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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
und sie fragte/ was sie trüg? gab sie mir zur Ant-
wort/ sie hätte stillschweigend Wasser im Topf-
fe;] so fragt sichs: Wie denn dem Wasser durch
Stillschweigen eine Krafft könne einverleibet
werden? Es ist denen Christen bekandt/ daß
das Gnaden-reiche Wasser des Lebens/ nemlich
das Tauff-Wasser/ seine Krafft vom Worte
GOttes hat; Wie aber die aber gläubischen Un-
Christen/ die Krafft ihres stillschweigenden Was-
sers erweisen wollen/ will ich gerne hören. Aber
ich bilde mir ein/ sie werden es wohl stillschwei-
gend beantworten.

Das 93. Capitel.

Den Abend vor Walburge soll man
drey Creutze an die Thüren schreiben/ sonst
können einem die Hexen Schaden
thun.

WAs ist doch ein blosses ohne gute Gedan-
cken geschriebenes Creutz besser/ als ein ge-
mahlter Galgen? Ich achte/ daß eines
so viel nutzet/ als das andere/ und wird der Teuf-
fel nichts nach allen Creutzen fragen/ wenn gleich
ein Mensch ein Kleid anhätte/ welches aus lau-
ter Creutzen bestünde. Wie denn auch ohne dem
alles/ was wir um und neben uns haben/ aus lau-
ter Creutzen bestehet/ und trägt ein ieglicher ohne
Unterlaß/ viel 1000. Creutze an sich; denn alle

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
und ſie fragte/ was ſie truͤg? gab ſie mir zur Ant-
wort/ ſie haͤtte ſtillſchweigend Waſſer im Topf-
fe;] ſo fragt ſichs: Wie denn dem Waſſer durch
Stillſchweigen eine Krafft koͤnne einverleibet
werden? Es iſt denen Chriſten bekandt/ daß
das Gnaden-reiche Waſſer des Lebens/ nemlich
das Tauff-Waſſer/ ſeine Krafft vom Worte
GOttes hat; Wie aber die aber glaͤubiſchen Un-
Chriſten/ die Krafft ihres ſtillſchweigenden Waſ-
ſers erweiſen wollen/ will ich gerne hoͤren. Aber
ich bilde mir ein/ ſie werden es wohl ſtillſchwei-
gend beantworten.

Das 93. Capitel.

Den Abend vor Walburge ſoll man
drey Creutze an die Thüren ſchreiben/ ſonſt
koͤnnen einem die Hexen Schaden
thun.

WAs iſt doch ein bloſſes ohne gute Gedan-
cken geſchriebenes Creutz beſſer/ als ein ge-
mahlter Galgen? Ich achte/ daß eines
ſo viel nutzet/ als das andere/ und wird der Teuf-
fel nichts nach allen Creutzen fragen/ wenn gleich
ein Menſch ein Kleid anhaͤtte/ welches aus lau-
ter Creutzen beſtuͤnde. Wie denn auch ohne dem
alles/ was wir um und neben uns haben/ aus lau-
ter Creutzen beſtehet/ und traͤgt ein ieglicher ohne
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[153/0175] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. und ſie fragte/ was ſie truͤg? gab ſie mir zur Ant- wort/ ſie haͤtte ſtillſchweigend Waſſer im Topf- fe;] ſo fragt ſichs: Wie denn dem Waſſer durch Stillſchweigen eine Krafft koͤnne einverleibet werden? Es iſt denen Chriſten bekandt/ daß das Gnaden-reiche Waſſer des Lebens/ nemlich das Tauff-Waſſer/ ſeine Krafft vom Worte GOttes hat; Wie aber die aber glaͤubiſchen Un- Chriſten/ die Krafft ihres ſtillſchweigenden Waſ- ſers erweiſen wollen/ will ich gerne hoͤren. Aber ich bilde mir ein/ ſie werden es wohl ſtillſchwei- gend beantworten. Das 93. Capitel. Den Abend vor Walburge ſoll man drey Creutze an die Thüren ſchreiben/ ſonſt koͤnnen einem die Hexen Schaden thun. WAs iſt doch ein bloſſes ohne gute Gedan- cken geſchriebenes Creutz beſſer/ als ein ge- mahlter Galgen? Ich achte/ daß eines ſo viel nutzet/ als das andere/ und wird der Teuf- fel nichts nach allen Creutzen fragen/ wenn gleich ein Menſch ein Kleid anhaͤtte/ welches aus lau- ter Creutzen beſtuͤnde. Wie denn auch ohne dem alles/ was wir um und neben uns haben/ aus lau- ter Creutzen beſtehet/ und traͤgt ein ieglicher ohne Unterlaß/ viel 1000. Creutze an ſich; denn alle Lein- K 5

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/175>, abgerufen am 28.03.2024.