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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super-klugen

DIeses ist eben auch ein solch schönes Kunst-
Stücklein/ wie das vorige/ oder ein Buch-
stabe aus des Teuffels ABC. Mancher
Fuhrmann giebt viel Geld vor eine elende Ot-
ter- oder Schlangen-Zunge/ und glaubt so ge-
wiß daran/ daß es seinen Pferden helffe/ wenn
er solche in der Peitschen habe; wenn die Pfer-
de sauffen/ und er hält die Peitsche über sie/ so
glaubt er daß sie sich nicht übersauffen können;
Und also trauet er der Otter-Zunge mehr zu/ als
seiner eigenen Vor- und Auffsicht. Und weil
hiermit dem Teuffel ein Dienst geschicht/ so hilfft
er zuweilen verhüten daß wieder des Fuhr-
manns Meynung nichts geschehen darff/ und
solcher gestalt stärckt er nicht alleine diesen Fuhr-
mann in seinem Aberglauben; sondern es dienet
ihm auch darzu/ daß andere Fuhrleute mehr sich
dieser abgöttischen Kunst alsdenn bedienen. Un-
terdessen siehet der Teuffel schon eine andere Ge-
legenheit/ wie er solchen abergläubischen Fuhr-
leuten in anderer Gestalt eine Grube bereite/
und ihnen noch ein viel grösser Unglück zurichte/
als das gewesen wäre/ das er dem Ansehen nach
durch die Otter-Zunge hat verhüten helffen/ wel-
ches aber ein wüster Fuhrmann/ der Sonn und
Werckel-Tages auff der Strassen lieget/ und in
einem Viertel-Jahre keine Predigt höret/ nicht
überleget noch bedencket. Denn/ was würde ei-

ner
Unterſuchung derer von ſuper-klugen

DIeſes iſt eben auch ein ſolch ſchoͤnes Kunſt-
Stuͤcklein/ wie das vorige/ oder ein Buch-
ſtabe aus des Teuffels ABC. Mancher
Fuhrmann giebt viel Geld vor eine elende Ot-
ter- oder Schlangen-Zunge/ und glaubt ſo ge-
wiß daran/ daß es ſeinen Pferden helffe/ wenn
er ſolche in der Peitſchen habe; wenn die Pfer-
de ſauffen/ und er haͤlt die Peitſche uͤber ſie/ ſo
glaubt er daß ſie ſich nicht uͤberſauffen koͤnnen;
Und alſo trauet er der Otter-Zunge mehr zu/ als
ſeiner eigenen Vor- und Auffſicht. Und weil
hiermit dem Teuffel ein Dienſt geſchicht/ ſo hilfft
er zuweilen verhuͤten daß wieder des Fuhr-
manns Meynung nichts geſchehen darff/ und
ſolcher geſtalt ſtaͤrckt er nicht alleine dieſen Fuhr-
mann in ſeinem Aberglauben; ſondern es dienet
ihm auch darzu/ daß andere Fuhrleute mehr ſich
dieſer abgoͤttiſchen Kunſt alsdenn bedienen. Un-
terdeſſen ſiehet der Teuffel ſchon eine andere Ge-
legenheit/ wie er ſolchen aberglaͤubiſchen Fuhr-
leuten in anderer Geſtalt eine Grube bereite/
und ihnen noch ein viel groͤſſer Ungluͤck zurichte/
als das geweſen waͤre/ das er dem Anſehen nach
durch die Otter-Zunge hat verhuͤten helffen/ wel-
ches aber ein wuͤſter Fuhrmann/ der Sonn und
Werckel-Tages auff der Straſſen lieget/ und in
einem Viertel-Jahre keine Predigt hoͤret/ nicht
uͤberleget noch bedencket. Denn/ was wuͤrde ei-

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[380/0204] Unterſuchung derer von ſuper-klugen DIeſes iſt eben auch ein ſolch ſchoͤnes Kunſt- Stuͤcklein/ wie das vorige/ oder ein Buch- ſtabe aus des Teuffels ABC. Mancher Fuhrmann giebt viel Geld vor eine elende Ot- ter- oder Schlangen-Zunge/ und glaubt ſo ge- wiß daran/ daß es ſeinen Pferden helffe/ wenn er ſolche in der Peitſchen habe; wenn die Pfer- de ſauffen/ und er haͤlt die Peitſche uͤber ſie/ ſo glaubt er daß ſie ſich nicht uͤberſauffen koͤnnen; Und alſo trauet er der Otter-Zunge mehr zu/ als ſeiner eigenen Vor- und Auffſicht. Und weil hiermit dem Teuffel ein Dienſt geſchicht/ ſo hilfft er zuweilen verhuͤten daß wieder des Fuhr- manns Meynung nichts geſchehen darff/ und ſolcher geſtalt ſtaͤrckt er nicht alleine dieſen Fuhr- mann in ſeinem Aberglauben; ſondern es dienet ihm auch darzu/ daß andere Fuhrleute mehr ſich dieſer abgoͤttiſchen Kunſt alsdenn bedienen. Un- terdeſſen ſiehet der Teuffel ſchon eine andere Ge- legenheit/ wie er ſolchen aberglaͤubiſchen Fuhr- leuten in anderer Geſtalt eine Grube bereite/ und ihnen noch ein viel groͤſſer Ungluͤck zurichte/ als das geweſen waͤre/ das er dem Anſehen nach durch die Otter-Zunge hat verhuͤten helffen/ wel- ches aber ein wuͤſter Fuhrmann/ der Sonn und Werckel-Tages auff der Straſſen lieget/ und in einem Viertel-Jahre keine Predigt hoͤret/ nicht uͤberleget noch bedencket. Denn/ was wuͤrde ei- ner

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/204>, abgerufen am 29.03.2024.