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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.

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und Erwerbs, des Handels und der Eroberung
auch im hohen Alterthum Statt, die in der
neuern Geschichte so ausschliessend zu herrschen
scheinen. Ehe wir aber den Einfluß der Religion
auf die Stiftung der indischen Kolonien betrach-
ten, müssen wir zuerst einige allgemeine Betrach-
tungen voran schicken, über die Art wie man die
ältesten Wanderungen der Völker, überhaupt
ihre Verschiedenheit und Entstehung, zu betrach-
ten hat.

Will man die ganze Mannichfaltigkeit der so
verschiedenen Völkerschaften zum Gegenstand der
Untersuchung machen, so muß man vor's erste
jede willkührliche Voraussetzung und Meinung
über ihren gemeinschaftlichen Ursprung, und
etwanige Ursache der Trennung bei Seite sez-
zen, und die Völkerschaften blos nach den Kenn-
zeichen des höhern oder geringern Alters son-
dern, so wie der Naturforscher die Lagen der
verschiedenen Erdarten in den Gebirgen und
auf der Oberfläche des festen Landes, der Natur
aufmerksam folgend ordnet. Das erste Kennzei-
chen ist auch hier die Sprache; mehr aber die
innre Structur als der materielle Theil dersel-

und Erwerbs, des Handels und der Eroberung
auch im hohen Alterthum Statt, die in der
neuern Geſchichte ſo ausſchlieſſend zu herrſchen
ſcheinen. Ehe wir aber den Einfluß der Religion
auf die Stiftung der indiſchen Kolonien betrach-
ten, muͤſſen wir zuerſt einige allgemeine Betrach-
tungen voran ſchicken, uͤber die Art wie man die
aͤlteſten Wanderungen der Voͤlker, uͤberhaupt
ihre Verſchiedenheit und Entſtehung, zu betrach-
ten hat.

Will man die ganze Mannichfaltigkeit der ſo
verſchiedenen Voͤlkerſchaften zum Gegenſtand der
Unterſuchung machen, ſo muß man vor’s erſte
jede willkuͤhrliche Vorausſetzung und Meinung
uͤber ihren gemeinſchaftlichen Urſprung, und
etwanige Urſache der Trennung bei Seite ſez-
zen, und die Voͤlkerſchaften blos nach den Kenn-
zeichen des hoͤhern oder geringern Alters ſon-
dern, ſo wie der Naturforſcher die Lagen der
verſchiedenen Erdarten in den Gebirgen und
auf der Oberflaͤche des feſten Landes, der Natur
aufmerkſam folgend ordnet. Das erſte Kennzei-
chen iſt auch hier die Sprache; mehr aber die
innre Structur als der materielle Theil derſel-

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[166/0185] und Erwerbs, des Handels und der Eroberung auch im hohen Alterthum Statt, die in der neuern Geſchichte ſo ausſchlieſſend zu herrſchen ſcheinen. Ehe wir aber den Einfluß der Religion auf die Stiftung der indiſchen Kolonien betrach- ten, muͤſſen wir zuerſt einige allgemeine Betrach- tungen voran ſchicken, uͤber die Art wie man die aͤlteſten Wanderungen der Voͤlker, uͤberhaupt ihre Verſchiedenheit und Entſtehung, zu betrach- ten hat. Will man die ganze Mannichfaltigkeit der ſo verſchiedenen Voͤlkerſchaften zum Gegenſtand der Unterſuchung machen, ſo muß man vor’s erſte jede willkuͤhrliche Vorausſetzung und Meinung uͤber ihren gemeinſchaftlichen Urſprung, und etwanige Urſache der Trennung bei Seite ſez- zen, und die Voͤlkerſchaften blos nach den Kenn- zeichen des hoͤhern oder geringern Alters ſon- dern, ſo wie der Naturforſcher die Lagen der verſchiedenen Erdarten in den Gebirgen und auf der Oberflaͤche des feſten Landes, der Natur aufmerkſam folgend ordnet. Das erſte Kennzei- chen iſt auch hier die Sprache; mehr aber die innre Structur als der materielle Theil derſel-

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/185>, abgerufen am 24.04.2024.