Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Untersuchung/ derer von super-klugen
fragte/ wurde ich berichtet: Es wäre der Ge-
brauch so/ sie wüste es selbst nicht/ was es zu be-
deuten hätte. Andere aber haben mir gesagt/
es geriethe die Butter eher/ als sonst/ wenn man
ein drey-creutzig Messer an das Butter-Faß
steckte. Weil denn nun die Weiber selbst nicht
die rechte Ursach zu sagen wissen/ so möchten sie
es lieber unterwegens lassen; denn es thut doch
ein verständiger Mensch nicht gern etwas/ da er
nicht weiß/ warum es geschicht. So es aber ja
soll darzu dienen/ daß die Butter desto eher ge-
rathe/ so müssen die Weiber erst ausmachen/ ob
die Krafft von den drey Creutzen/ oder vom Mes-
ser komme? Wollen sie sagen/ die Krafft kom-
me von den drey Creutzen/ so antworte ich ihnen
mit dieser Frage: Warum denn diese 3. Creu-
tze eben auff einem Messer seyn müssen/ und nicht
so wohl auff einem Löffel oder gar auff dem But-
ter-Faß. Sagen sie aber/ das Messer habe die
Krafft/ [und zwar vielleicht unter der albern
Meynung/ weil man mit einem Messer eine
Sache zertheilen könne/ so zertheile sich hier auch
Butter und Molcken oder Butter-Milch/ um
des am Vasse steckenden Messers willen] so fra-
ge ich sie hinwiederum: Warum es denn eben
ein drey-creutziges Messer seyn müsse? Ich
habe zwar zuweilen auch wohl gesehen/ daß sie ein
gemein Messer ohne Creutze am Butter-Faß

stecken

Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
fragte/ wurde ich berichtet: Es waͤre der Ge-
brauch ſo/ ſie wuͤſte es ſelbſt nicht/ was es zu be-
deuten haͤtte. Andere aber haben mir geſagt/
es geriethe die Butter eher/ als ſonſt/ wenn man
ein drey-creutzig Meſſer an das Butter-Faß
ſteckte. Weil denn nun die Weiber ſelbſt nicht
die rechte Urſach zu ſagen wiſſen/ ſo moͤchten ſie
es lieber unterwegens laſſen; denn es thut doch
ein verſtaͤndiger Menſch nicht gern etwas/ da er
nicht weiß/ warum es geſchicht. So es aber ja
ſoll darzu dienen/ daß die Butter deſto eher ge-
rathe/ ſo muͤſſen die Weiber erſt ausmachen/ ob
die Krafft von den drey Creutzen/ oder vom Meſ-
ſer komme? Wollen ſie ſagen/ die Krafft kom-
me von den drey Creutzen/ ſo antworte ich ihnen
mit dieſer Frage: Warum denn dieſe 3. Creu-
tze eben auff einem Meſſer ſeyn muͤſſen/ und nicht
ſo wohl auff einem Loͤffel oder gar auff dem But-
ter-Faß. Sagen ſie aber/ das Meſſer habe die
Krafft/ [und zwar vielleicht unter der albern
Meynung/ weil man mit einem Meſſer eine
Sache zertheilen koͤnne/ ſo zertheile ſich hier auch
Butter und Molcken oder Butter-Milch/ um
des am Vaſſe ſteckenden Meſſers willen] ſo fra-
ge ich ſie hinwiederum: Warum es denn eben
ein drey-creutziges Meſſer ſeyn muͤſſe? Ich
habe zwar zuweilen auch wohl geſehen/ daß ſie ein
gemein Meſſer ohne Creutze am Butter-Faß

