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Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725.

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§. 88.

Dieses waren die Haupt-Fragen, damit ich dem Kranich-
feld zum Schüler machte und in die Stille führete, daß er in solcherley Ge-
dancken selbst gienge, gleichwie ich durch GOttes Gnade mit solcherley Vor-
stellung an dem Fixel bißher gearbeitet und ihn schon weiter praepariret hatte.
So viel ich von dem Herrn Collegen, dem jüngsten Herrn Schmid erfah-
ren, soll es nicht ohne Seegen an diesem Tage schon gewesen seyn an diesem
Schieffer-Decker, massen er doch über solchen gezeigten Buß-Proceß mehr
als zuvor mit mir zufrieden zu seyn bekant hatte.

§. 89.

Doch Satan ward seiner bald wieder mächtig, daß er am
andern Tage seine vorige Weise wieder anfieng, murrete und tobete, weil
er wiederum am Steine mit langer Ketten geschlossen worden, wolte die
Schuld abermals dem Beicht-Vater geben, auch wol gar auf denselben
fluchen und schelten; Aber die rechte Ursache möchte wol das Gerichte seyn,
so von Stettin her seine Kleider und Sachen mit daselbst gehaltenen Proto-
coll
auf der Wind-Mühlen eingesandt hatte, darüber er neue Inquisition
besorgen muste, und auch wircklich fand, doch dawider sich so gewaltig mit
seinem Weibe sperrete, daß man ihnen das Geringste nicht abkriegen konnte.

§. 90.

Haben wir aber an diesem armen Menschen, dem Kranich-
feld ein seltzsam wunderlich Bezeigen funden, so, daß mans mehr einer tollen
fanguinischen Complexion zuschreiben möchte, dabey zwar die Cholera zu-
weilen sich anketteln wolte, aber es war dieselbe nur affectiret, dahero sie
auch bald wiederum verrauchte, und ihn in die Lust lauffen ließ, die er ihm
so gut selbst machte, als ers in seinen Banden auch machen konnte: Haben
wir nun, sage ich, dergleichen Mann gehabt, so mögen wir mit mehrer Be-
trübniß melden, was für ein gefährliches Weibes-Stück die Fixelin gewesen,
welcher wir mit der Historischen Beschreibung gerne schonen, oder noch lie-
ber, wenn wir auch nur nach ihrer Anführung unter ihren Geistlichen die
geringste Buß-Spuhren gemercket hätten, einzeichnen wolten, so ferne wir
uns nicht berechtiget fänden, auch ihre Acten mit zu verzeichnen und erlaubte
Reflexionen ein wenig zu geben.

§. 91.

Der böse Feind hatte dieselbe mit Zorn und Grimm von
innen, und mit Lügen und Lästerung alles Guten von aussen angezogen, dazu
war sie mit zulänglichem Maul-Zeuge versehen, daß nicht allein die Lutheri-
sche Prediger von ihr übertäubet und überschrien wurden, sondern es hatten
die Gerichten ofst zu thun, sie zu beschwichtigen, und ihr Maul zu zähmen.
Sonderlich hielt das abscheuliche Fluchen und Verwünschen an über ihrem

armen
§. 88.

Dieſes waren die Haupt-Fragen, damit ich dem Kranich-
feld zum Schuͤler machte und in die Stille fuͤhrete, daß er in ſolcherley Ge-
dancken ſelbſt gienge, gleichwie ich durch GOttes Gnade mit ſolcherley Vor-
ſtellung an dem Fixel bißher gearbeitet und ihn ſchon weiter præpariret hatte.
So viel ich von dem Herrn Collegen, dem juͤngſten Herrn Schmid erfah-
ren, ſoll es nicht ohne Seegen an dieſem Tage ſchon geweſen ſeyn an dieſem
Schieffer-Decker, maſſen er doch uͤber ſolchen gezeigten Buß-Proceß mehr
als zuvor mit mir zufrieden zu ſeyn bekant hatte.

§. 89.

Doch Satan ward ſeiner bald wieder maͤchtig, daß er am
andern Tage ſeine vorige Weiſe wieder anfieng, murrete und tobete, weil
er wiederum am Steine mit langer Ketten geſchloſſen worden, wolte die
Schuld abermals dem Beicht-Vater geben, auch wol gar auf denſelben
fluchen und ſchelten; Aber die rechte Urſache moͤchte wol das Gerichte ſeyn,
ſo von Stettin her ſeine Kleider und Sachen mit daſelbſt gehaltenen Proto-
coll
auf der Wind-Muͤhlen eingeſandt hatte, daruͤber er neue Inquiſition
beſorgen muſte, und auch wircklich fand, doch dawider ſich ſo gewaltig mit
ſeinem Weibe ſperrete, daß man ihnen das Geringſte nicht abkriegen konnte.

§. 90.

