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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

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Grundzalen, 1000.
§. 240.für *quinc-cento mit erweichung von c zu g nach n, wie bei
400, 700, 800, 900 (vgl. -ginta); 600. sex-cento; 900. non-gento,
vom stamme der ordinalzal nono; 400. quadrin-gento; 700.
septin-gento; 800. octin-gento zeigen eine analogie, die villeicht
von septin-genti iren außgang genomen hat; septin, grundform
saptan, auch octin entspricht der grundf. aktan, vgl. altindisch
astan, und so ist auch ein quadrin von dem auß quatuor ver-
kürzten quadro (vgl. quadra-ginta) entstanden.

Altirisch, altbulgarisch, litauisch und gotisch bil-
den keine zusammen gesezten formen. Leztere sprache rükt
jedoch die beiden worte an einander, z. b. 200. tva-hunda, dat.
tvaim-hundam; 300. thrija-hunda; 500. fimf-hunda, dat. fimf-
hundam;
900. niun-hunda.

1000. Ein wort, 1000 auß drückend, scheint in der in-
dogermanischen ursprache
gefelt zu haben.

Die beiden arischen sprachen haben ein gemeinsames wort,
nämlich altind. sahasra msc. ntr., altbaktr. hazanhra.

Griechisch. khilio, Hom. in zusammensetz. khilo, boeot.
kheilio, lesb. khellio, dor. khelio, was auf eine grundform *kheljo,
d. i. gharja, fürt; dunkler abstammung.

Lateinisch. Stamm mili, milli ntr. dunkel. Das altiri-
sche
bedient sich des lateinischen wortes.

Die nördlichen europäischen sprachen stimmen in der be-
zeichnung für 1000 zusammen, wenn die formen der einzelnen
sprachen auch so verändert sind, daß sich die grundform nicht
erschließen läßt; altbulg. tysasta, tysesta, stamm also tusantja;
litauisch, stamm tukstanti, jezt tukstantja, nom. sg. tukstanti-s
(masc.); gotisch, stamm thusundja, nom. sg. thusundi (femin.,
selten neutr.). Slawisch und gotisch stimmen genau zusammen.

Es drängt sich die vermutung auf, daß in disem worte
10 x 100 enthalten sei; in dem anlautenden tu, lit. tuk, scheint
ein corrumpiertes daka zu stecken, der außlaut santi, santja
ist villeicht als verdrehung von kanti, kantja zu faßen, so
daß ein *daka-kant-i, *daka-kant-ja als grundform vorauß zu
setzen wäre. Daß hier arg entstelte formen vor ligen, scheint
die unregelmäßige aber doch sichere entsprechung der litaui-

Grundzalen, 1000.
§. 240.für *quinc-cento mit erweichung von c zu g nach n, wie bei
400, 700, 800, 900 (vgl. -ginta); 600. sex-cento; 900. non-gento,
vom stamme der ordinalzal nono; 400. quadrin-gento; 700.
septin-gento; 800. octin-gento zeigen eine analogie, die villeicht
von septin-genti iren außgang genomen hat; septin, grundform
saptan, auch octin entspricht der grundf. aktan, vgl. altindisch
aśt́an, und so ist auch ein quadrin von dem auß quatuor ver-
kürzten quadro (vgl. quadra-ginta) entstanden.

Altirisch, altbulgarisch, litauisch und gotisch bil-
den keine zusammen gesezten formen. Leztere sprache rükt
jedoch die beiden worte an einander, z. b. 200. tva-hunda, dat.
tvaim-hundam; 300. thrija-hunda; 500. fimf-hunda, dat. fimf-
hundam;
900. niun-hunda.

1000. Ein wort, 1000 auß drückend, scheint in der in-
dogermanischen ursprache
gefelt zu haben.

Die beiden arischen sprachen haben ein gemeinsames wort,
nämlich altind. sahásra msc. ntr., altbaktr. hazaṅhra.

