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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super-klugen
Mach Nester/ wie du wilt/ die Zeit ist nun
vorbey/
Ja/ vielmehr machen letzt die Küchlein ein
Geschrey.
Die Eyer werden faul/ die Hüner brüten
nun/
Du magst nun was du wilt mit denen Ne-
stern thun.
Das 84. Capitel.

Ein schwangeres Weib/ das Gevat-
ter wird/ soll ja nicht das Kind selbst aus
der Tauffe heben.

FRagst du/ warum? so wird der alten Wei-
ber Philosophie dir antworten: Wenn ein
schwangeres Weib ein Kind selbst aus der
Tauffe hübe/ so würde entweder das Kind das
getaufft worden/ oder ihr eigenes/ das bald solte
gebohren werden/ bald sterben. Wenn aber die
gauckelhafftigen Damens solten eine Ursach an-
zeigen/ warum eines von beyden Kindern sterben
müste? so würden sie ohne Zweiffel verstummen.
Oder wenn ja eine Antwort gefiel/ würde sie ohn
Zweiffel von folgender Gattung seyn/ nehmlich:
Sie hätten ihr Lebtage gehöret/ es sey nicht gut
wenn eine schwangere Frau ein Kind in der
Tauffe hübe/ und daß von denen zwey Kindern
eines sterben müste/ und dieses ist also ihr gantzer

Be-
Unterſuchung derer von ſuper-klugen
Mach Neſter/ wie du wilt/ die Zeit iſt nun
vorbey/
Ja/ vielmehr machen letzt die Kuͤchlein ein
Geſchrey.
Die Eyer werden faul/ die Huͤner brüten
nun/
Du magſt nun was du wilt mit denen Ne-
ſtern thun.
Das 84. Capitel.

Ein ſchwangeres Weib/ das Gevat-
ter wird/ ſoll ja nicht das Kind ſelbſt aus
der Tauffe heben.

FRagſt du/ warum? ſo wird der alten Wei-
ber Philoſophie dir antworten: Wenn ein
ſchwangeres Weib ein Kind ſelbſt aus der
Tauffe huͤbe/ ſo wuͤrde entweder das Kind das
getaufft worden/ oder ihr eigenes/ das bald ſolte
gebohren werden/ bald ſterben. Wenn aber die
gauckelhafftigen Damens ſolten eine Urſach an-
zeigen/ warum eines von beyden Kindern ſterben
muͤſte? ſo wuͤrden ſie ohne Zweiffel verſtummen.
Oder wenn ja eine Antwort gefiel/ wuͤrde ſie ohn
Zweiffel von folgender Gattung ſeyn/ nehmlich:
Sie haͤtten ihr Lebtage gehoͤret/ es ſey nicht gut
wenn eine ſchwangere Frau ein Kind in der
Tauffe huͤbe/ und daß von denen zwey Kindern
eines ſterben muͤſte/ und dieſes iſt alſo ihr gantzer

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[384/0208] Unterſuchung derer von ſuper-klugen Mach Neſter/ wie du wilt/ die Zeit iſt nun vorbey/ Ja/ vielmehr machen letzt die Kuͤchlein ein Geſchrey. Die Eyer werden faul/ die Huͤner brüten nun/ Du magſt nun was du wilt mit denen Ne- ſtern thun. Das 84. Capitel. Ein ſchwangeres Weib/ das Gevat- ter wird/ ſoll ja nicht das Kind ſelbſt aus der Tauffe heben. FRagſt du/ warum? ſo wird der alten Wei- ber Philoſophie dir antworten: Wenn ein ſchwangeres Weib ein Kind ſelbſt aus der Tauffe huͤbe/ ſo wuͤrde entweder das Kind das getaufft worden/ oder ihr eigenes/ das bald ſolte gebohren werden/ bald ſterben. Wenn aber die gauckelhafftigen Damens ſolten eine Urſach an- zeigen/ warum eines von beyden Kindern ſterben muͤſte? ſo wuͤrden ſie ohne Zweiffel verſtummen. Oder wenn ja eine Antwort gefiel/ wuͤrde ſie ohn Zweiffel von folgender Gattung ſeyn/ nehmlich: Sie haͤtten ihr Lebtage gehoͤret/ es ſey nicht gut wenn eine ſchwangere Frau ein Kind in der Tauffe huͤbe/ und daß von denen zwey Kindern eines ſterben muͤſte/ und dieſes iſt alſo ihr gantzer Be-

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/208>, abgerufen am 28.03.2024.