Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Altbaktrisch. Vocalische lautgesetze. Außlaut.
ben wurzel); auch wird nach hr, einer lautgesezlichen variante
von r (s. u. bei den consonanten), der hilfsvocal nicht ein ge-
schoben, z. b. vehrko (nom. sg. lupus) für *verkas, varkas.

2. Im anlaute erscheint bisweilen vor r vorschlag des
folgenden
i, u, also iri, uru für ri, ru, wie ere für er steht
mit nachschlag des vorher gehenden vocals; r liebt also die
stellung zwischen zwei vocalen, z. b. in der wurzel irith für
rith (mori, z. b. iris-to für *rith-ta-s, part. praet., mortuus);
uraurudhusa (2. sg. aorist. med.) von wurz. rudh (crescere) für
*rurudha-sa.

Anm. Dise erscheinung und die epenthese (§. 26) sind wesentlich
gleichartig; das bestreben in zwei auf einander folgenden silben
gleichen vocal zu haben (die scheu vor vocalwechsel) und die
leichtigkeit, mit welcher vocalische elemente im altbaktrischen
auß einer silbe in die andre sich fort pflanzen, haben beides her-
vor gerufen, disen vorschlag, wie die epenthese. Lezterer ist eben-
fals das r vor allem günstig und u wirkt nur über disen conso-
nanten hinüber epenthese, wie auch die in rede stehende laut-
erscheinung nur bei r ein tritt.
Außlaut.
§. 29.

1. Im außlaute begint sich die in vilen sprachen statt
findende verkürzung der vocale darin zu zeigen, daß für auß
lautendes a meist a ein tritt, wärend vor ka (que) das alte a
bewart ist, z. b. data nom. sg. zu stamm datar (dator, creator),
das mit ka nur data-ka bilden kann, für *data = altind. data
(und diß für datar-s, das a wird durch ersazdenung für die ab
gefallenen consonanten s und r lang). So in allen fällen, in
denen a auß zu lauten hat.

2. Im außlaute tritt oft für urspr. ja, ja ein e ein durch
völlige verschmelzung von j mit a (im litauischen ist dise wand-
lung von ja zu e regel, s. u.). So z. b. in der endung sja des
gen. sg. der a-stämme msc. ntr., z. b. von stamm acpa (equus),
acpa-he, altind. acva-sja und eben so in der urspr. akva-sja
(he
= hja = sja, die wandlung von s zu h ist regelmäßig);
kaine = altind. kanja (puella); perene (plena) fürt auf ein äl-
teres altbaktrisches *perenja, eine nebenstamform auf n-ja zu

Altbaktrisch. Vocalische lautgesetze. Außlaut.
ben wurzel); auch wird nach hr, einer lautgesezlichen variante
von r (s. u. bei den consonanten), der hilfsvocal nicht ein ge-
schoben, z. b. vehrkô (nom. sg. lupus) für *verkas, varkas.

2. Im anlaute erscheint bisweilen vor r vorschlag des
folgenden
i, u, also iri, uru für ri, ru, wie ere für er steht
mit nachschlag des vorher gehenden vocals; r liebt also die
stellung zwischen zwei vocalen, z. b. in der wurzel irith für
rith (mori, z. b. iris-tô für *rith-ta-s, part. praet., mortuus);
urûrudhuśa (2. sg. aorist. med.) von wurz. rudh (crescere) für
*rurudha-sa.

Anm. Dise erscheinung und die epenthese (§. 26) sind wesentlich
gleichartig; das bestreben in zwei auf einander folgenden silben
gleichen vocal zu haben (die scheu vor vocalwechsel) und die
leichtigkeit, mit welcher vocalische elemente im altbaktrischen
auß einer silbe in die andre sich fort pflanzen, haben beides her-
vor gerufen, disen vorschlag, wie die epenthese. Lezterer ist eben-
fals das r vor allem günstig und u wirkt nur über disen conso-
nanten hinüber epenthese, wie auch die in rede stehende laut-
erscheinung nur bei r ein tritt.
Außlaut.
§. 29.

1. Im außlaute begint sich die in vilen sprachen statt
findende verkürzung der vocale darin zu zeigen, daß für auß
lautendes â meist a ein tritt, wärend vor ḱa (que) das alte â
bewart ist, z. b. dâta nom. sg. zu stamm dâtar (dator, creator),
das mit ḱa nur dâtâ-ḱa bilden kann, für *dâtâ = altind. dâtấ
(und diß für dâtar-s, das a wird durch ersazdenung für die ab
gefallenen consonanten s und r lang). So in allen fällen, in
denen â auß zu lauten hat.

