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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
tet/ solche Gewissen-lose Betrüger zu Dienern
und Handlangern hat/ welche bey geschnittenen
Brüchen/ nach abgefallener Schnure oder Ban-
de/ solche zu sich nehmen/ und sich damit zu
Mühl-Knechten/ Zimmerleuten/ Mäurern
und dergleichen Leuten die schwere Last heben
müssen/ machen/ und dieselben beschwatzen/ daß
wer eine Schnure/ womit ein geheileter Bruch
gebunden gewesen sey/ bey sich trüge/ der könne
sich nicht zerheben; verkauffen demnach einen
solchen nichts-werthen Dreck/ den sie von rechts
wegen ins Feuer schmeissen solten/ vor 1. biß 2.
Thaler/ dergleichen ich selbst gesehen. Und die-
ses heißt alsdenn nicht dem andern sein Geld
aus dem Beutel gestohlen/ denn er hats ihm
selbst gegeben. Aber da mag es wohl heissen: Die
Welt will betrogen seyn! ja wahrhafftig betro-
gen gnung/ so wohl an der Nahrung und zeitli-
chen Vermögen/ als auch an der Seelen. Denn
das ist gewiß/ daß mancher einfältiger Mühl-
Knecht/ Zimmer- oder Mäurer-Geselle etc. nicht
allein sein Bißgen Verdienst und Tage- oder
Wochen-Lohn einem solchen Betrüger vor den
stinckenden Qvarck giebet/ sondern setzet auch
noch sein gantzes Vertrauen darauff/ daß er nun
heben möge wie er wolle/ ohne Besorgung eines
Schadens/ und es geschicht auch wohl manchen
kein Schade/ iedoch nicht um des bey sich haben-

den
A a 2

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
tet/ ſolche Gewiſſen-loſe Betruͤger zu Dienern
und Handlangern hat/ welche bey geſchnittenen
Bruͤchen/ nach abgefallener Schnure oder Ban-
de/ ſolche zu ſich nehmen/ und ſich damit zu
Muͤhl-Knechten/ Zimmerleuten/ Maͤurern
und dergleichen Leuten die ſchwere Laſt heben
muͤſſen/ machen/ und dieſelben beſchwatzen/ daß
wer eine Schnure/ womit ein geheileter Bruch
gebunden geweſen ſey/ bey ſich truͤge/ der koͤnne
ſich nicht zerheben; verkauffen demnach einen
ſolchen nichts-werthen Dreck/ den ſie von rechts
wegen ins Feuer ſchmeiſſen ſolten/ vor 1. biß 2.
Thaler/ dergleichen ich ſelbſt geſehen. Und die-
ſes heißt alsdenn nicht dem andern ſein Geld
aus dem Beutel geſtohlen/ denn er hats ihm
ſelbſt gegeben. Aber da mag es wohl heiſſen: Die
Welt will betrogen ſeyn! ja wahrhafftig betro-
gen gnung/ ſo wohl an der Nahrung und zeitli-
chen Vermoͤgen/ als auch an der Seelen. Denn
das iſt gewiß/ daß mancher einfaͤltiger Muͤhl-
Knecht/ Zimmer- oder Maͤurer-Geſelle ꝛc. nicht
allein ſein Bißgen Verdienſt und Tage- oder
Wochen-Lohn einem ſolchen Betruͤger vor den
ſtinckenden Qvarck giebet/ ſondern ſetzet auch
noch ſein gantzes Vertrauen darauff/ daß er nun
heben moͤge wie er wolle/ ohne Beſorgung eines
Schadens/ und es geſchicht auch wohl manchen
kein Schade/ iedoch nicht um des bey ſich haben-

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[371/0195] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. tet/ ſolche Gewiſſen-loſe Betruͤger zu Dienern und Handlangern hat/ welche bey geſchnittenen Bruͤchen/ nach abgefallener Schnure oder Ban- de/ ſolche zu ſich nehmen/ und ſich damit zu Muͤhl-Knechten/ Zimmerleuten/ Maͤurern und dergleichen Leuten die ſchwere Laſt heben muͤſſen/ machen/ und dieſelben beſchwatzen/ daß wer eine Schnure/ womit ein geheileter Bruch gebunden geweſen ſey/ bey ſich truͤge/ der koͤnne ſich nicht zerheben; verkauffen demnach einen ſolchen nichts-werthen Dreck/ den ſie von rechts wegen ins Feuer ſchmeiſſen ſolten/ vor 1. biß 2. Thaler/ dergleichen ich ſelbſt geſehen. Und die- ſes heißt alsdenn nicht dem andern ſein Geld aus dem Beutel geſtohlen/ denn er hats ihm ſelbſt gegeben. Aber da mag es wohl heiſſen: Die Welt will betrogen ſeyn! ja wahrhafftig betro- gen gnung/ ſo wohl an der Nahrung und zeitli- chen Vermoͤgen/ als auch an der Seelen. Denn das iſt gewiß/ daß mancher einfaͤltiger Muͤhl- Knecht/ Zimmer- oder Maͤurer-Geſelle ꝛc. nicht allein ſein Bißgen Verdienſt und Tage- oder Wochen-Lohn einem ſolchen Betruͤger vor den ſtinckenden Qvarck giebet/ ſondern ſetzet auch noch ſein gantzes Vertrauen darauff/ daß er nun heben moͤge wie er wolle/ ohne Beſorgung eines Schadens/ und es geſchicht auch wohl manchen kein Schade/ iedoch nicht um des bey ſich haben- den A a 2

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/195>, abgerufen am 28.03.2024.