertrauen dieſer
Volksklaſſe verloren hätte.

Wir haben hin und her gerathen, von wem
dieß wohl kommen möchte. Wer iſt in Venedig,
dem daran liegen kann, zu wiſſen, was mein Herr
einnimmt und ausgiebt, was er mit dem Kardinal
A***i zu thun hat, und was ich Ihnen ſchreibe?
Sollte es gar noch ein Vermächtniß von dem Prin¬
zen von **d*** ſeyn? oder regt ſich etwa der
Armenier wieder?


Baron
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[191/0199] angeſtellt habe, konnte er nicht aus ihnen heraus bringen. Nach den glänzenden Offerten, die ihm gethan wurden, zu ſchließen, mußte die Nachfrage von einem ſehr reichen Manne herrühren. Geſtern Abend entdeckte er meinem Herrn den ganzen Vorfall. Dieſe war anfangs Willens, die Unterhändler kurz und gut beym Kopf nehmen zu laſſen, aber Biondello machte Einwendungen. Auf freyen Fuß würde man ſie doch wieder ſtellen müſ¬ ſen, und dann habe er ſeinen ganzen Credit unter dieſer Klaſſe, vielleicht ſein Leben ſelbſt in Gefahr geſetzt. Alle dieſes Volk hange unter ſich zuſam¬ men, alle ſtehen für Einen, er wolle lieber den hohen Rath in Venedig zum Feind haben, als unter ihnen für einen Verräther verſchrieen wer¬ den. Er würde dem Prinzen auch nicht mehr nütz¬ lich ſeyn können, wenn er das Vertrauen dieſer Volksklaſſe verloren hätte. Wir haben hin und her gerathen, von wem dieß wohl kommen möchte. Wer iſt in Venedig, dem daran liegen kann, zu wiſſen, was mein Herr einnimmt und ausgiebt, was er mit dem Kardinal A***i zu thun hat, und was ich Ihnen ſchreibe? Sollte es gar noch ein Vermächtniß von dem Prin¬ zen von **d*** ſeyn? oder regt ſich etwa der Armenier wieder? Baron

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/199>, abgerufen am 24.04.2024.