2. Im außlaute tritt oft für urspr. ja, jâ ein ê ein durch
völlige verschmelzung von j mit a (im litauischen ist dise wand-
lung von zu ė regel, s. u.). So z. b. in der endung sja des
gen. sg. der a-stämme msc. ntr., z. b. von stamm açpa (equus),
açpa-hê, altind. áçva-sja und eben so in der urspr. akva-sja
(hê
= hja = sja, die wandlung von s zu h ist regelmäßig);
kainê = altind. kanjâ (puella); perenê (plena) fürt auf ein äl-
teres altbaktrisches *perenjâ, eine nebenstamform auf n-ja zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0058" n="44"/><fw place="top" type="header">Altbaktrisch. Vocalische lautgesetze. Außlaut.</fw><lb/>
ben wurzel); auch wird nach <hi rendition="#i">hr</hi>, einer lautgesezlichen variante<lb/>
von <hi rendition="#i">r</hi> (s. u. bei den consonanten), der hilfsvocal nicht ein ge-<lb/>
schoben, z. b. <hi rendition="#i">vehrkô</hi> (nom. sg. lupus) für *<hi rendition="#i">verkas, varkas</hi>.</p><lb/>
                  <p>2. Im anlaute erscheint bisweilen vor <hi rendition="#i">r</hi> <hi rendition="#g">vorschlag des<lb/>
folgenden</hi> <hi rendition="#i">i, u,</hi> also <hi rendition="#i">iri, uru</hi> für <hi rendition="#i">ri, ru,</hi> wie <hi rendition="#i">ere</hi> für <hi rendition="#i">er</hi> steht<lb/>
mit nachschlag des vorher gehenden vocals; <hi rendition="#i">r</hi> liebt also die<lb/>
stellung zwischen zwei vocalen, z. b. in der wurzel <hi rendition="#i">irith</hi> für<lb/><hi rendition="#i">rith</hi> (mori, z. b. <hi rendition="#i">iris-tô</hi> für *<hi rendition="#i">rith-ta-s</hi>, part. praet., mortuus);<lb/><hi rendition="#i">urûrudhu&#x015B;a</hi> (2. sg. aorist. med.) von wurz. <hi rendition="#i">rudh</hi> (crescere) für<lb/>
*<hi rendition="#i">rurudha-sa</hi>.</p><lb/>
                  <list>
                    <item><hi rendition="#g">Anm</hi>. Dise erscheinung und die epenthese (§. 26) sind wesentlich<lb/>
gleichartig; das bestreben in zwei auf einander folgenden silben<lb/>
gleichen vocal zu haben (die scheu vor vocalwechsel) und die<lb/>
leichtigkeit, mit welcher vocalische elemente im altbaktrischen<lb/>
auß einer silbe in die andre sich fort pflanzen, haben beides her-<lb/>
vor gerufen, disen vorschlag, wie die epenthese. Lezterer ist eben-<lb/>
fals das <hi rendition="#i">r</hi> vor allem günstig und <hi rendition="#i">u</hi> wirkt nur über disen conso-<lb/>
nanten hinüber epenthese, wie auch die in rede stehende laut-<lb/>
erscheinung nur bei <hi rendition="#i">r</hi> ein tritt.</item>
                  </list>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head><hi rendition="#g">Außlaut</hi>.</head><lb/>
                  <note place="left">§. 29.</note>
                  <p>1. Im <hi rendition="#g">außlaute</hi> begint sich die in vilen sprachen statt<lb/>
findende verkürzung der vocale darin zu zeigen, daß für auß<lb/>
lautendes <hi rendition="#i">â</hi> meist <hi rendition="#i">a</hi> ein tritt, wärend vor <hi rendition="#i">k&#x0301;a</hi> (que) das alte <hi rendition="#i">â</hi><lb/>
bewart ist, z. b. <hi rendition="#i">dâta</hi> nom. sg. zu stamm <hi rendition="#i">dâtar</hi> (dator, creator),<lb/>
das mit <hi rendition="#i">k&#x0301;a</hi> nur <hi rendition="#i">dâtâ-k&#x0301;a</hi> bilden kann, für *<hi rendition="#i">dâtâ</hi> = altind. <hi rendition="#i">dâtâ&#x0301;</hi><lb/>
(und diß für <hi rendition="#i">dâtar-s</hi>, das <hi rendition="#i">a</hi> wird durch ersazdenung für die ab<lb/>
gefallenen consonanten <hi rendition="#i">s</hi> und <hi rendition="#i">r</hi> lang). So in allen fällen, in<lb/>
