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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

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Einfacher aorist. Latein., Altbulg.
§. 292.
Anm. In folge der bildung des praesensstammes auß der wurzel
mit oder one außlaut a (one anderweitige zusätze) fallen e-phe-n,
e-lego-n, e-grapho-n u. a. zu praes. phe-mi, lego, grapho mit
dem imperfectum zusammen.

Lateinisch. G. Curtius (vor dem Kieler lectionscata-
log 1857-58), weist mit höchster warscheinlichkeit nach, daß
einfache aoriste in formen der älteren latinität vor ligen, z. b.
indicativ tago, tagit, conjunctiv at-tigas, tagam, von wurz. tag
(das praesens tango hat nasalierte wurzel); eben so pagunt
(vgl. d. praes. pango), wurzel pag; med. genitur, wurzel gen
(praesens redupliciert gigno auß *gigeno); attulat, von dem
im praes. nicht bräuchlichen stamme tul; eben so fu-a-m, fu-a-s,
fu-a-t, fu-a-nt,
grundf. bhuv-a-m u. s. f., wurzel fu, die im
lateinischen im praesens nicht bräuchlich ist. Vgl. auch die par-
ticipien, praes. pariens (praesensstamm mit j gebildet s. u.)
e tiktousa, aber parens, parentes aorist, one j, e tekousa,
oi tekontes.

Da dem lateinischen das augment und die secundären endun-
gen, von den primären geschiden, mangeln, so konten aoristfor-
men nur da gebildet werden, wo entweder das praesens einen
von der wurzelform ab weichenden stamm hat, oder wo ein
verbalstamm im praesens nicht gebraucht wird.

Altir. nicht nachweisbar.

Anm. Formen, wie cluinethar (audivit), cluinetar (audiverunt) von
der secundaren wurzel clun, als aoriste zu faßen, erscheint we-
gen der späten entstehung diser wurzel untunlich, vilmer dürfte
hier die reduplication geschwunden und die form als perfectum
zu faßen sein s. o. pg. 564.

Altbulg. Nur aoriststämme auf a finden sich, auch ist dise
bildung nur der ältesten sprache eigen; in der 2. 3. singul.
muß jedoch den lautgesetzen zu folge der zusammen gesezte
aorist, der hier auf -s-s, -s-t auß lauten solte, dise consonan-
ten verlieren, und fält so in der form meist mit dem einfachen
aorist zusammen, der in disen personen nur die personalendung
-s, -t, zu verlieren hatte. Das augment felt im slawischen,
wie in den nordischen sprachen überhaupt. Durch die secun-

Einfacher aorist. Latein., Altbulg.
§. 292.
Anm. In folge der bildung des praesensstammes auß der wurzel
mit oder one außlaut a (one anderweitige zusätze) fallen ἔ-φη-ν,
ἔ-λεγο-ν, ἔ-γραφο-ν u. a. zu praes. φη-μί, λέγω, γράφω mit
dem imperfectum zusammen.

Lateinisch. G. Curtius (vor dem Kieler lectionscata-
log 1857-58), weist mit höchster warscheinlichkeit nach, daß
einfache aoriste in formen der älteren latinität vor ligen, z. b.
indicativ tago, tagit, conjunctiv at-tigas, tagam, von wurz. tag
(das praesens tango hat nasalierte wurzel); eben so pagunt
(vgl. d. praes. pango), wurzel pag; med. genitur, wurzel gen
(praesens redupliciert gigno auß *gigeno); attulat, von dem
im praes. nicht bräuchlichen stamme tul; eben so fu-a-m, fu-a-s,
fu-a-t, fu-a-nt,
grundf. bhuv-â-m u. s. f., wurzel fu, die im
lateinischen im praesens nicht bräuchlich ist. Vgl. auch die par-
ticipien, praes. pariens (praesensstamm mit j gebildet s. u.)
ἡ τίϰτουσα, aber parens, parentes aorist, one j, ἡ τεϰοῦσα,
οἱ τεϰόντες.

