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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

WEnn viel Hünlein sollen auskriechen/ und
auch leichte aus denen Eyern gehen/ so
muß die Henne eben zu der Zeit/ wenn die
Leute aus der Kirchen gehen/ angesetzt werden;
denn das ist eine bekannte Sache/ daß die Leute
viel hurtiger aus der Kirche als in die Kirche
lauffen/ und nehmen demnach die jungen Hün-
lein auch die Art der aus der Kirchen gehenden
Leute an/ und lauffen eben so schnell aus denen
Eyern. Dieses geben zwar abergläubische Vet-
teln vor; alleine wenn ich meine Gedancken
und Gutachten hierüber eröffnen soll/ so sage
ich/ daß eine von denen thörichsten Unbesonnen-
heiten der Weiber/ hiermit vorgehe/ denn das
Ansetzen der Henne nehmen solche Närrinnen
ja vor/ eben zu der Zeit/ da die Leute mit vollen
Hauffen nach vollendeten Gottesdienst auff de-
nen Gassen gehen/ und sind schon aus der Kir-
chen heraus/ hingegen sind sie im Heimgehen be-
griffen; wenn nun dieser Heimgang aus der
Kirche in die Eyer etwas würcken könne/ so wür-
den die Eyer vielmehr die Eingangs-Krafft/ als
die ausgehende an sich nehmen. Und warum be-
kömmt denn die Gluck-Henne nicht auch die
Art der aus der Kirchen lauffenden Leute/ und
läufft stracks wieder von Eyern weg? aber die
abergläubischen Weiber haben doch recht;
warum? weil ihnen ihr Lehrmeister der Teuffel

solche
C 2
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

WEnn viel Huͤnlein ſollen auskriechen/ und
auch leichte aus denen Eyern gehen/ ſo
muß die Henne eben zu der Zeit/ wenn die
Leute aus der Kirchen gehen/ angeſetzt werden;
denn das iſt eine bekannte Sache/ daß die Leute
viel hurtiger aus der Kirche als in die Kirche
lauffen/ und nehmen demnach die jungen Huͤn-
lein auch die Art der aus der Kirchen gehenden
Leute an/ und lauffen eben ſo ſchnell aus denen
Eyern. Dieſes geben zwar aberglaͤubiſche Vet-
teln vor; alleine wenn ich meine Gedancken
und Gutachten hieruͤber eroͤffnen ſoll/ ſo ſage
ich/ daß eine von denen thoͤrichſten Unbeſonnen-
heiten der Weiber/ hiermit vorgehe/ denn das
Anſetzen der Henne nehmen ſolche Naͤrrinnen
ja vor/ eben zu der Zeit/ da die Leute mit vollen
Hauffen nach vollendeten Gottesdienſt auff de-
nen Gaſſen gehen/ und ſind ſchon aus der Kir-
chen heraus/ hingegen ſind ſie im Heimgehen be-
griffen; wenn nun dieſer Heimgang aus der
Kirche in die Eyer etwas wuͤrcken koͤnne/ ſo wuͤr-
den die Eyer vielmehr die Eingangs-Krafft/ als
die ausgehende an ſich nehmen. Und warum be-
koͤmmt denn die Gluck-Henne nicht auch die
Art der aus der Kirchen lauffenden Leute/ und
laͤufft ſtracks wieder von Eyern weg? aber die
aberglaͤubiſchen Weiber haben doch recht;
warum? weil ihnen ihr Lehrmeiſter der Teuffel

ſolche
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[35/0057] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. WEnn viel Huͤnlein ſollen auskriechen/ und auch leichte aus denen Eyern gehen/ ſo muß die Henne eben zu der Zeit/ wenn die Leute aus der Kirchen gehen/ angeſetzt werden; denn das iſt eine bekannte Sache/ daß die Leute viel hurtiger aus der Kirche als in die Kirche lauffen/ und nehmen demnach die jungen Huͤn- lein auch die Art der aus der Kirchen gehenden Leute an/ und lauffen eben ſo ſchnell aus denen Eyern. Dieſes geben zwar aberglaͤubiſche Vet- teln vor; alleine wenn ich meine Gedancken und Gutachten hieruͤber eroͤffnen ſoll/ ſo ſage ich/ daß eine von denen thoͤrichſten Unbeſonnen- heiten der Weiber/ hiermit vorgehe/ denn das Anſetzen der Henne nehmen ſolche Naͤrrinnen ja vor/ eben zu der Zeit/ da die Leute mit vollen Hauffen nach vollendeten Gottesdienſt auff de- nen Gaſſen gehen/ und ſind ſchon aus der Kir- chen heraus/ hingegen ſind ſie im Heimgehen be- griffen; wenn nun dieſer Heimgang aus der Kirche in die Eyer etwas wuͤrcken koͤnne/ ſo wuͤr- den die Eyer vielmehr die Eingangs-Krafft/ als die ausgehende an ſich nehmen. Und warum be- koͤmmt denn die Gluck-Henne nicht auch die Art der aus der Kirchen lauffenden Leute/ und laͤufft ſtracks wieder von Eyern weg? aber die aberglaͤubiſchen Weiber haben doch recht; warum? weil ihnen ihr Lehrmeiſter der Teuffel ſolche C 2

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/57>, abgerufen am 23.04.2024.