Haben wir aber an dieſem armen Menſchen, dem Kranich-
feld ein ſeltzſam wunderlich Bezeigen funden, ſo, daß mans mehr einer tollen
fanguiniſchen Complexion zuſchreiben moͤchte, dabey zwar die Cholera zu-
weilen ſich anketteln wolte, aber es war dieſelbe nur affectiret, dahero ſie
auch bald wiederum verrauchte, und ihn in die Luſt lauffen ließ, die er ihm
ſo gut ſelbſt machte, als ers in ſeinen Banden auch machen konnte: Haben
wir nun, ſage ich, dergleichen Mann gehabt, ſo moͤgen wir mit mehrer Be-
truͤbniß melden, was fuͤr ein gefaͤhrliches Weibes-Stuͤck die Fixelin geweſen,
welcher wir mit der Hiſtoriſchen Beſchreibung gerne ſchonen, oder noch lie-
ber, wenn wir auch nur nach ihrer Anfuͤhrung unter ihren Geiſtlichen die
geringſte Buß-Spuhren gemercket haͤtten, einzeichnen wolten, ſo ferne wir
uns nicht berechtiget faͤnden, auch ihre Acten mit zu verzeichnen und erlaubte
Reflexionen ein wenig zu geben.

§. 91.

Der boͤſe Feind hatte dieſelbe mit Zorn und Grimm von
innen, und mit Luͤgen und Laͤſterung alles Guten von auſſen angezogen, dazu
war ſie mit zulaͤnglichem Maul-Zeuge verſehen, daß nicht allein die Lutheri-
ſche Prediger von ihr uͤbertaͤubet und uͤberſchrien wurden, ſondern es hatten
die Gerichten ofſt zu thun, ſie zu beſchwichtigen, und ihr Maul zu zaͤhmen.
Sonderlich hielt das abſcheuliche Fluchen und Verwuͤnſchen an uͤber ihrem

armen
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[79[77]/0085] §. 88. Dieſes waren die Haupt-Fragen, damit ich dem Kranich- feld zum Schuͤler machte und in die Stille fuͤhrete, daß er in ſolcherley Ge- dancken ſelbſt gienge, gleichwie ich durch GOttes Gnade mit ſolcherley Vor- ſtellung an dem Fixel bißher gearbeitet und ihn ſchon weiter præpariret hatte. So viel ich von dem Herrn Collegen, dem juͤngſten Herrn Schmid erfah- ren, ſoll es nicht ohne Seegen an dieſem Tage ſchon geweſen ſeyn an dieſem Schieffer-Decker, maſſen er doch uͤber ſolchen gezeigten Buß-Proceß mehr als zuvor mit mir zufrieden zu ſeyn bekant hatte. §. 89. Doch Satan ward ſeiner bald wieder maͤchtig, daß er am andern Tage ſeine vorige Weiſe wieder anfieng, murrete und tobete, weil er wiederum am Steine mit langer Ketten geſchloſſen worden, wolte die Schuld abermals dem Beicht-Vater geben, auch wol gar auf denſelben fluchen und ſchelten; Aber die rechte Urſache moͤchte wol das Gerichte ſeyn, ſo von Stettin her ſeine Kleider und Sachen mit daſelbſt gehaltenen Proto- coll auf der Wind-Muͤhlen eingeſandt hatte, daruͤber er neue Inquiſition beſorgen muſte, und auch wircklich fand, doch dawider ſich ſo gewaltig mit ſeinem Weibe ſperrete, daß man ihnen das Geringſte nicht abkriegen konnte. §. 90. Haben wir aber an dieſem armen Menſchen, dem Kranich- feld ein ſeltzſam wunderlich Bezeigen funden, ſo, daß mans mehr einer tollen fanguiniſchen Complexion zuſchreiben moͤchte, dabey zwar die Cholera zu- weilen ſich anketteln wolte, aber es war dieſelbe nur affectiret, dahero ſie auch bald wiederum verrauchte, und ihn in die Luſt lauffen ließ, die er ihm ſo gut ſelbſt machte, als ers in ſeinen Banden auch machen konnte: Haben wir nun, ſage ich, dergleichen Mann gehabt, ſo moͤgen wir mit mehrer Be- truͤbniß melden, was fuͤr ein gefaͤhrliches Weibes-Stuͤck die Fixelin geweſen, welcher wir mit der Hiſtoriſchen Beſchreibung gerne ſchonen, oder noch lie- ber, wenn wir auch nur nach ihrer Anfuͤhrung unter ihren Geiſtlichen die geringſte Buß-Spuhren gemercket haͤtten, einzeichnen wolten, ſo ferne wir uns nicht berechtiget faͤnden, auch ihre Acten mit zu verzeichnen und erlaubte Reflexionen ein wenig zu geben. §. 91. Der boͤſe Feind hatte dieſelbe mit Zorn und Grimm von innen, und mit Luͤgen und Laͤſterung alles Guten von auſſen angezogen, dazu war ſie mit zulaͤnglichem Maul-Zeuge verſehen, daß nicht allein die Lutheri- ſche Prediger von ihr uͤbertaͤubet und uͤberſchrien wurden, ſondern es hatten die Gerichten ofſt zu thun, ſie zu beſchwichtigen, und ihr Maul zu zaͤhmen. Sonderlich hielt das abſcheuliche Fluchen und Verwuͤnſchen an uͤber ihrem armen

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Zitationshilfe: Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725, S. 79[77]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/85>, abgerufen am 19.04.2024.