Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

Genusbezeichnung.
nusunterschid, wärend vile sprachen das genus am nomen gar§. 244.
nicht unterscheiden, andere (z. b. die den südafrikanischen oder
congo-caffrischen sprachstamm bildenden sprachen, auch Bantu-
sprachen genant) zalreichere unserem genus entsprechende un-
terschide kennen.

Ein besonderes lautliches element zur bezeichnung des ge-
nus hat das indogermanische nicht, und es ist deutlich war zu
nemen, daß in einer älteren sprachepoche der indogermanischen
ursprache das genus one bezeichnung war und erst im laufe
der zeit durch secundäre hilfsmittel die genera am nomen ge-
sondert wurden.

1. Das genus ist durch gar nichts lautlich bezeichnet in
fast allen casus der consonantischen stämme und der stämme
auf diphthonge und ferner der stämme auf i und u. Bei
den stämmen auf a tritt im femininum in fast allen casus die
steigerung dises a zu a ein (sie tritt nicht ein im instr. sin-
gular I, wie altindisch und altbaktrisch nava-j-a, slaw. novo-ja
beweist; hier ist nava der selbe stamm wie im masc. und neutr.
und im veda ist dise form des instr. sing. auch noch nicht auf
das femininum beschränkt), welche im masculinum und neutrum
nur in wenigen casus (im ablat. sing. masc. neutr. fem. nava-t,
nom. plur. msc. fem. nava-sas) statt findet, so daß sich hier
die meisten casus im femininum von denen des masculinum
und neutrum ab setzen. Indessen beweist schon der umstand,
daß die steigerung des stammaußlautes a dem msc. und neutr.
keineswegs völlig fremd ist, daß sie nichts dem femininum
außschließlich zu kommendes ist und daß man eigentlich von
weibl. stämmen auf a nicht reden dürfe. Ferner werden in ei-
nigen sprachen die formen der a-stämme mit gesteigertem stamm-
außlaute auch als masculina gebraucht, z. b. latein. ad-vena,
terri-gena, col-lega;
griech. polite-s, krite-s, paido-tribe-s;
slaw. vladyka (dominus); altlitauisch gera-deja (beneficus) u. s. f.;
a-stämme mit nicht gesteigertem stammaußlaute gelten auch
als feminina, z. b. griech. odo-s, grundform sada-s; ippo-s,
grundform akva-s u. s. f., so daß auch diser unterschid durch-
auß kein durch greifender ist und seine ursprüngliche verwen-

Genusbezeichnung.
nusunterschid, wärend vile sprachen das genus am nomen gar§. 244.
nicht unterscheiden, andere (z. b. die den südafrikanischen oder
congo-caffrischen sprachstamm bildenden sprachen, auch Bantu-
sprachen genant) zalreichere unserem genus entsprechende un-
terschide kennen.

Ein besonderes lautliches element zur bezeichnung des ge-
nus hat das indogermanische nicht, und es ist deutlich war zu
nemen, daß in einer älteren sprachepoche der indogermanischen
ursprache das genus one bezeichnung war und erst im laufe
der zeit durch secundäre hilfsmittel die genera am nomen ge-
sondert wurden.