denen <hi rendition="#i">â</hi> auß zu lauten hat.</p><lb/>
                  <p>2. Im außlaute tritt oft für urspr. <hi rendition="#i">ja, jâ</hi> ein <hi rendition="#i">ê</hi> ein durch<lb/>
völlige verschmelzung von <hi rendition="#i">j</hi> mit <hi rendition="#i">a</hi> (im litauischen ist dise wand-<lb/>
lung von <hi rendition="#i"></hi> zu <hi rendition="#i">&#x0117;</hi> regel, s. u.). So z. b. in der endung <hi rendition="#i">sja</hi> des<lb/>
gen. sg. der <hi rendition="#i">a</hi>-stämme msc. ntr., z. b. von stamm <hi rendition="#i">açpa</hi> (equus),<lb/><hi rendition="#i">açpa-hê</hi>, altind. <hi rendition="#i">áçva-sja</hi> und eben so in der urspr. <hi rendition="#i">akva-sja<lb/>
(hê</hi> = <hi rendition="#i">hja</hi> = <hi rendition="#i">sja,</hi> die wandlung von <hi rendition="#i">s</hi> zu <hi rendition="#i">h</hi> ist regelmäßig);<lb/><hi rendition="#i">kainê</hi> = altind. <hi rendition="#i">kanjâ</hi> (puella); <hi rendition="#i">perenê</hi> (plena) fürt auf ein äl-<lb/>
teres altbaktrisches *<hi rendition="#i">perenjâ,</hi> eine nebenstamform auf <hi rendition="#i">n-ja</hi> zu<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0058] Altbaktrisch. Vocalische lautgesetze. Außlaut. ben wurzel); auch wird nach hr, einer lautgesezlichen variante von r (s. u. bei den consonanten), der hilfsvocal nicht ein ge- schoben, z. b. vehrkô (nom. sg. lupus) für *verkas, varkas. 2. Im anlaute erscheint bisweilen vor r vorschlag des folgenden i, u, also iri, uru für ri, ru, wie ere für er steht mit nachschlag des vorher gehenden vocals; r liebt also die stellung zwischen zwei vocalen, z. b. in der wurzel irith für rith (mori, z. b. iris-tô für *rith-ta-s, part. praet., mortuus); urûrudhuśa (2. sg. aorist. med.) von wurz. rudh (crescere) für *rurudha-sa. Anm. Dise erscheinung und die epenthese (§. 26) sind wesentlich gleichartig; das bestreben in zwei auf einander folgenden silben gleichen vocal zu haben (die scheu vor vocalwechsel) und die leichtigkeit, mit welcher vocalische elemente im altbaktrischen auß einer silbe in die andre sich fort pflanzen, haben beides her- vor gerufen, disen vorschlag, wie die epenthese. Lezterer ist eben- fals das r vor allem günstig und u wirkt nur über disen conso- nanten hinüber epenthese, wie auch die in rede stehende laut- erscheinung nur bei r ein tritt. Außlaut. 1. Im außlaute begint sich die in vilen sprachen statt findende verkürzung der vocale darin zu zeigen, daß für auß lautendes â meist a ein tritt, wärend vor ḱa (que) das alte â bewart ist, z. b. dâta nom. sg. zu stamm dâtar (dator, creator), das mit ḱa nur dâtâ-ḱa bilden kann, für *dâtâ = altind. dâtấ (und diß für dâtar-s, das a wird durch ersazdenung für die ab gefallenen consonanten s und r lang). So in allen fällen, in denen â auß zu lauten hat. 2. Im außlaute tritt oft für urspr. ja, jâ ein ê ein durch völlige verschmelzung von j mit a (im litauischen ist dise wand- lung von jâ zu ė regel, s. u.). So z. b. in der endung sja des gen. sg. der a-stämme msc. ntr., z. b. von stamm açpa (equus), açpa-hê, altind. áçva-sja und eben so in der urspr. akva-sja (hê = hja = sja, die wandlung von s zu h ist regelmäßig); kainê = altind. kanjâ (puella); perenê (plena) fürt auf ein äl- teres altbaktrisches *perenjâ, eine nebenstamform auf n-ja zu

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/58
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/58>, abgerufen am 28.03.2024.