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Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

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Zweite Szene.
Ein alter Kammerdiener des Fürsten, der ein
Schmukkästchen trägt. Die Vorigen.
Kammerdiener. Seine Durchlaucht der Her-
zog empfehlen Sich Milady zu Gnaden, und schiken
Ihnen diese Brillanten zur Hochzeit. Sie kommen so
eben erst aus Venedig.

Lady. (hat das Kästgen geöfnet und fährt erschro-
ken zurük)
Mensch! was bezahlt dein Herzog für
diese Steine?

Kammerdiener. (mit finsterm Gesicht) Sie ko-
sten ihn keinen Heller.

Lady. Was? Bist du rasend? Nichts: --
und (indem sie einen Schritt von ihm weg tritt) du
wirfst mir ja einen Blik zu, als wenn du mich durch-
bohren woltest -- Nichts kosten ihn diese unermeß-
lich kostbaren Steine?

Kammerdiener. Gestern sind siebentausend
Landskinder nach Amerika fort -- Die zahlen alles.

Lady. (sezt den Schmuk plözlich nieder, und geht
rasch durch den Saal, nach einer Pause zum Kammerdiener)

Mann, was ist dir? Ich glaube, du weinst?

Kammerdiener. (wischt sich die Augen, mit schrek-
licher Stimm, alle Glieder zitternd)
Edelsteine wie diese
da
-- Ich hab auch ein paar Söhne drunter.

Lady. (wendet sich bebend weg, seine Hand fassend)
Doch keinen Gezwungenen?
Kammer-
C 4
Zweite Szene.
Ein alter Kammerdiener des Fuͤrſten, der ein
Schmukkaͤſtchen traͤgt. Die Vorigen.
Kammerdiener. Seine Durchlaucht der Her-
zog empfehlen Sich Milady zu Gnaden, und ſchiken
Ihnen dieſe Brillanten zur Hochzeit. Sie kommen ſo
eben erſt aus Venedig.

Lady. (hat das Kaͤſtgen geoͤfnet und faͤhrt erſchro-
ken zuruͤk)
Menſch! was bezahlt dein Herzog fuͤr
dieſe Steine?

Kammerdiener. (mit finſterm Geſicht) Sie ko-
ſten ihn keinen Heller.

Lady. Was? Biſt du raſend? Nichts: —
und (indem ſie einen Schritt von ihm weg tritt) du
wirfſt mir ja einen Blik zu, als wenn du mich durch-
bohren wolteſt — Nichts koſten ihn dieſe unermeß-
lich koſtbaren Steine?

Kammerdiener. Geſtern ſind ſiebentauſend
Landskinder nach Amerika fort — Die zahlen alles.

Lady. (ſezt den Schmuk ploͤzlich nieder, und geht
raſch durch den Saal, nach einer Pauſe zum Kammerdiener)

Mann, was iſt dir? Ich glaube, du weinſt?

Kammerdiener. (wiſcht ſich die Augen, mit ſchrek-
licher Stimm, alle Glieder zitternd)
Edelſteine wie dieſe
da
— Ich hab auch ein paar Soͤhne drunter.

Lady. (wendet ſich bebend weg, ſeine Hand faſſend)
Doch keinen Gezwungenen?
Kammer-
C 4
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[39/0043] Zweite Szene. Ein alter Kammerdiener des Fuͤrſten, der ein Schmukkaͤſtchen traͤgt. Die Vorigen. Kammerdiener. Seine Durchlaucht der Her- zog empfehlen Sich Milady zu Gnaden, und ſchiken Ihnen dieſe Brillanten zur Hochzeit. Sie kommen ſo eben erſt aus Venedig. Lady. (hat das Kaͤſtgen geoͤfnet und faͤhrt erſchro- ken zuruͤk) Menſch! was bezahlt dein Herzog fuͤr dieſe Steine? Kammerdiener. (mit finſterm Geſicht) Sie ko- ſten ihn keinen Heller. Lady. Was? Biſt du raſend? Nichts: — und (indem ſie einen Schritt von ihm weg tritt) du wirfſt mir ja einen Blik zu, als wenn du mich durch- bohren wolteſt — Nichts koſten ihn dieſe unermeß- lich koſtbaren Steine? Kammerdiener. Geſtern ſind ſiebentauſend Landskinder nach Amerika fort — Die zahlen alles. Lady. (ſezt den Schmuk ploͤzlich nieder, und geht raſch durch den Saal, nach einer Pauſe zum Kammerdiener) Mann, was iſt dir? Ich glaube, du weinſt? Kammerdiener. (wiſcht ſich die Augen, mit ſchrek- licher Stimm, alle Glieder zitternd) Edelſteine wie dieſe da — Ich hab auch ein paar Soͤhne drunter. Lady. (wendet ſich bebend weg, ſeine Hand faſſend) Doch keinen Gezwungenen? Kammer- C 4

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/43>, abgerufen am 29.03.2024.