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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super-klugen
demnach nicht mit blossen Füßgen auff den
Tisch; Ein grössers aber/ das anfängt zu lauf-
fen/ das lernet auch nicht auff dem Tische/ son-
dern auff der Erden lauffen/ und ist solcher ge-
stalt dieses wohl eine vergebliche Sorge; iedoch
trägt sichs zuweilen zu/ daß die Kinder-Weiber
mit denen Kindern/ wenn sie sie in ein ander Kis-
sen einbinden wollen/ manchmahl ein wenig spie-
len/ solche nackend in die Höhe heben/ und sie/
aus Spaß/ mit denen Füßgen lassen aufstreten/
bey welcher Begebenheit sie es denn wohl in acht
nehmen/ daß das Kind ja nicht mit denen Füß-
gen auff den blossen Tisch kömmt/ in Besor-
gung/ daß es alsdenn böse Füsse bekommen wür-
de; legen demnach allezeit eine Windel oder ein
Kissen unter. Nun ist zwar eben nicht übel ge-
than/ daß/ wenn man ein solch zartes Kind mit
seinem noch gantz knorpelichen weichen Füßgen
nicht lässet auff einen harten/ zuweilen auch wohl
kalten steinern Schiefer-Tisch aufftreten. Daß
aber eigentlich und ohnfehlbar ein Kind von sol-
cher wenigen Aufffussung auff den blossen Tisch
solte böse Füsse bekommen/ und hingegen eine
schlechte untergelegte Windel solches verhüten
könne/ ist eine recht lächerliche und sehr einfältige
Meynung. Denn woferne man besorget seyn
will/ ob würde das Kind/ mit seinem noch wei-
chen und zarten Füßgen/ sich auff dem harten Ti-

sche

Unterſuchung derer von ſuper-klugen
demnach nicht mit bloſſen Fuͤßgen auff den
Tiſch; Ein groͤſſers aber/ das anfaͤngt zu lauf-
fen/ das lernet auch nicht auff dem Tiſche/ ſon-
dern auff der Erden lauffen/ und iſt ſolcher ge-
ſtalt dieſes wohl eine vergebliche Sorge; iedoch
traͤgt ſichs zuweilen zu/ daß die Kinder-Weiber
mit denen Kindern/ wenn ſie ſie in ein ander Kiſ-
ſen einbinden wollen/ manchmahl ein wenig ſpie-
len/ ſolche nackend in die Hoͤhe heben/ und ſie/
aus Spaß/ mit denen Fuͤßgen laſſen aufſtreten/
bey welcher Begebenheit ſie es denn wohl in acht
nehmen/ daß das Kind ja nicht mit denen Fuͤß-
gen auff den bloſſen Tiſch koͤmmt/ in Beſor-
gung/ daß es alsdenn boͤſe Fuͤſſe bekommen wuͤr-
de; legen demnach allezeit eine Windel oder ein
Kiſſen unter. Nun iſt zwar eben nicht uͤbel ge-
than/ daß/ wenn man ein ſolch zartes Kind mit
ſeinem noch gantz knorpelichen weichen Fuͤßgen
nicht laͤſſet auff einen harten/ zuweilen auch wohl
kalten ſteinern Schiefer-Tiſch aufftreten. Daß
aber eigentlich und ohnfehlbar ein Kind von ſol-
cher wenigen Aufffuſſung auff den bloſſen Tiſch
ſolte boͤſe Fuͤſſe bekommen/ und hingegen eine
ſchlechte untergelegte Windel ſolches verhuͤten
koͤnne/ iſt eine recht laͤcherliche und ſehr einfaͤltige
Meynung. Denn woferne man beſorget ſeyn
will/ ob wuͤrde das Kind/ mit ſeinem noch wei-
chen und zarten Fuͤßgen/ ſich auff dem harten Ti-

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[356/0180] Unterſuchung derer von ſuper-klugen demnach nicht mit bloſſen Fuͤßgen auff den Tiſch; Ein groͤſſers aber/ das anfaͤngt zu lauf- fen/ das lernet auch nicht auff dem Tiſche/ ſon- dern auff der Erden lauffen/ und iſt ſolcher ge- ſtalt dieſes wohl eine vergebliche Sorge; iedoch traͤgt ſichs zuweilen zu/ daß die Kinder-Weiber mit denen Kindern/ wenn ſie ſie in ein ander Kiſ- ſen einbinden wollen/ manchmahl ein wenig ſpie- len/ ſolche nackend in die Hoͤhe heben/ und ſie/ aus Spaß/ mit denen Fuͤßgen laſſen aufſtreten/ bey welcher Begebenheit ſie es denn wohl in acht nehmen/ daß das Kind ja nicht mit denen Fuͤß- gen auff den bloſſen Tiſch koͤmmt/ in Beſor- gung/ daß es alsdenn boͤſe Fuͤſſe bekommen wuͤr- de; legen demnach allezeit eine Windel oder ein Kiſſen unter. Nun iſt zwar eben nicht uͤbel ge- than/ daß/ wenn man ein ſolch zartes Kind mit ſeinem noch gantz knorpelichen weichen Fuͤßgen nicht laͤſſet auff einen harten/ zuweilen auch wohl kalten ſteinern Schiefer-Tiſch aufftreten. Daß aber eigentlich und ohnfehlbar ein Kind von ſol- cher wenigen Aufffuſſung auff den bloſſen Tiſch ſolte boͤſe Fuͤſſe bekommen/ und hingegen eine ſchlechte untergelegte Windel ſolches verhuͤten koͤnne/ iſt eine recht laͤcherliche und ſehr einfaͤltige Meynung. Denn woferne man beſorget ſeyn will/ ob wuͤrde das Kind/ mit ſeinem noch wei- chen und zarten Fuͤßgen/ ſich auff dem harten Ti- ſche

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/180>, abgerufen am 19.04.2024.