1. Das genus ist durch gar nichts lautlich bezeichnet in
fast allen casus der consonantischen stämme und der stämme
auf diphthonge und ferner der stämme auf i und u. Bei
den stämmen auf a tritt im femininum in fast allen casus die
steigerung dises a zu â ein (sie tritt nicht ein im instr. sin-
gular I, wie altindisch und altbaktrisch nava-j-â, slaw. novo-ją
beweist; hier ist nava der selbe stamm wie im masc. und neutr.
und im vêda ist dise form des instr. sing. auch noch nicht auf
das femininum beschränkt), welche im masculinum und neutrum
nur in wenigen casus (im ablat. sing. masc. neutr. fem. navâ-t,
nom. plur. msc. fem. navâ-sas) statt findet, so daß sich hier
die meisten casus im femininum von denen des masculinum
und neutrum ab setzen. Indessen beweist schon der umstand,
daß die steigerung des stammaußlautes a dem msc. und neutr.
keineswegs völlig fremd ist, daß sie nichts dem femininum
außschließlich zu kommendes ist und daß man eigentlich von
weibl. stämmen auf â nicht reden dürfe. Ferner werden in ei-
nigen sprachen die formen der a-stämme mit gesteigertem stamm-
außlaute auch als masculina gebraucht, z. b. latein. ad-vena,
terri-gena, col-lega;
griech. πολίτη-ς, ϰριτή-ς, παιδο-τρίβη-ς;
slaw. vladyka (dominus); altlitauisch gera-dėja (beneficus) u. s. f.;
a-stämme mit nicht gesteigertem stammaußlaute gelten auch
als feminina, z. b. griech. ὁδό-ς, grundform sada-s; ἵππο-ς,
grundform akva-s u. s. f., so daß auch diser unterschid durch-
auß kein durch greifender ist und seine ursprüngliche verwen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0143" n="417"/><fw place="top" type="header">Genusbezeichnung.</fw><lb/>
nusunterschid, wärend vile sprachen das genus am nomen gar<note place="right">§. 244.</note><lb/>
nicht unterscheiden, andere (z. b. die den südafrikanischen oder<lb/>
congo-caffrischen sprachstamm bildenden sprachen, auch Bantu-<lb/>
sprachen genant) zalreichere unserem genus entsprechende un-<lb/>
terschide kennen.</p><lb/>
              <p>Ein besonderes lautliches element zur bezeichnung des ge-<lb/>
nus hat das indogermanische nicht, und es ist deutlich war zu<lb/>
nemen, daß in einer älteren sprachepoche der indogermanischen<lb/>
ursprache das genus one bezeichnung war und erst im laufe<lb/>
der zeit durch secundäre hilfsmittel die genera am nomen ge-<lb/>
sondert wurden.</p><lb/>
              <p>1. Das genus ist durch gar nichts lautlich bezeichnet in<lb/>
fast allen casus der consonantischen stämme und der stämme<lb/>
auf diphthonge und ferner der stämme auf <hi rendition="#i">i</hi> und <hi rendition="#i">u</hi>. Bei<lb/>
den stämmen auf <hi rendition="#i">a</hi> tritt im femininum in fast allen casus die<lb/>
steigerung dises <hi rendition="#i">a</hi> zu <hi rendition="#i">â</hi> ein (sie tritt nicht ein im instr. sin-<lb/>
gular I, wie altindisch und altbaktrisch <hi rendition="#i">nava-j-â,</hi> slaw. <hi rendition="#i">novo-j&#x0105;</hi><lb/>
beweist; hier ist <hi rendition="#i">nava</hi> der selbe stamm wie im masc. und neutr.<lb/>
und im vêda ist dise form des instr. sing. auch noch nicht auf<lb/>
das femininum beschränkt), welche im masculinum und neutrum<lb/>
nur in wenigen casus (im ablat. sing. masc. neutr. fem. <hi rendition="#i">navâ-t,</hi><lb/>
nom. plur. msc. fem. <hi rendition="#i">navâ-sas</hi>) statt findet, so daß sich hier<lb/>
die meisten casus im femininum von denen des masculinum<lb/>
und neutrum ab setzen. Indessen beweist schon der umstand,<lb/>
daß die steigerung des stammaußlautes <hi rendition="#i">a</hi> dem msc. und neutr.<lb/>
