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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.

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Altbulg. U-reihe. 1 stg. u, ov. 2. stg. av. Misch. d. a- u. i-reihe.
zur sprache kommen (§. 84, 2; §. 88, 3, anm.; §. 87, 7 und
§. 85, 2).

Erste steigerung. Vor consonanten ist u = urspr. au, z.
b. bud-iti (3. sg. praes., expergefacere) genau entsprechend dem
altind. verbum causativum bodhajati urspr. baudhajati, vgl. bud-
eti; slu-ti
(inf., audire), vgl. sly-sati; plu-ti (navigare), vgl. böhm.
ply-nouti; slu, plu haben beide die diser praesensbildung zu
kommende steigerung, vgl. plew-o, lat. flov-o und im slawischen
selbst die auflösung des u vor vocalen in ov, z. b. slov-a grundf.
krav-ami (1. sing. praes.) neben slu-ti, slov-o (verbum) stamm
sloves grundf. kravas, griech. klewos, altind. crav-as; plov-a
(1. sg. praes.) neben plu-ti grundf. plav-ami, vgl. klew-o, altind.
plav-e u. a.

Vor vocalen ist av deutlich als zweite steigerung er-
kenbar, z. b. slav-a, böhm. slava (gloria) wurz. slu urspr. kru
(audire), vgl. slov-o (verbum); plav-ati (navigare) von plu-ti,
plov-a (navigare, navigo) u. a.

§. 83.

Mischung der a und i-reihe. In den drei nordöstli-
chen sprachfamilien des indogermanischen finden sich in man-
chen wurzeln die vocale der i-reihe neben denen der a-reihe;
disen wurzeln komt ursprünglich der vocal a zu und das um-
schlagen des selben in die i-vocale ist als etwas später ein
getretenes zu betrachten. Im slawischen zeigt sich der über-
gang der a-vocale in die i-vocale besonders deutlich, indem in
vilen fällen gewissermaßen nur anfänge dises überganges vor
ligen. So ist nicht als umschlagen der a-reihe in die i-reihe zu
betrachten

1. wenn a, wie auch in andern sprachen, zu i geschwächt
wird, z. b. lig-uku (levis), vgl. altind. lagh-us, griech. e-lakh-us,
wurzel ist also lagh, aber im althd. leih-t, neuhd. leich-t ligt
deutlich ein i-vocal vor; ric-i (2. sg. imperativi) neben rek-a (1.
sg. praes.) wurz. rek (dicere), vgl. loq-uor, e-lak-on grundf.
der wurzel also rak u. a. dergl.

2. Ebenfals nicht als eigentliches überschlagen des a nach
i hin ist zu betrachten das auftreten von e in wurzeln mit dem
wurzelvocale a, da, wo diß e nur als die junge denung von e

Altbulg. U-reihe. 1 stg. u, ov. 2. stg. av. Misch. d. a- u. i-reihe.
zur sprache kommen (§. 84, 2; §. 88, 3, anm.; §. 87, 7 und
§. 85, 2).

Erste steigerung. Vor consonanten ist u = urspr. au, z.
b. bud-itĭ (3. sg. praes., expergefacere) genau entsprechend dem
altind. verbum causativum bôdhájati urspr. baudhajati, vgl. bŭd-
ěti; slu-ti
(inf., audire), vgl. sly-šati; plu-ti (navigare), vgl. böhm.
ply-nouti; slu, plu haben beide die diser praesensbildung zu
kommende steigerung, vgl. πλέϝ-ω, lat. flov-o und im slawischen
selbst die auflösung des u vor vocalen in ov, z. b. slov-ą grundf.
krav-âmi (1. sing. praes.) neben slu-ti, slov-o (verbum) stamm
sloves grundf. kravas, griech. ϰλέϝος, altind. çráv-as; plov-ą
(1. sg. praes.) neben plu-ti grundf. plav-âmi, vgl. ϰλέϝ-ω, altind.
pláv-ê u. a.

Vor vocalen ist av deutlich als zweite steigerung er-
kenbar, z. b. slav-a, böhm. sláva (gloria) wurz. slu urspr. kru
(audire), vgl. slov-o (verbum); plav-ati (navigare) von plu-ti,
plov-ą (navigare, navigo) u. a.

§. 83.

