Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite
Untersuchung derer von super-klugen
Vor dem all Creatur erschrickt/
Durch dessen Krafft es schlägt und blitzt/
Der ists allein/ der uns beschützt.
Das 35. Capitel.

Ein Kalb/ so an Valtens-Tage ge-
worffen ist/ dienet nicht zur Zucht.

FRag ich einen Bauer/ warum ein Kalb
nicht zur Zucht diene/ das an Valtens-
Tage ist jung worden? so antwortet er
mir nicht ordentlich auff meine Frage/ sondern
spricht: Es würde sein Tage niemand gern
solch Vieh zur Zucht behalten/ daß an Valtens-
Tage jung worden sey/ die Ursach weiß er aber
selber nicht. Nach der gemeinen Sage heist es
zwar: Ein Bauer thut selten etwas ohne Ur-
sach und Nutzen; Aber dieses ist wahrhafftig
ohne einigen Nutzen. Denn ob gleich ehemahl
ein Jahr oder auch etliche Jahre nach einander
der Tag Valentini solte unglücklich gewesen
seyn/ so ist dennoch nunmehro so viel Secula her/
die Zeit und die Eigenschafft der Zeiten dermas-
sen verändert/ daß gantz nicht mehr darauff zu
reflectiren ist. Zu dem möchte ich gern wis-
sen/ was der gute ehrliche Valentin gethan hät-
te/ daß sein Nahmens-Tag so unglücklich seyn
solle. Wenn es ein Nahme wäre der allezeit
auff einem gewissen Wochen-Tag gefällig wär/

(derglei-
Unterſuchung derer von ſuper-klugen
Vor dem all Creatur erſchrickt/
Durch deſſen Krafft es ſchlaͤgt und blitzt/
Der iſts allein/ der uns beſchuͤtzt.
Das 35. Capitel.

Ein Kalb/ ſo an Valtens-Tage ge-
worffen iſt/ dienet nicht zur Zucht.

FRag ich einen Bauer/ warum ein Kalb
nicht zur Zucht diene/ das an Valtens-
Tage iſt jung worden? ſo antwortet er
mir nicht ordentlich auff meine Frage/ ſondern
ſpricht: Es wuͤrde ſein Tage niemand gern
ſolch Vieh zur Zucht behalten/ daß an Valtens-
Tage jung worden ſey/ die Urſach weiß er aber
ſelber nicht. Nach der gemeinen Sage heiſt es
zwar: Ein Bauer thut ſelten etwas ohne Ur-
ſach und Nutzen; Aber dieſes iſt wahrhafftig
ohne einigen Nutzen. Denn ob gleich ehemahl
ein Jahr oder auch etliche Jahre nach einander
der Tag Valentini ſolte ungluͤcklich geweſen
ſeyn/ ſo iſt dennoch nunmehro ſo viel Secula her/
die Zeit und die Eigenſchafft der Zeiten dermaſ-
ſen veraͤndert/ daß gantz nicht mehr darauff zu
reflectiren iſt. Zu dem moͤchte ich gern wiſ-
ſen/ was der gute ehrliche Valentin gethan haͤt-
te/ daß ſein Nahmens-Tag ſo ungluͤcklich ſeyn
ſolle. Wenn es ein Nahme waͤre der allezeit
auff einem gewiſſen Wochen-Tag gefaͤllig waͤr/

