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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Das 40. Capitel.

Sobald ein Knäblein gebohren ist/
soll man es mit den Füssen an seines Vaters
Brust stossen/ so soll es nimmermehr
kein böß Ende nehmen.

DIese und dergleichen Possen und Aber-
glauben scheinen zwar von schlechter
Wichtigkeit zu seyn/ und wenig zu bedeu-
ten haben/ indem sich der hunderte nicht einbil-
den mag/ daß etwas böses hieraus erwachsen
könne. Alleine/ was der Teuffel mit solchem
Dingen vor einen unglaublichen Gewinn schaf-
fe/ dürffte mancher abergläubischer Mensch
wohl zu spät/ mit unüberwindlichen Schaden/
innen werden. Es werden zwar wohl die mei-
sten sagen: Was denn damit böses geschehe/
wenn man ein Kind mit den Füssen an des Va-
ters Brust stiesse? So sey ja auch das Absehen
warum es geschehe gut/ daß das Kind nicht et-
wan eines bösen Todes sterben möchte. Ja/ es
lässet sich dieses zwar hören und scheinet wahr zu
seyn; aber es verhält die sich Sache viel anders/
als der äusserliche Schein und Klang ist. Denn/
ists nicht wahr? ihr seyd erstlich nicht gewiß ver-
sichert/ daß hierdurch eure Kinder eines schmäh-
ligen Todes werden befreyet bleiben/ so ist es de-
sto schlimmer; denn ihr/ und auch die Söhne/

mit
S 4
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Das 40. Capitel.

Sobald ein Knaͤblein gebohren iſt/
ſoll man es mit den Fuͤſſen an ſeines Vaters
Bruſt ſtoſſen/ ſo ſoll es nimmermehr
kein boͤß Ende nehmen.

DIeſe und dergleichen Poſſen und Aber-
glauben ſcheinen zwar von ſchlechter
Wichtigkeit zu ſeyn/ und wenig zu bedeu-
ten haben/ indem ſich der hunderte nicht einbil-
den mag/ daß etwas boͤſes hieraus erwachſen
koͤnne. Alleine/ was der Teuffel mit ſolchem
Dingen vor einen unglaublichen Gewinn ſchaf-
fe/ duͤrffte mancher aberglaͤubiſcher Menſch
wohl zu ſpaͤt/ mit unuͤberwindlichen Schaden/
innen werden. Es werden zwar wohl die mei-
ſten ſagen: Was denn damit boͤſes geſchehe/
wenn man ein Kind mit den Fuͤſſen an des Va-
ters Bruſt ſtieſſe? So ſey ja auch das Abſehen
warum es geſchehe gut/ daß das Kind nicht et-
wan eines boͤſen Todes ſterben moͤchte. Ja/ es
laͤſſet ſich dieſes zwar hoͤren und ſcheinet wahr zu
ſeyn; aber es verhaͤlt die ſich Sache viel anders/
als der aͤuſſerliche Schein und Klang iſt. Denn/
iſts nicht wahr? ihr ſeyd erſtlich nicht gewiß ver-
ſichert/ daß hierdurch eure Kinder eines ſchmaͤh-
ligen Todes werden befreyet bleiben/ ſo iſt es de-
ſto ſchlimmer; denn ihr/ und auch die Soͤhne/

mit
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[279/0103] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Das 40. Capitel. Sobald ein Knaͤblein gebohren iſt/ ſoll man es mit den Fuͤſſen an ſeines Vaters Bruſt ſtoſſen/ ſo ſoll es nimmermehr kein boͤß Ende nehmen. DIeſe und dergleichen Poſſen und Aber- glauben ſcheinen zwar von ſchlechter Wichtigkeit zu ſeyn/ und wenig zu bedeu- ten haben/ indem ſich der hunderte nicht einbil- den mag/ daß etwas boͤſes hieraus erwachſen koͤnne. Alleine/ was der Teuffel mit ſolchem Dingen vor einen unglaublichen Gewinn ſchaf- fe/ duͤrffte mancher aberglaͤubiſcher Menſch wohl zu ſpaͤt/ mit unuͤberwindlichen Schaden/ innen werden. Es werden zwar wohl die mei- ſten ſagen: Was denn damit boͤſes geſchehe/ wenn man ein Kind mit den Fuͤſſen an des Va- ters Bruſt ſtieſſe? So ſey ja auch das Abſehen warum es geſchehe gut/ daß das Kind nicht et- wan eines boͤſen Todes ſterben moͤchte. Ja/ es laͤſſet ſich dieſes zwar hoͤren und ſcheinet wahr zu ſeyn; aber es verhaͤlt die ſich Sache viel anders/ als der aͤuſſerliche Schein und Klang iſt. Denn/ iſts nicht wahr? ihr ſeyd erſtlich nicht gewiß ver- ſichert/ daß hierdurch eure Kinder eines ſchmaͤh- ligen Todes werden befreyet bleiben/ ſo iſt es de- ſto ſchlimmer; denn ihr/ und auch die Soͤhne/ mit S 4

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/103>, abgerufen am 29.03.2024.