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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Das 77. Capitel.

Wenn ein Kind das Aelterlein hat/
soll man es lassen in Backofen schie-
ben.

WIe offt die armen unschuldigen Kinder de-
rer alten Zauber-Huren ihre Probir-
Steine seyn müssen/ wenn sie/ die durch
des Teuffels Eingeben/ erlernete Künste versu-
chen wollen/ ist nicht genug zubeschreiben. Wenn
manch armes schwach- und krafftloses Kind lan-
ge satt unter den Foltern der Nase-weisen Vet-
teln/ räuchern/ Seegen sprechen/ baden und der-
gleichen ist gemartert worden/ unter den Vor-
wand/ ob sey es beschrien/ und will doch gleich-
wohl nicht besser werden. Alsdenn studiret
das Teuffels-Gelichter auff etwas anders/ wel-
ches aber eben auff vorige Mode kömmt/ nehm-
lich/ sie sagen alsdenn: Das Kind sey nicht be-
schrien/ sondern es habe das Aelterlein. Was
aber dieses vor ein Wunder-Thier sey/ das wis-
sen sie so wenig/ als wenn sie sagen sollen/ was
das Jüdel sey/ und vermeynen die Sache wohl
beantwortet zu haben/ wenn sie sagen: Es heist
das Aelterle; die Kinder aber/ welchen das so
genannte Aelterlein angedichtet wird/ sind sol-
the/ die vom Fleisch und allen Kräfften gekom-
men/ und einem Todten-Gerippe ähnlicher se-

hen
J
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Das 77. Capitel.

Wenn ein Kind das Aelterlein hat/
ſoll man es laſſen in Backofen ſchie-
ben.

WIe offt die armen unſchuldigen Kinder de-
rer alten Zauber-Huren ihre Probir-
Steine ſeyn muͤſſen/ wenn ſie/ die durch
des Teuffels Eingeben/ erlernete Kuͤnſte verſu-
chen wollen/ iſt nicht genug zubeſchreiben. Wenn
manch armes ſchwach- und krafftloſes Kind lan-
ge ſatt unter den Foltern der Naſe-weiſen Vet-
teln/ raͤuchern/ Seegen ſprechen/ baden und der-
gleichen iſt gemartert worden/ unter den Vor-
wand/ ob ſey es beſchrien/ und will doch gleich-
wohl nicht beſſer werden. Alsdenn ſtudiret
das Teuffels-Gelichter auff etwas anders/ wel-
ches aber eben auff vorige Mode koͤmmt/ nehm-
lich/ ſie ſagen alsdenn: Das Kind ſey nicht be-
ſchrien/ ſondern es habe das Aelterlein. Was
aber dieſes vor ein Wunder-Thier ſey/ das wiſ-
ſen ſie ſo wenig/ als wenn ſie ſagen ſollen/ was
das Juͤdel ſey/ und vermeynen die Sache wohl
beantwortet zu haben/ wenn ſie ſagen: Es heiſt
das Aelterle; die Kinder aber/ welchen das ſo
genannte Aelterlein angedichtet wird/ ſind ſol-
the/ die vom Fleiſch und allen Kraͤfften gekom-
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[129/0151] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Das 77. Capitel. Wenn ein Kind das Aelterlein hat/ ſoll man es laſſen in Backofen ſchie- ben. WIe offt die armen unſchuldigen Kinder de- rer alten Zauber-Huren ihre Probir- Steine ſeyn muͤſſen/ wenn ſie/ die durch des Teuffels Eingeben/ erlernete Kuͤnſte verſu- chen wollen/ iſt nicht genug zubeſchreiben. Wenn manch armes ſchwach- und krafftloſes Kind lan- ge ſatt unter den Foltern der Naſe-weiſen Vet- teln/ raͤuchern/ Seegen ſprechen/ baden und der- gleichen iſt gemartert worden/ unter den Vor- wand/ ob ſey es beſchrien/ und will doch gleich- wohl nicht beſſer werden. Alsdenn ſtudiret das Teuffels-Gelichter auff etwas anders/ wel- ches aber eben auff vorige Mode koͤmmt/ nehm- lich/ ſie ſagen alsdenn: Das Kind ſey nicht be- ſchrien/ ſondern es habe das Aelterlein. Was aber dieſes vor ein Wunder-Thier ſey/ das wiſ- ſen ſie ſo wenig/ als wenn ſie ſagen ſollen/ was das Juͤdel ſey/ und vermeynen die Sache wohl beantwortet zu haben/ wenn ſie ſagen: Es heiſt das Aelterle; die Kinder aber/ welchen das ſo genannte Aelterlein angedichtet wird/ ſind ſol- the/ die vom Fleiſch und allen Kraͤfften gekom- men/ und einem Todten-Gerippe aͤhnlicher ſe- hen J

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/151>, abgerufen am 29.03.2024.