Griechisch. χίλιο, Hom. in zusammensetz. χῑλο, boeot.
χειλίο, lesb. χέλλιο, dor. χηλίο, was auf eine grundform *χελϳο,
d. i. gharja, fürt; dunkler abstammung.

Lateinisch. Stamm mīli, milli ntr. dunkel. Das altiri-
sche
bedient sich des lateinischen wortes.

Die nördlichen europäischen sprachen stimmen in der be-
zeichnung für 1000 zusammen, wenn die formen der einzelnen
sprachen auch so verändert sind, daß sich die grundform nicht
erschließen läßt; altbulg. tysąšta, tysęšta, stamm also tusantja;
litauisch, stamm túkstanti, jezt túkstantja, nom. sg. túkstanti-s
(masc.); gotisch, stamm thusundja, nom. sg. thusundi (femin.,
selten neutr.). Slawisch und gotisch stimmen genau zusammen.

Es drängt sich die vermutung auf, daß in disem worte
10 × 100 enthalten sei; in dem anlautenden tu, lit. tuk, scheint
ein corrumpiertes daka zu stecken, der außlaut santi, santja
ist villeicht als verdrehung von kanti, kantja zu faßen, so
daß ein *daka-kant-i, *daka-kant-ja als grundform vorauß zu
setzen wäre. Daß hier arg entstelte formen vor ligen, scheint
die unregelmäßige aber doch sichere entsprechung der litaui-

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[406/0132] Grundzalen, 1000. für *quinc-cento mit erweichung von c zu g nach n, wie bei 400, 700, 800, 900 (vgl. -ginta); 600. sex-cento; 900. non-gento, vom stamme der ordinalzal nono; 400. quadrin-gento; 700. septin-gento; 800. octin-gento zeigen eine analogie, die villeicht von septin-genti iren außgang genomen hat; septin, grundform saptan, auch octin entspricht der grundf. aktan, vgl. altindisch aśt́an, und so ist auch ein quadrin von dem auß quatuor ver- kürzten quadro (vgl. quadra-ginta) entstanden. §. 240. Altirisch, altbulgarisch, litauisch und gotisch bil- den keine zusammen gesezten formen. Leztere sprache rükt jedoch die beiden worte an einander, z. b. 200. tva-hunda, dat. tvaim-hundam; 300. thrija-hunda; 500. fimf-hunda, dat. fimf- hundam; 900. niun-hunda. 1000. Ein wort, 1000 auß drückend, scheint in der in- dogermanischen ursprache gefelt zu haben. Die beiden arischen sprachen haben ein gemeinsames wort, nämlich altind. sahásra msc. ntr., altbaktr. hazaṅhra. Griechisch. χίλιο, Hom. in zusammensetz. χῑλο, boeot. χειλίο, lesb. χέλλιο, dor. χηλίο, was auf eine grundform *χελϳο, d. i. gharja, fürt; dunkler abstammung. Lateinisch. Stamm mīli, milli ntr. dunkel. Das altiri- sche bedient sich des lateinischen wortes. Die nördlichen europäischen sprachen stimmen in der be- zeichnung für 1000 zusammen, wenn die formen der einzelnen sprachen auch so verändert sind, daß sich die grundform nicht erschließen läßt; altbulg. tysąšta, tysęšta, stamm also tusantja; litauisch, stamm túkstanti, jezt túkstantja, nom. sg. túkstanti-s (masc.); gotisch, stamm thusundja, nom. sg. thusundi (femin., selten neutr.). Slawisch und gotisch stimmen genau zusammen. Es drängt sich die vermutung auf, daß in disem worte 10 × 100 enthalten sei; in dem anlautenden tu, lit. tuk, scheint ein corrumpiertes daka zu stecken, der außlaut santi, santja ist villeicht als verdrehung von kanti, kantja zu faßen, so daß ein *daka-kant-i, *daka-kant-ja als grundform vorauß zu setzen wäre. Daß hier arg entstelte formen vor ligen, scheint die unregelmäßige aber doch sichere entsprechung der litaui-

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/132>, abgerufen am 20.04.2024.