ſtecken
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0144" n="122"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Unter&#x017F;uchung/ derer von</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">&#x017F;uper-</hi></hi><hi rendition="#fr">klugen</hi></fw><lb/>
fragte/ wurde ich berichtet: Es wa&#x0364;re der Ge-<lb/>
brauch &#x017F;o/ &#x017F;ie wu&#x0364;&#x017F;te es &#x017F;elb&#x017F;t nicht/ was es zu be-<lb/>
deuten ha&#x0364;tte. Andere aber haben mir ge&#x017F;agt/<lb/>
es geriethe die Butter eher/ als &#x017F;on&#x017F;t/ wenn man<lb/>
ein drey-creutzig Me&#x017F;&#x017F;er an das Butter-Faß<lb/>
&#x017F;teckte. Weil denn nun die Weiber &#x017F;elb&#x017F;t nicht<lb/>
die rechte Ur&#x017F;ach zu &#x017F;agen wi&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;o mo&#x0364;chten &#x017F;ie<lb/>
es lieber unterwegens la&#x017F;&#x017F;en; denn es thut doch<lb/>
ein ver&#x017F;ta&#x0364;ndiger Men&#x017F;ch nicht gern etwas/ da er<lb/>
nicht weiß/ warum es ge&#x017F;chicht. So es aber ja<lb/>
&#x017F;oll darzu dienen/ daß die Butter de&#x017F;to eher ge-<lb/>
rathe/ &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Weiber er&#x017F;t ausmachen/ ob<lb/>
die Krafft von den drey Creutzen/ oder vom Me&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er komme? Wollen &#x017F;ie &#x017F;agen/ die Krafft kom-<lb/>
me von den drey Creutzen/ &#x017F;o antworte ich ihnen<lb/>
mit die&#x017F;er Frage: Warum denn die&#x017F;e 3. Creu-<lb/>
tze eben auff einem Me&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ und nicht<lb/>
&#x017F;o wohl auff einem Lo&#x0364;ffel oder gar auff dem But-<lb/>
ter-Faß. Sagen &#x017F;ie aber/ das Me&#x017F;&#x017F;er habe die<lb/>
Krafft/ [und zwar vielleicht unter der albern<lb/>
Meynung/ weil man mit einem Me&#x017F;&#x017F;er eine<lb/>
Sache zertheilen ko&#x0364;nne/ &#x017F;o zertheile &#x017F;ich hier auch<lb/>
Butter und Molcken oder Butter-Milch/ um<lb/>
des am Va&#x017F;&#x017F;e &#x017F;teckenden Me&#x017F;&#x017F;ers willen] &#x017F;o fra-<lb/>
ge ich &#x017F;ie hinwiederum: Warum es denn eben<lb/>
ein drey-creutziges Me&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e? Ich<lb/>
habe zwar zuweilen auch wohl ge&#x017F;ehen/ daß &#x017F;ie ein<lb/>
gemein Me&#x017F;&#x017F;er ohne Creutze am Butter-Faß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tecken</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0144] Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen fragte/ wurde ich berichtet: Es waͤre der Ge- brauch ſo/ ſie wuͤſte es ſelbſt nicht/ was es zu be- deuten haͤtte. Andere aber haben mir geſagt/ es geriethe die Butter eher/ als ſonſt/ wenn man ein drey-creutzig Meſſer an das Butter-Faß ſteckte. Weil denn nun die Weiber ſelbſt nicht die rechte Urſach zu ſagen wiſſen/ ſo moͤchten ſie es lieber unterwegens laſſen; denn es thut doch ein verſtaͤndiger Menſch nicht gern etwas/ da er nicht weiß/ warum es geſchicht. So es aber ja ſoll darzu dienen/ daß die Butter deſto eher ge- rathe/ ſo muͤſſen die Weiber erſt ausmachen/ ob die Krafft von den drey Creutzen/ oder vom Meſ- ſer komme? Wollen ſie ſagen/ die Krafft kom- me von den drey Creutzen/ ſo antworte ich ihnen mit dieſer Frage: Warum denn dieſe 3. Creu- tze eben auff einem Meſſer ſeyn muͤſſen/ und nicht ſo wohl auff einem Loͤffel oder gar auff dem But- ter-Faß. Sagen ſie aber/ das Meſſer habe die Krafft/ [und zwar vielleicht unter der albern Meynung/ weil man mit einem Meſſer eine Sache zertheilen koͤnne/ ſo zertheile ſich hier auch Butter und Molcken oder Butter-Milch/ um des am Vaſſe ſteckenden Meſſers willen] ſo fra- ge ich ſie hinwiederum: Warum es denn eben ein drey-creutziges Meſſer ſeyn muͤſſe? Ich habe zwar zuweilen auch wohl geſehen/ daß ſie ein gemein Meſſer ohne Creutze am Butter-Faß ſtecken

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/144
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/144>, abgerufen am 19.04.2024.