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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.

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Lateinisch. Vocale. A-reihe. Schwund.
mung des lateinischen in den vocalreihen mit dem griechischen,
dürfen wir wol auch im latein o als vocal der zweiten steige-
rung betrachten.

Die i und u-reihen waren in der ältesten sprache den grie-
chischen völlig gleich, namentlich auch in der besonderheit des
ai und au neben ei und eu. In der u-reihe trat jedoch an
die stelle der ersten steigerung durchauß die zweite (wie im
griechischen das um gekerte statt fand), weil e vor u (v) nach
lateinischem lautgesetze (s. u. §. 48) in o über geht. Die spä-
tere sprache hat aber von den alten diphthongen nur au be-
wart; doch zeigt auch dises bekantlich vilfach die neigung sich
in einen einfachen laut zu wandeln.

Vocalreihen des lateins (nur altlateinische laute sind durch
die schrift unterschiden):

schwächunggrundvoc.1. steig.2. steig.
1. a-reihe schwund; i, ue, o, ao, e, ao
2. i-reiheiei ei e, ai aeoi oe au
3. u-reiheueu au oou au

eu ist im classischen latein nicht mehr als steigerungslaut
vorhanden sondern in ou, d. i. au gewandelt.

Die übergänge der diphthonge in monophthonge ist phy-
siologisch leicht zu erklären (assimilation beider laute an ein-
ander wie ei zu e, ai zu ae, oi zu oe, au zu o, oder eines
an den andern wie ei zu ei, ou zu au) nur der übergang von
oi, oe zu au ist ein eigentümlicher, physiologisch mir nicht
deutbarer.

Beispile.
1. a-reihe.

Schwächung. Schwund des wurzelhaften a, z. b. sum,§. 47.
sumus, sunt, siem u. a. für *e-sum, grundf. as-mi, *e-sumus,
grundf. as-masi, *es-unt, grundf. as-anti, *es-iem, grundf. as-jam
(vgl. d. griech.); besonders häufig tritt diser schwund im zwei-
ten glide von zusammensetzungen ein, wie malo auß *mavlo
und diß auß *mage-vol-o (magis volo) und änliches (s. u. die
lautgesetze §. 56); -br-um auß *ber-um wurz. ber urspr. bhar

Lateinisch. Vocale. A-reihe. Schwund.
mung des lateinischen in den vocalreihen mit dem griechischen,
dürfen wir wol auch im latein ô als vocal der zweiten steige-
rung betrachten.

Die i und u-reihen waren in der ältesten sprache den grie-
chischen völlig gleich, namentlich auch in der besonderheit des
ai und au neben ei und eu. In der u-reihe trat jedoch an
die stelle der ersten steigerung durchauß die zweite (wie im
griechischen das um gekerte statt fand), weil e vor u (v) nach
lateinischem lautgesetze (s. u. §. 48) in o über geht. Die spä-
tere sprache hat aber von den alten diphthongen nur au be-
wart; doch zeigt auch dises bekantlich vilfach die neigung sich
in einen einfachen laut zu wandeln.

Vocalreihen des lateins (nur altlateinische laute sind durch
die schrift unterschiden):

schwächunggrundvoc.1. steig.2. steig.
1. a-reihe schwund; i, ue, o, ao, ê, âô
2. i-reiheiei î ê, ai aeoi oe û
3. u-reiheueu au ôou û

eu ist im classischen latein nicht mehr als steigerungslaut
vorhanden sondern in ou, d. i. û gewandelt.

Die übergänge der diphthonge in monophthonge ist phy-
siologisch leicht zu erklären (assimilation beider laute an ein-
ander wie ei zu ê, ai zu ae, oi zu oe, au zu ô, oder eines
an den andern wie ei zu î, ou zu û) nur der übergang von
oi, oe zu û ist ein eigentümlicher, physiologisch mir nicht
deutbarer.

Beispile.
1. a-reihe.

Schwächung. Schwund des wurzelhaften a, z. b. sum,§. 47.
sumus, sunt, siêm u. a. für *e-sum, grundf. as-mi, *e-sumus,
grundf. as-masi, *es-unt, grundf. as-anti, *es-iêm, grundf. as-jâm
(vgl. d. griech.); besonders häufig tritt diser schwund im zwei-
ten glide von zusammensetzungen ein, wie malo auß *mavlo
und diß auß *mage-vol-o (magis volo) und änliches (s. u. die
lautgesetze §. 56); -br-um auß *ber-um wurz. ber urspr. bhar

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[63/0077] Lateinisch. Vocale. A-reihe. Schwund. mung des lateinischen in den vocalreihen mit dem griechischen, dürfen wir wol auch im latein ô als vocal der zweiten steige- rung betrachten. Die i und u-reihen waren in der ältesten sprache den grie- chischen völlig gleich, namentlich auch in der besonderheit des ai und au neben ei und eu. In der u-reihe trat jedoch an die stelle der ersten steigerung durchauß die zweite (wie im griechischen das um gekerte statt fand), weil e vor u (v) nach lateinischem lautgesetze (s. u. §. 48) in o über geht. Die spä- tere sprache hat aber von den alten diphthongen nur au be- wart; doch zeigt auch dises bekantlich vilfach die neigung sich in einen einfachen laut zu wandeln. Vocalreihen des lateins (nur altlateinische laute sind durch die schrift unterschiden): schwächung grundvoc. 1. steig. 2. steig. 1. a-reihe schwund; i, u e, o, a o, ê, â ô 2. i-reihe i ei î ê, ai ae oi oe û 3. u-reihe u eu au ô ou û eu ist im classischen latein nicht mehr als steigerungslaut vorhanden sondern in ou, d. i. û gewandelt. Die übergänge der diphthonge in monophthonge ist phy- siologisch leicht zu erklären (assimilation beider laute an ein- ander wie ei zu ê, ai zu ae, oi zu oe, au zu ô, oder eines an den andern wie ei zu î, ou zu û) nur der übergang von oi, oe zu û ist ein eigentümlicher, physiologisch mir nicht deutbarer. Beispile. 1. a-reihe. Schwächung. Schwund des wurzelhaften a, z. b. sum, sumus, sunt, siêm u. a. für *e-sum, grundf. as-mi, *e-sumus, grundf. as-masi, *es-unt, grundf. as-anti, *es-iêm, grundf. as-jâm (vgl. d. griech.); besonders häufig tritt diser schwund im zwei- ten glide von zusammensetzungen ein, wie malo auß *mavlo und diß auß *mage-vol-o (magis volo) und änliches (s. u. die lautgesetze §. 56); -br-um auß *ber-um wurz. ber urspr. bhar §. 47.

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/77>, abgerufen am 28.03.2024.