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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
an sich trage. Ob aber dieses nicht unter das
Tage-wehlen mit gehöre/ welches GOtt so ernst-
lich verboten hat/ lasse ich die Herren Gottes-
Gelehrten nach ihren guten Gewissen urthei-
len/ sintemahl ich in Gottes Wort und der gan-
tzen Heiligen Schrifft weder einer Veneris,
noch Saturni, oder sonst eines solchen Kerls/ in
dem Verstande/ wie es leider! insgemein geglau-
bet wird/ Erwehnung finde; und frage ich ei-
nen ieden vernünfftigen Astronomum/ ob der
Planet Venus (welches ein Weiber-Nahme)
nicht mit einem andern/ und zwar Mannes-
Nahmen/ könne füglich beleget werden? Da
nun alle diese Nahmen/ und was denenselben an-
hängig ist/ nur heydnische erdichtete Fratzen sind/
so ist der Aberglaube/ davon ich ietzt handele/ per
conseqvens,
weil er von vor gedachten Phanta-
sien her seinen Ursprung hat/ ein Narren-Ge-
dichte/ und ist nichts drauff zu halten.

Das 44. Capitel.

An dem Grünen-Donnerstage soll
man Bretzeln essen/ so bekömmt man
selbiges Jahr das kalte Fie-
ber nicht.

ICh habe es eigener Erfahrung/ daß dieses
nicht eintrifft; denn ich habe selbst das Fie-
ber bekommen/ da ich doch gewiß gewust/

daß

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
an ſich trage. Ob aber dieſes nicht unter das
Tage-wehlen mit gehoͤre/ welches GOtt ſo ernſt-
lich verboten hat/ laſſe ich die Herren Gottes-
Gelehrten nach ihren guten Gewiſſen urthei-
len/ ſintemahl ich in Gottes Wort und der gan-
tzen Heiligen Schrifft weder einer Veneris,
noch Saturni, oder ſonſt eines ſolchen Kerls/ in
dem Verſtande/ wie es leider! insgemein geglau-
bet wird/ Erwehnung finde; und frage ich ei-
nen ieden vernuͤnfftigen Aſtronomum/ ob der
Planet Venus (welches ein Weiber-Nahme)
nicht mit einem andern/ und zwar Mannes-
Nahmen/ koͤnne fuͤglich beleget werden? Da
nun alle dieſe Nahmen/ und was denenſelben an-
haͤngig iſt/ nur heydniſche erdichtete Fratzen ſind/
ſo iſt der Aberglaube/ davon ich ietzt handele/ per
conſeqvens,
weil er von vor gedachten Phanta-
ſien her ſeinen Urſprung hat/ ein Narren-Ge-
dichte/ und iſt nichts drauff zu halten.

Das 44. Capitel.

An dem Gruͤnen-Donnerſtage ſoll
man Bretzeln eſſen/ ſo bekoͤmmt man
ſelbiges Jahr das kalte Fie-
ber nicht.

ICh habe es eigener Erfahrung/ daß dieſes
nicht eintrifft; denn ich habe ſelbſt das Fie-
ber bekommen/ da ich doch gewiß gewuſt/

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[79/0101] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. an ſich trage. Ob aber dieſes nicht unter das Tage-wehlen mit gehoͤre/ welches GOtt ſo ernſt- lich verboten hat/ laſſe ich die Herren Gottes- Gelehrten nach ihren guten Gewiſſen urthei- len/ ſintemahl ich in Gottes Wort und der gan- tzen Heiligen Schrifft weder einer Veneris, noch Saturni, oder ſonſt eines ſolchen Kerls/ in dem Verſtande/ wie es leider! insgemein geglau- bet wird/ Erwehnung finde; und frage ich ei- nen ieden vernuͤnfftigen Aſtronomum/ ob der Planet Venus (welches ein Weiber-Nahme) nicht mit einem andern/ und zwar Mannes- Nahmen/ koͤnne fuͤglich beleget werden? Da nun alle dieſe Nahmen/ und was denenſelben an- haͤngig iſt/ nur heydniſche erdichtete Fratzen ſind/ ſo iſt der Aberglaube/ davon ich ietzt handele/ per conſeqvens, weil er von vor gedachten Phanta- ſien her ſeinen Urſprung hat/ ein Narren-Ge- dichte/ und iſt nichts drauff zu halten. Das 44. Capitel. An dem Gruͤnen-Donnerſtage ſoll man Bretzeln eſſen/ ſo bekoͤmmt man ſelbiges Jahr das kalte Fie- ber nicht. ICh habe es eigener Erfahrung/ daß dieſes nicht eintrifft; denn ich habe ſelbſt das Fie- ber bekommen/ da ich doch gewiß gewuſt/ daß

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/101>, abgerufen am 19.04.2024.