Mischung der a und i-reihe. In den drei nordöstli-
chen sprachfamilien des indogermanischen finden sich in man-
chen wurzeln die vocale der i-reihe neben denen der a-reihe;
disen wurzeln komt ursprünglich der vocal a zu und das um-
schlagen des selben in die i-vocale ist als etwas später ein
getretenes zu betrachten. Im slawischen zeigt sich der über-
gang der a-vocale in die i-vocale besonders deutlich, indem in
vilen fällen gewissermaßen nur anfänge dises überganges vor
ligen. So ist nicht als umschlagen der a-reihe in die i-reihe zu
betrachten

1. wenn a, wie auch in andern sprachen, zu i geschwächt
wird, z. b. lig-ŭkŭ (levis), vgl. altind. lagh-ús, griech. ἐ-λαχ-ύς,
wurzel ist also lagh, aber im althd. lîh-t, neuhd. leich-t ligt
deutlich ein i-vocal vor; rĭc-i (2. sg. imperativi) neben rek-ą (1.
sg. praes.) wurz. rek (dicere), vgl. loq-uor, ἔ-λαϰ-ον grundf.
der wurzel also rak u. a. dergl.

2. Ebenfals nicht als eigentliches überschlagen des a nach
i hin ist zu betrachten das auftreten von ě in wurzeln mit dem
wurzelvocale a, da, wo diß ě nur als die junge denung von e

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[100/0114] Altbulg. U-reihe. 1 stg. u, ov. 2. stg. av. Misch. d. a- u. i-reihe. zur sprache kommen (§. 84, 2; §. 88, 3, anm.; §. 87, 7 und §. 85, 2). Erste steigerung. Vor consonanten ist u = urspr. au, z. b. bud-itĭ (3. sg. praes., expergefacere) genau entsprechend dem altind. verbum causativum bôdhájati urspr. baudhajati, vgl. bŭd- ěti; slu-ti (inf., audire), vgl. sly-šati; plu-ti (navigare), vgl. böhm. ply-nouti; slu, plu haben beide die diser praesensbildung zu kommende steigerung, vgl. πλέϝ-ω, lat. flov-o und im slawischen selbst die auflösung des u vor vocalen in ov, z. b. slov-ą grundf. krav-âmi (1. sing. praes.) neben slu-ti, slov-o (verbum) stamm sloves grundf. kravas, griech. ϰλέϝος, altind. çráv-as; plov-ą (1. sg. praes.) neben plu-ti grundf. plav-âmi, vgl. ϰλέϝ-ω, altind. pláv-ê u. a. Vor vocalen ist av deutlich als zweite steigerung er- kenbar, z. b. slav-a, böhm. sláva (gloria) wurz. slu urspr. kru (audire), vgl. slov-o (verbum); plav-ati (navigare) von plu-ti, plov-ą (navigare, navigo) u. a. Mischung der a und i-reihe. In den drei nordöstli- chen sprachfamilien des indogermanischen finden sich in man- chen wurzeln die vocale der i-reihe neben denen der a-reihe; disen wurzeln komt ursprünglich der vocal a zu und das um- schlagen des selben in die i-vocale ist als etwas später ein getretenes zu betrachten. Im slawischen zeigt sich der über- gang der a-vocale in die i-vocale besonders deutlich, indem in vilen fällen gewissermaßen nur anfänge dises überganges vor ligen. So ist nicht als umschlagen der a-reihe in die i-reihe zu betrachten 1. wenn a, wie auch in andern sprachen, zu i geschwächt wird, z. b. lig-ŭkŭ (levis), vgl. altind. lagh-ús, griech. ἐ-λαχ-ύς, wurzel ist also lagh, aber im althd. lîh-t, neuhd. leich-t ligt deutlich ein i-vocal vor; rĭc-i (2. sg. imperativi) neben rek-ą (1. sg. praes.) wurz. rek (dicere), vgl. loq-uor, ἔ-λαϰ-ον grundf. der wurzel also rak u. a. dergl. 2. Ebenfals nicht als eigentliches überschlagen des a nach i hin ist zu betrachten das auftreten von ě in wurzeln mit dem wurzelvocale a, da, wo diß ě nur als die junge denung von e

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/114>, abgerufen am 26.04.2024.