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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Wer nun so lüstern ist/ vom Haasen Fleisch
zu essen/

Und will derhalben erst die Haasen-Boh-
nen fressen/

Dem sag ich ins Gesicht: Er sey ein rechter
Geck/

Den Haasen kriegt er nicht: es bleibt ihm
nur der Dreck.
Das 8. Capitel.

Des Nachts soll niemand in Spie-
gel sehen/ denn es ist nicht gut.

WEnn ich frage/ warum es nicht gut sey?
so geben mir einige Weiber zur Antwort:
Wer in der Nacht in einem Spiegel
schauete/ der sähe den Teuffel darinnen. Ich
vermeyne aber/ daß es vielleicht auff folgende
Art verstanden werden muß/ als wie der Teuf-
fel/ den jener arme liederliche Tropff in seinem
Beutel hatte/ wenn er in einer grossen Compa-
gnie Studenten vorgab/ woferne iemand Lust
hätte den Teuffel zu sehen/ so wolte er ihn sol-
chen/ gegen Erlegung eines Groschens weisen/
weil er ihn in einem ledern Beutel bey sich trüge.
Die curiösen Herren Studiosi wolten ein solch
Unthier zu sehen keiner seinem Groschen sparen/
und reichte demnach ein ieder sein Geld dar/ und
verfügten sich mit dem Teuffels-Jubelirer in ei-

ne
N 3
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Wer nun ſo luͤſtern iſt/ vom Haaſen Fleiſch
zu eſſen/

Und will derhalben erſt die Haaſen-Boh-
nen freſſen/

Dem ſag ich ins Geſicht: Er ſey ein rechter
Geck/

Den Haaſen kriegt er nicht: es bleibt ihm
nur der Dreck.
Das 8. Capitel.

Des Nachts ſoll niemand in Spie-
gel ſehen/ denn es iſt nicht gut.

WEnn ich frage/ warum es nicht gut ſey?
ſo geben mir einige Weiber zur Antwort:
Wer in der Nacht in einem Spiegel
ſchauete/ der ſaͤhe den Teuffel darinnen. Ich
vermeyne aber/ daß es vielleicht auff folgende
Art verſtanden werden muß/ als wie der Teuf-
fel/ den jener arme liederliche Tropff in ſeinem
Beutel hatte/ wenn er in einer groſſen Compa-
gnie Studenten vorgab/ woferne iemand Luſt
haͤtte den Teuffel zu ſehen/ ſo wolte er ihn ſol-
chen/ gegen Erlegung eines Groſchens weiſen/
weil er ihn in einem ledern Beutel bey ſich truͤge.
Die curioͤſen Herren Studioſi wolten ein ſolch
Unthier zu ſehen keiner ſeinem Groſchen ſparen/
und reichte demnach ein ieder ſein Geld dar/ und
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[197/0021] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Wer nun ſo luͤſtern iſt/ vom Haaſen Fleiſch zu eſſen/ Und will derhalben erſt die Haaſen-Boh- nen freſſen/ Dem ſag ich ins Geſicht: Er ſey ein rechter Geck/ Den Haaſen kriegt er nicht: es bleibt ihm nur der Dreck. Das 8. Capitel. Des Nachts ſoll niemand in Spie- gel ſehen/ denn es iſt nicht gut. WEnn ich frage/ warum es nicht gut ſey? ſo geben mir einige Weiber zur Antwort: Wer in der Nacht in einem Spiegel ſchauete/ der ſaͤhe den Teuffel darinnen. Ich vermeyne aber/ daß es vielleicht auff folgende Art verſtanden werden muß/ als wie der Teuf- fel/ den jener arme liederliche Tropff in ſeinem Beutel hatte/ wenn er in einer groſſen Compa- gnie Studenten vorgab/ woferne iemand Luſt haͤtte den Teuffel zu ſehen/ ſo wolte er ihn ſol- chen/ gegen Erlegung eines Groſchens weiſen/ weil er ihn in einem ledern Beutel bey ſich truͤge. Die curioͤſen Herren Studioſi wolten ein ſolch Unthier zu ſehen keiner ſeinem Groſchen ſparen/ und reichte demnach ein ieder ſein Geld dar/ und verfuͤgten ſich mit dem Teuffels-Jubelirer in ei- ne N 3

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/21>, abgerufen am 29.03.2024.