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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

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Particpium activi auf ursprüngl. -vant.
suffixa, die auß zwei elementen bestehen, durch eines der§. 216.
beiden elemente ersezt werden können (z. b. das superlativ-
suffix ta-ma durch ta und ma), so erscheint auch hier im li-
tauischen -ans (d. i. urspr. -ant) in der selben function, wie das
-vans, -vant der andern sprachen und im slawischen findet sich
je nach beschaffenheit des stammaußlautes -vans und -ans neben
einander in gleicher function.

Die function des suffixes -vant ist (wie die von -mant) die,
den besitz, das versehen sein mit etwas, auß zu drücken. Das
participium perfecti und das perfectum selbst wird in vilen spra-
chen durch possessive elemente gegeben (z. b. im finnischen,
magyarischen, cassia u. s. f.), wie es ja auch durch das hilfs-
verbum 'haben' umschriben wird. Ein vi-vid-vant, wörtlich
'wißen habend', unterscheidet sich ursprünglich im suffix nicht
von einem arkta-vant 'bären habend'.

Das suffix -vant, das hier primäres suffix ist, findet sich
nämlich auch als secundäres suffix, z. b. altind. acva-vant (equis
praeditus), fem. acva-vatei, d. i. -vatja (§. 15, c) mit verlust des
n, wie in änlichen fällen, vasu-vant (divitiis praeditus), veira-
vant
(heroe praeditus). In gleicher function gilt das verwante
suffix -mant, z. b. altind. agni-mant (igne praeditus).

Das suffix -vant dient im altindischen namentlich auch dazu,
dem part. praet. active function zu verleihen, z. b. krta von
wurzel kar (facere), bed. factus, aber krta-vant facto praedi-
tus, 'getan habend'; bhagna fractus, wurz. bhag, bhang, aber
bhagna-vant fracto praeditus, 'gebrochen habend' u. s. f.

Griechisch lautet diß -vant -[w]ent (das digamma ist erhal-
ten), fem. -[w]essa, d. i. -[w]etja = altind. -vatei, d. i. -vatja, z. b.
khari-[w]ent, fem. khari-[w]essa.

Im lateinischen ist -vant zu -vans geworden und in die ana-
logie der a-stämme über getreten, so daß hier eine grundform
-vansa an zu nemen ist, auß welcher -vonso, -voso werden muste;
diß -vonso hat jedoch das v durchweg ein gebüßt (schwerlich
lautete hier das suffix -ans, der verlust des v komt in diser
function des suffixes nicht vor, auch zeugt das wolerhaltene

Schleicher, vgl. gramm. d. indog. spr. 21

Particpium activi auf ursprüngl. -vant.
suffixa, die auß zwei elementen bestehen, durch eines der§. 216.
beiden elemente ersezt werden können (z. b. das superlativ-
suffix ta-ma durch ta und ma), so erscheint auch hier im li-
tauischen -ans (d. i. urspr. -ant) in der selben function, wie das
-vans, -vant der andern sprachen und im slawischen findet sich
je nach beschaffenheit des stammaußlautes -vans und -ans neben
einander in gleicher function.

Die function des suffixes -vant ist (wie die von -mant) die,
den besitz, das versehen sein mit etwas, auß zu drücken. Das
participium perfecti und das perfectum selbst wird in vilen spra-
chen durch possessive elemente gegeben (z. b. im finnischen,
magyarischen, cassia u. s. f.), wie es ja auch durch das hilfs-
verbum ‘haben’ umschriben wird. Ein vi-vid-vant, wörtlich
‘wißen habend’, unterscheidet sich ursprünglich im suffix nicht
von einem arkta-vant ‘bären habend’.

Das suffix -vant, das hier primäres suffix ist, findet sich
nämlich auch als secundäres suffix, z. b. altind. áçva-vant (equis
praeditus), fem. áçva-vatî, d. i. -vatjâ (§. 15, c) mit verlust des
n, wie in änlichen fällen, vásu-vant (divitiis praeditus), vîrá-
vant
(heroe praeditus). In gleicher function gilt das verwante
suffix -mant, z. b. altind. agni-mánt (igne praeditus).

