Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Untersuchung/ derer von super-klugen
mein ist/ und wenn die Eltern ihnen diese Untu-
gend abgewöhnen wollen/ so beschämen sie sie
nicht allein deß wegen/ sondern geben ihnen zu-
weilen auch wohl gar Schläge/ ohnerachtet sol-
che Untugend denen Kindern mehrentheils un-
wissend und im Schlaff begegnet. Dahero die
Kinder dieses Laster offt gar gerne unterlassen
möchten/ dem sie wieder ihren Willen unter-
worffen sind. Wenn denn nun das Gauckeln
im Lichte eine Untugend der Kinder ist/ welches
vielmehr gefährlicher ist als das Bett-Harnen/
als haben verständige Eltern nicht uneben erson-
nen/ denen Kindern ein Laster mit dem andern
durch Klugheit abzugewöhnen/ und haben da-
hero zu denen Kindern gesagt/ wenn sie sie haben
im Lichte gauckeln gesehen: Wer im Lichte gau-
ckele/ der harne hernach ins Bett. Hierdurch
werden die Kinder (weil sie gäntzlich glauben es
sey wahr) von dem Licht-Gauckeln abgeschreckt/
daß sie es andere Zeit unterlassen/ damit sie her-
nach um dieses Lasters willen nicht geschlagen o-
der beschämet werden möchten. Unterdessen
ist dieses Vorgeben durch die lange Gewohn-
heit von denen Kindern unter erwachsene Leute
kommen/ iedoch mehr aus Schertz/ als Ernst.
Wiewohl es gleichwohl alte Narren giebt/ die es
vor wahr achten.

Wenn

Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
mein iſt/ und wenn die Eltern ihnen dieſe Untu-
gend abgewoͤhnen wollen/ ſo beſchaͤmen ſie ſie
nicht allein deß wegen/ ſondern geben ihnen zu-
weilen auch wohl gar Schlaͤge/ ohnerachtet ſol-
che Untugend denen Kindern mehrentheils un-
wiſſend und im Schlaff begegnet. Dahero die
Kinder dieſes Laſter offt gar gerne unterlaſſen
moͤchten/ dem ſie wieder ihren Willen unter-
worffen ſind. Wenn denn nun das Gauckeln
im Lichte eine Untugend der Kinder iſt/ welches
vielmehr gefaͤhrlicher iſt als das Bett-Harnen/
als haben verſtaͤndige Eltern nicht uneben erſon-
nen/ denen Kindern ein Laſter mit dem andern
durch Klugheit abzugewoͤhnen/ und haben da-
hero zu denen Kindern geſagt/ wenn ſie ſie haben
im Lichte gauckeln geſehen: Wer im Lichte gau-
ckele/ der harne hernach ins Bett. Hierdurch
werden die Kinder (weil ſie gaͤntzlich glauben es
ſey wahr) von dem Licht-Gauckeln abgeſchreckt/
daß ſie es andere Zeit unterlaſſen/ damit ſie her-
nach um dieſes Laſters willen nicht geſchlagen o-
der beſchaͤmet werden moͤchten. Unterdeſſen
iſt dieſes Vorgeben durch die lange Gewohn-
heit von denen Kindern unter erwachſene Leute
kommen/ iedoch mehr aus Schertz/ als Ernſt.
Wiewohl es gleichwohl alte Narren giebt/ die es
vor wahr achten.

Wenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0024" n="200"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Unter&#x017F;uchung/ derer von</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">&#x017F;uper-</hi></hi><hi rendition="#fr">klugen</hi></fw><lb/>
mein i&#x017F;t/ und wenn die Eltern ihnen die&#x017F;e Untu-<lb/>
gend abgewo&#x0364;hnen wollen/ &#x017F;o be&#x017F;cha&#x0364;men &#x017F;ie &#x017F;ie<lb/>
nicht allein deß wegen/ &#x017F;ondern geben ihnen zu-<lb/>
weilen auch wohl gar Schla&#x0364;ge/ ohnerachtet &#x017F;ol-<lb/>
che Untugend denen Kindern mehrentheils un-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;end und im Schlaff begegnet. Dahero die<lb/>
Kinder die&#x017F;es La&#x017F;ter offt gar gerne unterla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
mo&#x0364;chten/ dem &#x017F;ie wieder ihren Willen unter-<lb/>
worffen &#x017F;ind. Wenn denn nun das Gauckeln<lb/>
im Lichte eine Untugend der Kinder i&#x017F;t/ welches<lb/>
vielmehr gefa&#x0364;hrlicher i&#x017F;t als das Bett-Harnen/<lb/>
als haben ver&#x017F;ta&#x0364;ndige Eltern nicht uneben er&#x017F;on-<lb/>
nen/ denen Kindern ein La&#x017F;ter mit dem andern<lb/>
durch Klugheit abzugewo&#x0364;hnen/ und haben da-<lb/>
hero zu denen Kindern ge&#x017F;agt/ wenn &#x017F;ie &#x017F;ie haben<lb/>
im Lichte gauckeln ge&#x017F;ehen: Wer im Lichte gau-<lb/>
ckele/ der harne hernach ins Bett. Hierdurch<lb/>
werden die Kinder (weil &#x017F;ie ga&#x0364;ntzlich glauben es<lb/>
&#x017F;ey wahr) von dem Licht-Gauckeln abge&#x017F;chreckt/<lb/>
daß &#x017F;ie es andere Zeit unterla&#x017F;&#x017F;en/ damit &#x017F;ie her-<lb/>
nach um die&#x017F;es La&#x017F;ters willen nicht ge&#x017F;chlagen o-<lb/>
der be&#x017F;cha&#x0364;met werden mo&#x0364;chten. Unterde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
i&#x017F;t die&#x017F;es Vorgeben durch die lange Gewohn-<lb/>
heit von denen Kindern unter erwach&#x017F;ene Leute<lb/>
kommen/ iedoch mehr aus Schertz/ als Ern&#x017F;t.<lb/>
Wiewohl es gleichwohl alte Narren giebt/ die es<lb/>
vor wahr achten.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0024] Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen mein iſt/ und wenn die Eltern ihnen dieſe Untu- gend abgewoͤhnen wollen/ ſo beſchaͤmen ſie ſie nicht allein deß wegen/ ſondern geben ihnen zu- weilen auch wohl gar Schlaͤge/ ohnerachtet ſol- che Untugend denen Kindern mehrentheils un- wiſſend und im Schlaff begegnet. Dahero die Kinder dieſes Laſter offt gar gerne unterlaſſen moͤchten/ dem ſie wieder ihren Willen unter- worffen ſind. Wenn denn nun das Gauckeln im Lichte eine Untugend der Kinder iſt/ welches vielmehr gefaͤhrlicher iſt als das Bett-Harnen/ als haben verſtaͤndige Eltern nicht uneben erſon- nen/ denen Kindern ein Laſter mit dem andern durch Klugheit abzugewoͤhnen/ und haben da- hero zu denen Kindern geſagt/ wenn ſie ſie haben im Lichte gauckeln geſehen: Wer im Lichte gau- ckele/ der harne hernach ins Bett. Hierdurch werden die Kinder (weil ſie gaͤntzlich glauben es ſey wahr) von dem Licht-Gauckeln abgeſchreckt/ daß ſie es andere Zeit unterlaſſen/ damit ſie her- nach um dieſes Laſters willen nicht geſchlagen o- der beſchaͤmet werden moͤchten. Unterdeſſen iſt dieſes Vorgeben durch die lange Gewohn- heit von denen Kindern unter erwachſene Leute kommen/ iedoch mehr aus Schertz/ als Ernſt. Wiewohl es gleichwohl alte Narren giebt/ die es vor wahr achten. Wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/24
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/24>, abgerufen am 28.03.2024.