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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hoch gehaltenen Aberglauben.
ein Kind/ so ists nichts seltsames/ und kan die Ur-
sach keines weges daher rühren/ sondern es blei-
bet dabey: Es leben oder sterben die Kinder/ so
leben oder sterben sie dem HErrn/ oder nach dem
Rathschluß GOttes; denn GOtt hat ja einem
ieden Menschen sein Ziel gesetzt zu sterben/ wel-
ches er nicht wird übergehen können. Wer aber
diesem fürhabenden Puncte glaubet der verklei-
nert GOttes Gerichte und Rathschluß/ als ob
ein solch Kind/ das entweder noch in seiner Mut-
ter verborgen gelegen/ oder das von einer
schwangern Pathe aus der Tauffe gehoben wor-
den/ um solcher heiligen Verrichtung willen eher
sterben müsse/ als GOtt gewolt. Aber es bleibt
wohl bey dem wahren Sprichwort: Was
GOtt will erqvicken/ kan niemand ersticken.

Drum glaub' der Thorheit nicht/
Verrichte du das deine mit wahrer Zuver-
sicht/
Und trau nur GOtt allein/
Der wird bey deinem Kinde/ und auch bey
jenen seyn/
Daß beyderseits kein Leid/
Vielweniger das Sterben/ erfolge vor der
Zeit.
Das
B b 2

Weibern hoch gehaltenen Aberglauben.
ein Kind/ ſo iſts nichts ſeltſames/ und kan die Ur-
ſach keines weges daher ruͤhren/ ſondern es blei-
bet dabey: Es leben oder ſterben die Kinder/ ſo
leben oder ſterben ſie dem HErrn/ oder nach dem
Rathſchluß GOttes; denn GOtt hat ja einem
ieden Menſchen ſein Ziel geſetzt zu ſterben/ wel-
ches er nicht wird uͤbergehen koͤnnen. Wer aber
dieſem fuͤrhabenden Puncte glaubet der verklei-
nert GOttes Gerichte und Rathſchluß/ als ob
ein ſolch Kind/ das entweder noch in ſeiner Mut-
ter verborgen gelegen/ oder das von einer
ſchwangern Pathe aus der Tauffe gehoben wor-
den/ um ſolcher heiligen Verrichtung willen eher
ſterben muͤſſe/ als GOtt gewolt. Aber es bleibt
wohl bey dem wahren Sprichwort: Was
GOtt will erqvicken/ kan niemand erſticken.

Drum glaub’ der Thorheit nicht/
Verrichte du das deine mit wahrer Zuver-
ſicht/
Und trau nur GOtt allein/
Der wird bey deinem Kinde/ und auch bey
jenen ſeyn/
Daß beyderſeits kein Leid/
Vielweniger das Sterben/ erfolge vor der
Zeit.
Das
B b 2
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[387/0211] Weibern hoch gehaltenen Aberglauben. ein Kind/ ſo iſts nichts ſeltſames/ und kan die Ur- ſach keines weges daher ruͤhren/ ſondern es blei- bet dabey: Es leben oder ſterben die Kinder/ ſo leben oder ſterben ſie dem HErrn/ oder nach dem Rathſchluß GOttes; denn GOtt hat ja einem ieden Menſchen ſein Ziel geſetzt zu ſterben/ wel- ches er nicht wird uͤbergehen koͤnnen. Wer aber dieſem fuͤrhabenden Puncte glaubet der verklei- nert GOttes Gerichte und Rathſchluß/ als ob ein ſolch Kind/ das entweder noch in ſeiner Mut- ter verborgen gelegen/ oder das von einer ſchwangern Pathe aus der Tauffe gehoben wor- den/ um ſolcher heiligen Verrichtung willen eher ſterben muͤſſe/ als GOtt gewolt. Aber es bleibt wohl bey dem wahren Sprichwort: Was GOtt will erqvicken/ kan niemand erſticken. Drum glaub’ der Thorheit nicht/ Verrichte du das deine mit wahrer Zuver- ſicht/ Und trau nur GOtt allein/ Der wird bey deinem Kinde/ und auch bey jenen ſeyn/ Daß beyderſeits kein Leid/ Vielweniger das Sterben/ erfolge vor der Zeit. Das B b 2

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/211>, abgerufen am 29.03.2024.