Da dem lateinischen das augment und die secundären endun-
gen, von den primären geschiden, mangeln, so konten aoristfor-
men nur da gebildet werden, wo entweder das praesens einen
von der wurzelform ab weichenden stamm hat, oder wo ein
verbalstamm im praesens nicht gebraucht wird.

Altir. nicht nachweisbar.

Anm. Formen, wie cluinethar (audivit), cluinetar (audiverunt) von
der secundaren wurzel clun, als aoriste zu faßen, erscheint we-
gen der späten entstehung diser wurzel untunlich, vilmer dürfte
hier die reduplication geschwunden und die form als perfectum
zu faßen sein s. o. pg. 564.

Altbulg. Nur aoriststämme auf a finden sich, auch ist dise
bildung nur der ältesten sprache eigen; in der 2. 3. singul.
muß jedoch den lautgesetzen zu folge der zusammen gesezte
aorist, der hier auf -s-s, -s-t auß lauten solte, dise consonan-
ten verlieren, und fält so in der form meist mit dem einfachen
aorist zusammen, der in disen personen nur die personalendung
-s, -t, zu verlieren hatte. Das augment felt im slawischen,
wie in den nordischen sprachen überhaupt. Durch die secun-

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[572/0298] Einfacher aorist. Latein., Altbulg. Anm. In folge der bildung des praesensstammes auß der wurzel mit oder one außlaut a (one anderweitige zusätze) fallen ἔ-φη-ν, ἔ-λεγο-ν, ἔ-γραφο-ν u. a. zu praes. φη-μί, λέγω, γράφω mit dem imperfectum zusammen. Lateinisch. G. Curtius (vor dem Kieler lectionscata- log 1857-58), weist mit höchster warscheinlichkeit nach, daß einfache aoriste in formen der älteren latinität vor ligen, z. b. indicativ tago, tagit, conjunctiv at-tigas, tagam, von wurz. tag (das praesens tango hat nasalierte wurzel); eben so pagunt (vgl. d. praes. pango), wurzel pag; med. genitur, wurzel gen (praesens redupliciert gigno auß *gigeno); attulat, von dem im praes. nicht bräuchlichen stamme tul; eben so fu-a-m, fu-a-s, fu-a-t, fu-a-nt, grundf. bhuv-â-m u. s. f., wurzel fu, die im lateinischen im praesens nicht bräuchlich ist. Vgl. auch die par- ticipien, praes. pariens (praesensstamm mit j gebildet s. u.) ἡ τίϰτουσα, aber parens, parentes aorist, one j, ἡ τεϰοῦσα, οἱ τεϰόντες. Da dem lateinischen das augment und die secundären endun- gen, von den primären geschiden, mangeln, so konten aoristfor- men nur da gebildet werden, wo entweder das praesens einen von der wurzelform ab weichenden stamm hat, oder wo ein verbalstamm im praesens nicht gebraucht wird. Altir. nicht nachweisbar. Anm. Formen, wie cluinethar (audivit), cluinetar (audiverunt) von der secundaren wurzel clun, als aoriste zu faßen, erscheint we- gen der späten entstehung diser wurzel untunlich, vilmer dürfte hier die reduplication geschwunden und die form als perfectum zu faßen sein s. o. pg. 564. Altbulg. Nur aoriststämme auf a finden sich, auch ist dise bildung nur der ältesten sprache eigen; in der 2. 3. singul. muß jedoch den lautgesetzen zu folge der zusammen gesezte aorist, der hier auf -s-s, -s-t auß lauten solte, dise consonan- ten verlieren, und fält so in der form meist mit dem einfachen aorist zusammen, der in disen personen nur die personalendung -s, -t, zu verlieren hatte. Das augment felt im slawischen, wie in den nordischen sprachen überhaupt. Durch die secun-

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/298>, abgerufen am 20.04.2024.