keineswegs völlig fremd ist, daß sie nichts dem femininum<lb/>
außschließlich zu kommendes ist und daß man eigentlich von<lb/>
weibl. stämmen auf <hi rendition="#i">â</hi> nicht reden dürfe. Ferner werden in ei-<lb/>
nigen sprachen die formen der <hi rendition="#i">a</hi>-stämme mit gesteigertem stamm-<lb/>
außlaute auch als masculina gebraucht, z. b. latein. <hi rendition="#i">ad-vena,<lb/>
terri-gena, col-lega;</hi> griech. <hi rendition="#i">&#x03C0;&#x03BF;&#x03BB;&#x03AF;&#x03C4;&#x03B7;-&#x03C2;</hi>, <hi rendition="#i">&#x03F0;&#x03C1;&#x03B9;&#x03C4;&#x03AE;-&#x03C2;</hi>, <hi rendition="#i">&#x03C0;&#x03B1;&#x03B9;&#x03B4;&#x03BF;-&#x03C4;&#x03C1;&#x03AF;&#x03B2;&#x03B7;-&#x03C2;;</hi><lb/>
slaw. <hi rendition="#i">vladyka</hi> (dominus); altlitauisch <hi rendition="#i">gera-d&#x0117;ja</hi> (beneficus) u. s. f.;<lb/><hi rendition="#i">a</hi>-stämme mit nicht gesteigertem stammaußlaute gelten auch<lb/>
als feminina, z. b. griech. <hi rendition="#i">&#x1F41;&#x03B4;&#x1F79;-&#x03C2;</hi>, grundform <hi rendition="#i">sada-s; &#x1F35;&#x03C0;&#x03C0;&#x03BF;-&#x03C2;</hi>,<lb/>
grundform <hi rendition="#i">akva-s</hi> u. s. f., so daß auch diser unterschid durch-<lb/>
auß kein durch greifender ist und seine ursprüngliche verwen-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[417/0143] Genusbezeichnung. nusunterschid, wärend vile sprachen das genus am nomen gar nicht unterscheiden, andere (z. b. die den südafrikanischen oder congo-caffrischen sprachstamm bildenden sprachen, auch Bantu- sprachen genant) zalreichere unserem genus entsprechende un- terschide kennen. §. 244. Ein besonderes lautliches element zur bezeichnung des ge- nus hat das indogermanische nicht, und es ist deutlich war zu nemen, daß in einer älteren sprachepoche der indogermanischen ursprache das genus one bezeichnung war und erst im laufe der zeit durch secundäre hilfsmittel die genera am nomen ge- sondert wurden. 1. Das genus ist durch gar nichts lautlich bezeichnet in fast allen casus der consonantischen stämme und der stämme auf diphthonge und ferner der stämme auf i und u. Bei den stämmen auf a tritt im femininum in fast allen casus die steigerung dises a zu â ein (sie tritt nicht ein im instr. sin- gular I, wie altindisch und altbaktrisch nava-j-â, slaw. novo-ją beweist; hier ist nava der selbe stamm wie im masc. und neutr. und im vêda ist dise form des instr. sing. auch noch nicht auf das femininum beschränkt), welche im masculinum und neutrum nur in wenigen casus (im ablat. sing. masc. neutr. fem. navâ-t, nom. plur. msc. fem. navâ-sas) statt findet, so daß sich hier die meisten casus im femininum von denen des masculinum und neutrum ab setzen. Indessen beweist schon der umstand, daß die steigerung des stammaußlautes a dem msc. und neutr. keineswegs völlig fremd ist, daß sie nichts dem femininum außschließlich zu kommendes ist und daß man eigentlich von weibl. stämmen auf â nicht reden dürfe. Ferner werden in ei- nigen sprachen die formen der a-stämme mit gesteigertem stamm- außlaute auch als masculina gebraucht, z. b. latein. ad-vena, terri-gena, col-lega; griech. πολίτη-ς, ϰριτή-ς, παιδο-τρίβη-ς; slaw. vladyka (dominus); altlitauisch gera-dėja (beneficus) u. s. f.; a-stämme mit nicht gesteigertem stammaußlaute gelten auch als feminina, z. b. griech. ὁδό-ς, grundform sada-s; ἵππο-ς, grundform akva-s u. s. f., so daß auch diser unterschid durch- auß kein durch greifender ist und seine ursprüngliche verwen-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/143
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/143>, abgerufen am 26.04.2024.