Das suffix -vant dient im altindischen namentlich auch dazu,
dem part. praet. active function zu verleihen, z. b. krtá von
wurzel kar (facere), bed. factus, aber krtá-vant facto praedi-
tus, ‘getan habend’; bhagná fractus, wurz. bhaǵ, bhanǵ, aber
bhagná-vant fracto praeditus, ‘gebrochen habend’ u. s. f.

Griechisch lautet diß -vant -[ϝ]εντ (das digamma ist erhal-
ten), fem. -[ϝ]εσσα, d. i. -[ϝ]ετϳα = altind. -vatî, d. i. -vatjâ, z. b.
χαρί-[ϝ]εντ, fem. χαρί-[ϝ]εσσα.

Im lateinischen ist -vant zu -vans geworden und in die ana-
logie der a-stämme über getreten, so daß hier eine grundform
-vansa an zu nemen ist, auß welcher -vonso, -vôso werden muste;
diß -vonso hat jedoch das v durchweg ein gebüßt (schwerlich
lautete hier das suffix -ans, der verlust des v komt in diser
function des suffixes nicht vor, auch zeugt das wolerhaltene

Schleicher, vgl. gramm. d. indog. spr. 21
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[317/0043] Particpium activi auf ursprüngl. -vant. suffixa, die auß zwei elementen bestehen, durch eines der beiden elemente ersezt werden können (z. b. das superlativ- suffix ta-ma durch ta und ma), so erscheint auch hier im li- tauischen -ans (d. i. urspr. -ant) in der selben function, wie das -vans, -vant der andern sprachen und im slawischen findet sich je nach beschaffenheit des stammaußlautes -vans und -ans neben einander in gleicher function. §. 216. Die function des suffixes -vant ist (wie die von -mant) die, den besitz, das versehen sein mit etwas, auß zu drücken. Das participium perfecti und das perfectum selbst wird in vilen spra- chen durch possessive elemente gegeben (z. b. im finnischen, magyarischen, cassia u. s. f.), wie es ja auch durch das hilfs- verbum ‘haben’ umschriben wird. Ein vi-vid-vant, wörtlich ‘wißen habend’, unterscheidet sich ursprünglich im suffix nicht von einem arkta-vant ‘bären habend’. Das suffix -vant, das hier primäres suffix ist, findet sich nämlich auch als secundäres suffix, z. b. altind. áçva-vant (equis praeditus), fem. áçva-vatî, d. i. -vatjâ (§. 15, c) mit verlust des n, wie in änlichen fällen, vásu-vant (divitiis praeditus), vîrá- vant (heroe praeditus). In gleicher function gilt das verwante suffix -mant, z. b. altind. agni-mánt (igne praeditus). Das suffix -vant dient im altindischen namentlich auch dazu, dem part. praet. active function zu verleihen, z. b. krtá von wurzel kar (facere), bed. factus, aber krtá-vant facto praedi- tus, ‘getan habend’; bhagná fractus, wurz. bhaǵ, bhanǵ, aber bhagná-vant fracto praeditus, ‘gebrochen habend’ u. s. f. Griechisch lautet diß -vant -ϝεντ (das digamma ist erhal- ten), fem. -ϝεσσα, d. i. -ϝετϳα = altind. -vatî, d. i. -vatjâ, z. b. χαρί-ϝεντ, fem. χαρί-ϝεσσα. Im lateinischen ist -vant zu -vans geworden und in die ana- logie der a-stämme über getreten, so daß hier eine grundform -vansa an zu nemen ist, auß welcher -vonso, -vôso werden muste; diß -vonso hat jedoch das v durchweg ein gebüßt (schwerlich lautete hier das suffix -ans, der verlust des v komt in diser function des suffixes nicht vor, auch zeugt das wolerhaltene Schleicher, vgl. gramm. d. indog. spr. 21

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/43>, abgerufen am 28.03.2024.