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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

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Mannigfaltigkeit der Pflanzen. -- Selbst im Norden fällt auch dem
Laienauge der größere Reichthum und die kräftigere Entwicklung des
Pflanzenreichs auf thonreichem Basalt- oder Porphyrboden auf und
reiner Quarzsand ist selbst unter der tropischen Sonne eine Wüste,
wenn ihm nicht Wasser und darin fremde Stoffe zugeführt werden.

Vertheilung der Pf[l]anzen auf der Erde ohne
nachweisbare Abhängigkeit von physi-
calischen Bedingungen
.

In den einleitenden Erzählungen zu gegenwärtigem Aufsatze habe
ich schon bemerkt, daß Australien eine sehr gemeine Pflanze, das soge-
nannte Gänseblümchen, mit Europa gemein habe. Dasselbe kleine
Pflänzchen findet sich in Nordasien, in einigen Gegenden Africas
und Südamericas und wo es vorkommt steigt es an den Bergen von
dem Niveau des Meeres bis zur Schneegrenze hinauf. Das kleine
Hexenkraut, die zarte Linnaea, das Bittersüß, der Vogel-
knöterich
, die blaue Gentiane, die Zwergbirke und die kraut-
artige Weide *) und mehrere Andere sind zugleich in Europa und
Nordamerica einheimisch. Der gemeine Braunheil, die Wasser-
linse
und unser Schilf **) wachsen auch in Neuholland. Das Torf-
moos
***) bedeckt so gut die Moore Peru's und Neu-Granada's
als die des Harzes und des Dovrefjeld in Norwegen. Die bräun-
liche Schorfflechte +), welche alle unsere Mauern, Planken und
alten Bäume überzieht, findet sich nicht minder auf den Felsen des
erst 90 Jahre alten Yorullo in Mexico. Das bläuliche Borsten-
gras
++), welches bei uns auf Sandboden das gemeinste Garten-
und Ackerunkraut ist, wächst ebenso im Innern Brasiliens auf passen-
dem Boden. Eine characteristische Pflanze unsers Strandes und der
Umgebung der Salzquellen, die Ruppia +++), wächst zugleich an der

*) Circaea alpina, Linnaea borealis, Solanum dulcamara, Polygonum avi
culare, Gentiana Pneumonanthe, Betula nana, Salix herbacea.
**) Prunella vulgaris, Lemna minor, Phragmites communis.
***) Sphagnum palustre.
+) Parmelia subfusca.
++) Setaria glauca.
+++) Ruppia maritima.

Mannigfaltigkeit der Pflanzen. — Selbſt im Norden fällt auch dem
Laienauge der größere Reichthum und die kräftigere Entwicklung des
Pflanzenreichs auf thonreichem Baſalt- oder Porphyrboden auf und
reiner Quarzſand iſt ſelbſt unter der tropiſchen Sonne eine Wüſte,
wenn ihm nicht Waſſer und darin fremde Stoffe zugeführt werden.

Vertheilung der Pf[l]anzen auf der Erde ohne
nachweisbare Abhängigkeit von phyſi-
caliſchen Bedingungen
.

In den einleitenden Erzählungen zu gegenwärtigem Aufſatze habe
ich ſchon bemerkt, daß Auſtralien eine ſehr gemeine Pflanze, das ſoge-
nannte Gänſeblümchen, mit Europa gemein habe. Daſſelbe kleine
Pflänzchen findet ſich in Nordaſien, in einigen Gegenden Africas
und Südamericas und wo es vorkommt ſteigt es an den Bergen von
dem Niveau des Meeres bis zur Schneegrenze hinauf. Das kleine
Hexenkraut, die zarte Linnaea, das Bitterſüß, der Vogel-
knöterich
, die blaue Gentiane, die Zwergbirke und die kraut-
artige Weide *) und mehrere Andere ſind zugleich in Europa und
Nordamerica einheimiſch. Der gemeine Braunheil, die Waſſer-
linſe
und unſer Schilf **) wachſen auch in Neuholland. Das Torf-
moos
***) bedeckt ſo gut die Moore Peru's und Neu-Granada's
als die des Harzes und des Dovrefjeld in Norwegen. Die bräun-
liche Schorfflechte †), welche alle unſere Mauern, Planken und
alten Bäume überzieht, findet ſich nicht minder auf den Felſen des
erſt 90 Jahre alten Yorullo in Mexico. Das bläuliche Borſten-
gras
††), welches bei uns auf Sandboden das gemeinſte Garten-
und Ackerunkraut iſt, wächſt ebenſo im Innern Braſiliens auf paſſen-
dem Boden. Eine characteriſtiſche Pflanze unſers Strandes und der
Umgebung der Salzquellen, die Ruppia †††), wächſt zugleich an der

*) Circaea alpina, Linnaea borealis, Solanum dulcamara, Polygonum avi
culare, Gentiana Pneumonanthe, Betula nana, Salix herbacea.
**) Prunella vulgaris, Lemna minor, Phragmites communis.
***) Sphagnum palustre.
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[237/0253] Mannigfaltigkeit der Pflanzen. — Selbſt im Norden fällt auch dem Laienauge der größere Reichthum und die kräftigere Entwicklung des Pflanzenreichs auf thonreichem Baſalt- oder Porphyrboden auf und reiner Quarzſand iſt ſelbſt unter der tropiſchen Sonne eine Wüſte, wenn ihm nicht Waſſer und darin fremde Stoffe zugeführt werden. Vertheilung der Pflanzen auf der Erde ohne nachweisbare Abhängigkeit von phyſi- caliſchen Bedingungen. In den einleitenden Erzählungen zu gegenwärtigem Aufſatze habe ich ſchon bemerkt, daß Auſtralien eine ſehr gemeine Pflanze, das ſoge- nannte Gänſeblümchen, mit Europa gemein habe. Daſſelbe kleine Pflänzchen findet ſich in Nordaſien, in einigen Gegenden Africas und Südamericas und wo es vorkommt ſteigt es an den Bergen von dem Niveau des Meeres bis zur Schneegrenze hinauf. Das kleine Hexenkraut, die zarte Linnaea, das Bitterſüß, der Vogel- knöterich, die blaue Gentiane, die Zwergbirke und die kraut- artige Weide *) und mehrere Andere ſind zugleich in Europa und Nordamerica einheimiſch. Der gemeine Braunheil, die Waſſer- linſe und unſer Schilf **) wachſen auch in Neuholland. Das Torf- moos ***) bedeckt ſo gut die Moore Peru's und Neu-Granada's als die des Harzes und des Dovrefjeld in Norwegen. Die bräun- liche Schorfflechte †), welche alle unſere Mauern, Planken und alten Bäume überzieht, findet ſich nicht minder auf den Felſen des erſt 90 Jahre alten Yorullo in Mexico. Das bläuliche Borſten- gras ††), welches bei uns auf Sandboden das gemeinſte Garten- und Ackerunkraut iſt, wächſt ebenſo im Innern Braſiliens auf paſſen- dem Boden. Eine characteriſtiſche Pflanze unſers Strandes und der Umgebung der Salzquellen, die Ruppia †††), wächſt zugleich an der *) Circaea alpina, Linnaea borealis, Solanum dulcamara, Polygonum avi culare, Gentiana Pneumonanthe, Betula nana, Salix herbacea. **) Prunella vulgaris, Lemna minor, Phragmites communis. ***) Sphagnum palustre. †) Parmelia subfusca. ††) Setaria glauca. †††) Ruppia maritima.

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/253>, abgerufen am 29.03.2024.