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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
grobhärig. Und solcher gestalt mag wohl der
gethanen Verehrung etwas zugeschrieben wer-
den/ aber sonst auff keinerley Weise.

Das 100. Capitel.

Wenn eine ledige Weibs-Person in
der Christ-Nacht heisses Bley ins Wasser
giesset/ bekömmt es die Gestalt als wie
das Handwercks-Geräthe dessen
der sie heyrathen wird.

DIe grosse Begierde/ so das weibliche Ge-
schlecht zum Männer-nehmen hat/ lehret
sie allerhand Narren-Possen vornehmen/
daran sie mercken wollen/ was sie vor einem
Mann bekommen werden; und ist das Bley-
Giessen nicht das geringste ihrer gewöhnlichen
Proben/ um hierdurch zu erfahren/ was der
künfftige Liebste vor einer Profession zu gethan
sey. Wie schändlich aber sich manche hiermit
selbst betrogen hat/ brauchet wenig Beweises.
Nur eines Exempels zu gedencken/ so war vor
diesem in Leipzig eine Magd/ welche in einem
Apothecker-Gesellen verliebt war/ und weil sie
etliche 100. Thaler in Vermögen hatte/ genosse
sie von ihme auch ein und andere Caressen/ da-
hero sie sich ihn gäntzlich einbildete zur Ehe zu
kriegen; dennoch aber machte sie in der Christ-
Nacht Praeparatoria zum Bleygiessen; wie ich
dieses merckte/ sagte ich zu ihr: Sie müste ein

Loch
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
grobhaͤrig. Und ſolcher geſtalt mag wohl der
gethanen Verehrung etwas zugeſchrieben wer-
den/ aber ſonſt auff keinerley Weiſe.

Das 100. Capitel.

Wenn eine ledige Weibs-Perſon in
der Chriſt-Nacht heiſſes Bley ins Waſſer
gieſſet/ bekoͤmmt es die Geſtalt als wie
das Handwercks-Geraͤthe deſſen
der ſie heyrathen wird.

DIe groſſe Begierde/ ſo das weibliche Ge-
ſchlecht zum Maͤnner-nehmen hat/ lehret
ſie allerhand Narren-Poſſen vornehmen/
daran ſie mercken wollen/ was ſie vor einem
Mann bekommen werden; und iſt das Bley-
Gieſſen nicht das geringſte ihrer gewoͤhnlichen
Proben/ um hierdurch zu erfahren/ was der
kuͤnfftige Liebſte vor einer Profeſſion zu gethan
ſey. Wie ſchaͤndlich aber ſich manche hiermit
ſelbſt betrogen hat/ brauchet wenig Beweiſes.
Nur eines Exempels zu gedencken/ ſo war vor
dieſem in Leipzig eine Magd/ welche in einem
Apothecker-Geſellen verliebt war/ und weil ſie
etliche 100. Thaler in Vermoͤgen hatte/ genoſſe
ſie von ihme auch ein und andere Careſſen/ da-
hero ſie ſich ihn gaͤntzlich einbildete zur Ehe zu
kriegen; dennoch aber machte ſie in der Chriſt-
Nacht Præparatoria zum Bleygieſſen; wie ich
dieſes merckte/ ſagte ich zu ihr: Sie muͤſte ein

Loch
L 4
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[167/0189] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. grobhaͤrig. Und ſolcher geſtalt mag wohl der gethanen Verehrung etwas zugeſchrieben wer- den/ aber ſonſt auff keinerley Weiſe. Das 100. Capitel. Wenn eine ledige Weibs-Perſon in der Chriſt-Nacht heiſſes Bley ins Waſſer gieſſet/ bekoͤmmt es die Geſtalt als wie das Handwercks-Geraͤthe deſſen der ſie heyrathen wird. DIe groſſe Begierde/ ſo das weibliche Ge- ſchlecht zum Maͤnner-nehmen hat/ lehret ſie allerhand Narren-Poſſen vornehmen/ daran ſie mercken wollen/ was ſie vor einem Mann bekommen werden; und iſt das Bley- Gieſſen nicht das geringſte ihrer gewoͤhnlichen Proben/ um hierdurch zu erfahren/ was der kuͤnfftige Liebſte vor einer Profeſſion zu gethan ſey. Wie ſchaͤndlich aber ſich manche hiermit ſelbſt betrogen hat/ brauchet wenig Beweiſes. Nur eines Exempels zu gedencken/ ſo war vor dieſem in Leipzig eine Magd/ welche in einem Apothecker-Geſellen verliebt war/ und weil ſie etliche 100. Thaler in Vermoͤgen hatte/ genoſſe ſie von ihme auch ein und andere Careſſen/ da- hero ſie ſich ihn gaͤntzlich einbildete zur Ehe zu kriegen; dennoch aber machte ſie in der Chriſt- Nacht Præparatoria zum Bleygieſſen; wie ich dieſes merckte/ ſagte ich zu ihr: Sie muͤſte ein Loch L 4

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/189>, abgerufen am 29.03.2024.