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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super-klugen
Das 66. Capitel.

Wenn eine Elster auff einem Hause
sitzt und schreyet/ worinnen ein Krancker
liegt/ so wird der Krancke wieder
gesund.

DAs ist ein angenehmer Vogel/ dieser Vo-
gel bedeutet und bringet lauter Freude;
an einem andern Ort vernehmen wir/ daß
wenn er und seine Cameraden sich auff einem
Hause hören liessen/ so solten bald Gäste kom-
men; hier aber bringt er die gute Botschafft/
daß der Krancke wieder genesen soll. Ingleichen
geben die klugen Weiber/ in ihrer Rocken-Phi-
losophie
vor/ daß/ so die Elster Vormittage auff
einem Hause säß und schrie/ und man sähe sie von
forn zu/ so folgete etwas Gutes drauff; sey es
aber Nachmittage/ und man sähe sie von hinten
zu/ so folge Verdrüßlichkeit drauff. Aus welchen
allen abzunehmen ist/ daß dieser Vogel/ um sei-
nes langen Schwantzes halber/ so angenehm
sey. Denn so man die Sache wohl überleget/ so
wird sichs nicht anders befinden/ wenn sie sagen:
Wenn Vormittage die Elster von forn zu/ das
ist/ an dem Kopff/ Brust und Bauch zu gesehen
wird/ so folgt etwas Guts (das ist der Schwantz)
hernach. Also bringt dieser Vogel alles Glück
auff den laugen Schwantze. Kehret er nun aber

Nach-
Unterſuchung derer von ſuper-klugen
Das 66. Capitel.

Wenn eine Elſter auff einem Hauſe
ſitzt und ſchreyet/ worinnen ein Krancker
liegt/ ſo wird der Krancke wieder
geſund.

DAs iſt ein angenehmer Vogel/ dieſer Vo-
gel bedeutet und bringet lauter Freude;
an einem andern Ort vernehmen wir/ daß
wenn er und ſeine Cameraden ſich auff einem
Hauſe hoͤren lieſſen/ ſo ſolten bald Gaͤſte kom-
men; hier aber bringt er die gute Botſchafft/
daß der Krancke wieder geneſen ſoll. Ingleichen
geben die klugen Weiber/ in ihrer Rocken-Phi-
loſophie
vor/ daß/ ſo die Elſter Vormittage auff
einem Hauſe ſaͤß und ſchrie/ und man ſaͤhe ſie von
forn zu/ ſo folgete etwas Gutes drauff; ſey es
aber Nachmittage/ und man ſaͤhe ſie von hinten
zu/ ſo folge Verdruͤßlichkeit drauff. Aus welchen
allen abzunehmen iſt/ daß dieſer Vogel/ um ſei-
nes langen Schwantzes halber/ ſo angenehm
ſey. Denn ſo man die Sache wohl uͤberleget/ ſo
wird ſichs nicht anders befinden/ wenn ſie ſagen:
Wenn Vormittage die Elſter von forn zu/ das
iſt/ an dem Kopff/ Bruſt und Bauch zu geſehen
wird/ ſo folgt etwas Guts (das iſt der Schwantz)
hernach. Alſo bringt dieſer Vogel alles Gluͤck
auff den laugen Schwantze. Kehret er nun aber

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[342/0166] Unterſuchung derer von ſuper-klugen Das 66. Capitel. Wenn eine Elſter auff einem Hauſe ſitzt und ſchreyet/ worinnen ein Krancker liegt/ ſo wird der Krancke wieder geſund. DAs iſt ein angenehmer Vogel/ dieſer Vo- gel bedeutet und bringet lauter Freude; an einem andern Ort vernehmen wir/ daß wenn er und ſeine Cameraden ſich auff einem Hauſe hoͤren lieſſen/ ſo ſolten bald Gaͤſte kom- men; hier aber bringt er die gute Botſchafft/ daß der Krancke wieder geneſen ſoll. Ingleichen geben die klugen Weiber/ in ihrer Rocken-Phi- loſophie vor/ daß/ ſo die Elſter Vormittage auff einem Hauſe ſaͤß und ſchrie/ und man ſaͤhe ſie von forn zu/ ſo folgete etwas Gutes drauff; ſey es aber Nachmittage/ und man ſaͤhe ſie von hinten zu/ ſo folge Verdruͤßlichkeit drauff. Aus welchen allen abzunehmen iſt/ daß dieſer Vogel/ um ſei- nes langen Schwantzes halber/ ſo angenehm ſey. Denn ſo man die Sache wohl uͤberleget/ ſo wird ſichs nicht anders befinden/ wenn ſie ſagen: Wenn Vormittage die Elſter von forn zu/ das iſt/ an dem Kopff/ Bruſt und Bauch zu geſehen wird/ ſo folgt etwas Guts (das iſt der Schwantz) hernach. Alſo bringt dieſer Vogel alles Gluͤck auff den laugen Schwantze. Kehret er nun aber Nach-

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/166>, abgerufen am 20.04.2024.