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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

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liches vorwies und einige Worte ins Ohr sagte,
worauf Sie uns sogleich wieder losgaben."

"Sie kennen diesen Herrn also nicht?" fragte
der Häscher wieder. "Er war nicht von Ihrer
Gesellschaft?"

"Nein," sagte der Prinz -- "und aus sehr
wichtigen Ursachen wünschte ich näher mit ihm be¬
kannt zu werden."

"Näher," antwortete der Häscher, "kenn ich
ihn auch nicht. Sein Name selbst ist mir unbe¬
kannt, und heute hab ich ihn zum erstenmal in
meinem Leben gesehen."

"Wie? und in so kurzer Zeit, durch ein paar
Worte konnte er so viel über Sie vermögen, daß
Sie ihn selbst und uns alle für unschuldig er¬
klärten?"

"Allerdings durch ein einziges Wort."

"Und dieses war? -- Ich gestehe, daß ich
es wissen möchte."

"Dieser Unbekannte, gnädigster Herr," --
indem er die Zechinen in seiner Hand wog -- "Sie
sind zu großmüthig gegen mich gewesen, um Ih¬
nen länger ein Geheimniß daraus zu machen --
dieser Unbekannte war -- ein Offizier der Staats¬
inquisition."

"Der Staatsinquisition! -- Dieser! --"

"Nicht anders, gnädigster Herr -- und da¬
von überzeugte mich das Papier, welches er mir
vorzeigte."

"Dieser Mensch, sagten Sie? Es ist nicht
möglich."

"Ich
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liches vorwies und einige Worte ins Ohr ſagte,
worauf Sie uns ſogleich wieder losgaben.“

„Sie kennen dieſen Herrn alſo nicht?“ fragte
der Häſcher wieder. „Er war nicht von Ihrer
Geſellſchaft?“

„Nein,“ ſagte der Prinz — „und aus ſehr
wichtigen Urſachen wünſchte ich näher mit ihm be¬
kannt zu werden.“

„Näher,“ antwortete der Häſcher, „kenn ich
ihn auch nicht. Sein Name ſelbſt iſt mir unbe¬
kannt, und heute hab ich ihn zum erſtenmal in
meinem Leben geſehen.“

„Wie? und in ſo kurzer Zeit, durch ein paar
Worte konnte er ſo viel über Sie vermögen, daß
Sie ihn ſelbſt und uns alle für unſchuldig er¬
klärten?“

„Allerdings durch ein einziges Wort.“

„Und dieſes war? — Ich geſtehe, daß ich
es wiſſen möchte.“

„Dieſer Unbekannte, gnädigſter Herr,“ —
indem er die Zechinen in ſeiner Hand wog — „Sie
ſind zu großmüthig gegen mich geweſen, um Ih¬
nen länger ein Geheimniß daraus zu machen —
dieſer Unbekannte war — ein Offizier der Staats¬
inquiſition.“

„Der Staatsinquiſition! — Dieſer! —“

„Nicht anders, gnädigſter Herr — und da¬
von überzeugte mich das Papier, welches er mir
vorzeigte.“

„Dieſer Menſch, ſagten Sie? Es iſt nicht
möglich.“

„Ich
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[37/0045] liches vorwies und einige Worte ins Ohr ſagte, worauf Sie uns ſogleich wieder losgaben.“ „Sie kennen dieſen Herrn alſo nicht?“ fragte der Häſcher wieder. „Er war nicht von Ihrer Geſellſchaft?“ „Nein,“ ſagte der Prinz — „und aus ſehr wichtigen Urſachen wünſchte ich näher mit ihm be¬ kannt zu werden.“ „Näher,“ antwortete der Häſcher, „kenn ich ihn auch nicht. Sein Name ſelbſt iſt mir unbe¬ kannt, und heute hab ich ihn zum erſtenmal in meinem Leben geſehen.“ „Wie? und in ſo kurzer Zeit, durch ein paar Worte konnte er ſo viel über Sie vermögen, daß Sie ihn ſelbſt und uns alle für unſchuldig er¬ klärten?“ „Allerdings durch ein einziges Wort.“ „Und dieſes war? — Ich geſtehe, daß ich es wiſſen möchte.“ „Dieſer Unbekannte, gnädigſter Herr,“ — indem er die Zechinen in ſeiner Hand wog — „Sie ſind zu großmüthig gegen mich geweſen, um Ih¬ nen länger ein Geheimniß daraus zu machen — dieſer Unbekannte war — ein Offizier der Staats¬ inquiſition.“ „Der Staatsinquiſition! — Dieſer! —“ „Nicht anders, gnädigſter Herr — und da¬ von überzeugte mich das Papier, welches er mir vorzeigte.“ „Dieſer Menſch, ſagten Sie? Es iſt nicht möglich.“ „Ich C 3

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/45>, abgerufen am 25.04.2024.