Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite
Untersuchung/ derer von super klugen
Das 12. Capitel.

Wenn die Kinder auff denen Gassen
mit Spiessen und Fähnlein reiten/ so ist es
ein wahrhafftiges Zeichen des Kriegs/
so über das Land kommen
wird.

JA freylich! es kan kaum fehlen; wenn die
Kinder mit Spiessen und Fähnlein rei-
ten/ mag es entweder eine schon vergange-
ne oder noch vorhandene Sache bedeuten; denn
die Kinder nehmen nichts anders für/ als was sie
sehen oder gesehen haben/ und sind wie der gros-
sen Leute ihre Affen. Wenn demnach Krieg
zu besorgen ist/ da werden gemeiniglich die Un-
terthanen und Land-Miliz in Kriegs-Exercitiis
geübet/ die Troppen marschiren hin und her/
bald zu Fuß bald zu Pferde. Wenn nun dieses
die Kinder täglich sehen/ so machen es die Aeff-
gen bald nach/ und spielen so zu sagen des Kriegs.
Alsdenn/ wenn der Krieg recht angehet/ so heist
es: Ey ja wohl haben es die Kinder gewust/ sie
haben mit ihrem Spiel solches Unheil uns deut-
lich genug propheceyet! und was dergleichen Al-
bertäten mehr sind. Ja wohl! wie wolt ihr
auch wahrhafftigere Propheten haben als Kin-
der? Denn ihr wisset ja wohl/ daß Kinder und
Narren die Wahrheit sagen. Aber ihr The-

ren/
Unterſuchung/ derer von ſuper klugen
Das 12. Capitel.

Wenn die Kinder auff denen Gaſſen
mit Spieſſen und Faͤhnlein reiten/ ſo iſt es
ein wahrhafftiges Zeichen des Kriegs/
ſo uͤber das Land kommen
wird.

JA freylich! es kan kaum fehlen; wenn die
Kinder mit Spieſſen und Faͤhnlein rei-
ten/ mag es entweder eine ſchon vergange-
ne oder noch vorhandene Sache bedeuten; denn
die Kinder nehmen nichts anders fuͤr/ als was ſie
ſehen oder geſehen haben/ und ſind wie der groſ-
ſen Leute ihre Affen. Wenn demnach Krieg
zu beſorgen iſt/ da werden gemeiniglich die Un-
terthanen und Land-Miliz in Kriegs-Exercitiis
geuͤbet/ die Troppen marſchiren hin und her/
bald zu Fuß bald zu Pferde. Wenn nun dieſes
die Kinder taͤglich ſehen/ ſo machen es die Aeff-
gen bald nach/ und ſpielen ſo zu ſagen des Kriegs.
Alsdenn/ wenn der Krieg recht angehet/ ſo heiſt
es: Ey ja wohl haben es die Kinder gewuſt/ ſie
haben mit ihrem Spiel ſolches Unheil uns deut-
lich genug propheceyet! und was dergleichen Al-
bertaͤten mehr ſind. Ja wohl! wie wolt ihr
auch wahrhafftigere Propheten haben als Kin-
der? Denn ihr wiſſet ja wohl/ daß Kinder und
Narren die Wahrheit ſagen. Aber ihr The-

ren/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0030" n="206"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Unter&#x017F;uchung/ derer von</hi> <hi rendition="#i"> <hi rendition="#aq">&#x017F;uper</hi> </hi> <hi rendition="#fr">klugen</hi> </fw><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Das 12. Capitel.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p>Wenn die Kinder auff denen Ga&#x017F;&#x017F;en<lb/>
mit Spie&#x017F;&#x017F;en und Fa&#x0364;hnlein reiten/ &#x017F;o i&#x017F;t es<lb/><hi rendition="#c">ein wahrhafftiges Zeichen des Kriegs/<lb/>
&#x017F;o u&#x0364;ber das Land kommen<lb/>
wird.</hi></p>
        </argument><lb/>
        <p><hi rendition="#in">J</hi>A freylich! es kan kaum fehlen; wenn die<lb/>
Kinder mit Spie&#x017F;&#x017F;en und Fa&#x0364;hnlein rei-<lb/>
ten/ mag es entweder eine &#x017F;chon vergange-<lb/>
ne oder noch vorhandene Sache bedeuten; denn<lb/>
die Kinder nehmen nichts anders fu&#x0364;r/ als was &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ehen oder ge&#x017F;ehen haben/ und &#x017F;ind wie der gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Leute ihre Affen. Wenn demnach Krieg<lb/>
zu be&#x017F;orgen i&#x017F;t/ da werden gemeiniglich die Un-<lb/>
terthanen und Land-<hi rendition="#aq">Miliz</hi> in Kriegs-<hi rendition="#aq">Exercitiis</hi><lb/>
geu&#x0364;bet/ die Troppen mar&#x017F;chiren hin und her/<lb/>
bald zu Fuß bald zu Pferde. Wenn nun die&#x017F;es<lb/>
die Kinder ta&#x0364;glich &#x017F;ehen/ &#x017F;o machen es die Aeff-<lb/>
gen bald nach/ und &#x017F;pielen &#x017F;o zu &#x017F;agen des Kriegs.<lb/>
Alsdenn/ wenn der Krieg recht angehet/ &#x017F;o hei&#x017F;t<lb/>
es: Ey ja wohl haben es die Kinder gewu&#x017F;t/ &#x017F;ie<lb/>
haben mit ihrem Spiel &#x017F;olches Unheil uns deut-<lb/>
lich genug propheceyet! und was dergleichen Al-<lb/>
berta&#x0364;ten mehr &#x017F;ind. Ja wohl! wie wolt ihr<lb/>
auch wahrhafftigere Propheten haben als Kin-<lb/>
der? Denn ihr wi&#x017F;&#x017F;et ja wohl/ daß Kinder und<lb/>
Narren die Wahrheit &#x017F;agen. Aber ihr The-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ren/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0030] Unterſuchung/ derer von ſuper klugen Das 12. Capitel. Wenn die Kinder auff denen Gaſſen mit Spieſſen und Faͤhnlein reiten/ ſo iſt es ein wahrhafftiges Zeichen des Kriegs/ ſo uͤber das Land kommen wird. JA freylich! es kan kaum fehlen; wenn die Kinder mit Spieſſen und Faͤhnlein rei- ten/ mag es entweder eine ſchon vergange- ne oder noch vorhandene Sache bedeuten; denn die Kinder nehmen nichts anders fuͤr/ als was ſie ſehen oder geſehen haben/ und ſind wie der groſ- ſen Leute ihre Affen. Wenn demnach Krieg zu beſorgen iſt/ da werden gemeiniglich die Un- terthanen und Land-Miliz in Kriegs-Exercitiis geuͤbet/ die Troppen marſchiren hin und her/ bald zu Fuß bald zu Pferde. Wenn nun dieſes die Kinder taͤglich ſehen/ ſo machen es die Aeff- gen bald nach/ und ſpielen ſo zu ſagen des Kriegs. Alsdenn/ wenn der Krieg recht angehet/ ſo heiſt es: Ey ja wohl haben es die Kinder gewuſt/ ſie haben mit ihrem Spiel ſolches Unheil uns deut- lich genug propheceyet! und was dergleichen Al- bertaͤten mehr ſind. Ja wohl! wie wolt ihr auch wahrhafftigere Propheten haben als Kin- der? Denn ihr wiſſet ja wohl/ daß Kinder und Narren die Wahrheit ſagen. Aber ihr The- ren/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/30
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/30>, abgerufen am 19.04.2024.