(derglei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0090" n="266"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Unter&#x017F;uchung derer von</hi> <hi rendition="#i"> <hi rendition="#aq">&#x017F;uper-</hi> </hi> <hi rendition="#fr">klugen</hi> </fw><lb/>
          <l>Vor dem all Creatur er&#x017F;chrickt/</l><lb/>
          <l>Durch de&#x017F;&#x017F;en Krafft es &#x017F;chla&#x0364;gt und blitzt/</l><lb/>
          <l>Der i&#x017F;ts allein/ der uns be&#x017F;chu&#x0364;tzt.</l>
        </lg>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Das 35. Capitel.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p>Ein Kalb/ &#x017F;o an Valtens-Tage ge-<lb/><hi rendition="#c">worffen i&#x017F;t/ dienet nicht zur Zucht.</hi></p>
        </argument><lb/>
        <p><hi rendition="#in">F</hi>Rag ich einen Bauer/ warum ein Kalb<lb/>
nicht zur Zucht diene/ das an Valtens-<lb/>
Tage i&#x017F;t jung worden? &#x017F;o antwortet er<lb/>
mir nicht ordentlich auff meine Frage/ &#x017F;ondern<lb/>
&#x017F;pricht: Es wu&#x0364;rde &#x017F;ein Tage niemand gern<lb/>
&#x017F;olch Vieh zur Zucht behalten/ daß an Valtens-<lb/>
Tage jung worden &#x017F;ey/ die Ur&#x017F;ach weiß er aber<lb/>
&#x017F;elber nicht. Nach der gemeinen Sage hei&#x017F;t es<lb/>
zwar: Ein Bauer thut &#x017F;elten etwas ohne Ur-<lb/>
&#x017F;ach und Nutzen; Aber die&#x017F;es i&#x017F;t wahrhafftig<lb/>
ohne einigen Nutzen. Denn ob gleich ehemahl<lb/>
ein Jahr oder auch etliche Jahre nach einander<lb/>
der Tag Valentini &#x017F;olte unglu&#x0364;cklich gewe&#x017F;en<lb/>
&#x017F;eyn/ &#x017F;o i&#x017F;t dennoch nunmehro &#x017F;o viel <hi rendition="#aq">Secula</hi> her/<lb/>
die Zeit und die Eigen&#x017F;chafft der Zeiten derma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en vera&#x0364;ndert/ daß gantz nicht mehr darauff zu<lb/><hi rendition="#aq">reflectir</hi>en i&#x017F;t. Zu dem mo&#x0364;chte ich gern wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ was der gute ehrliche Valentin gethan ha&#x0364;t-<lb/>
te/ daß &#x017F;ein Nahmens-Tag &#x017F;o unglu&#x0364;cklich &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;olle. Wenn es ein Nahme wa&#x0364;re der allezeit<lb/>
auff einem gewi&#x017F;&#x017F;en Wochen-Tag gefa&#x0364;llig wa&#x0364;r/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">(derglei-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0090] Unterſuchung derer von ſuper-klugen Vor dem all Creatur erſchrickt/ Durch deſſen Krafft es ſchlaͤgt und blitzt/ Der iſts allein/ der uns beſchuͤtzt. Das 35. Capitel. Ein Kalb/ ſo an Valtens-Tage ge- worffen iſt/ dienet nicht zur Zucht. FRag ich einen Bauer/ warum ein Kalb nicht zur Zucht diene/ das an Valtens- Tage iſt jung worden? ſo antwortet er mir nicht ordentlich auff meine Frage/ ſondern ſpricht: Es wuͤrde ſein Tage niemand gern ſolch Vieh zur Zucht behalten/ daß an Valtens- Tage jung worden ſey/ die Urſach weiß er aber ſelber nicht. Nach der gemeinen Sage heiſt es zwar: Ein Bauer thut ſelten etwas ohne Ur- ſach und Nutzen; Aber dieſes iſt wahrhafftig ohne einigen Nutzen. Denn ob gleich ehemahl ein Jahr oder auch etliche Jahre nach einander der Tag Valentini ſolte ungluͤcklich geweſen ſeyn/ ſo iſt dennoch nunmehro ſo viel Secula her/ die Zeit und die Eigenſchafft der Zeiten dermaſ- ſen veraͤndert/ daß gantz nicht mehr darauff zu reflectiren iſt. Zu dem moͤchte ich gern wiſ- ſen/ was der gute ehrliche Valentin gethan haͤt- te/ daß ſein Nahmens-Tag ſo ungluͤcklich ſeyn ſolle. Wenn es ein Nahme waͤre der allezeit auff einem gewiſſen Wochen-Tag gefaͤllig waͤr/ (derglei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/90
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/90>, abgerufen am 29.03.2024.