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Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900.

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Einleitung. Begriff. Psychologische und sittliche Grundlage. Litteratur und Methode.
Kolonien, 1856; Ansichten der Volkswirtschaft, 1861 u. 78), endlich seine gesamten An-
schauungen in dem schon erwähnten System der Volkswirtschaft (5 Bde., 1854--94)
zusammengefaßt, das heute mit seinen zahlreichen Auflagen das weitaus verbreitetste Lehr-
buch in Deutschland ist. Er hat außerdem in seiner geschichtlichen Naturlehre der Monarchie,
Aristokratie und Demokratie (1892) seinen wirtschaftsgeschichtlichen Ideen den allgemeinen
politischen und geschichtsphilosophischen Hintergrund gegeben.

Man mag Roscher vorwerfen, daß er mehr polyhistorisch gesammelt, als das ein-
zelne nach strenger historischer Methode untersucht habe, daß sein Lehrbuch teilweise nur
die Gedanken der alten Schule mit historischen Anmerkungen verziere, daß die von ihm
beabsichtigte Vergleichung aller Zeiten und Völker heute noch kaum möglich sei, daß
seine Parallelisierung der Lebensstufen des Individuums mit denen der Völker oft hinke,
seine Verdienste bleiben immer groß und epochemachend, er schließt sich würdig an die
großen sonstigen Historiker des 19. Jahrhunderts an. Er vor allem hat den Weg
gebahnt, auf dem die ganze jüngere deutsche Generation von Gelehrten überwiegend
wandelt und methodisch forscht. Sein wissenschaftlicher Lebenszweck war, eine Vermittelung
zwischen der Smithschen Theorie und den Ergebnissen historischer Forschung zu gewinnen,
Naturgesetze des Wirtschaftslebens zu finden, d. h. Regelmäßigkeiten, die von menschlicher
Absicht unabhängig seien; er geht vergleichend, oft mehr geschichtsphilosophisch spekulie-
rend, als streng forschend den Entwickelungsphasen der Volkswirtschaft nach; die ältere
Methode verwirft er als idealistisch (er hätte besser gesagt: rationalistisch), er will eine
historisch-physiologische an die Stelle setzen. Seine größte Leistung liegt in der gene-
tischen Erklärung der agrarischen und gewerblichen Institutionen, der Handels- und
Verkehrseinrichtungen.

Der Unterschied der jüngeren historischen Schule von ihm ist der, daß sie weniger
rasch generalisieren will, daß sie ein viel stärkeres Bedürfnis empfindet, von der poly-
historischen Datensammlung zur Specialuntersuchung der einzelnen Epochen, Völker und
Wirtschaftszustände überzugehen. Sie verlangt zunächst wirtschaftsgeschichtliche Mono-
graphien, Verknüpfung jeder modernen Specialuntersuchung mit ihren historischen
Wurzeln; sie will lieber zunächst den Werdegang der einzelnen Wirtschaftsinstitutionen,
als den der ganzen Volkswirtschaft und der universellen Weltwirtschaft erklären. Sie
knüpft an die strenge Methode rechtsgeschichtlicher Forschung an, sucht aber ebenso durch
Reisen und eigenes Befragen das Bücherwissen zu ergänzen, die philosophische und
psychologische Forschung heranzuziehen.

Die deutsche Wirtschaftsgeschichte erhielt in K. W. Nitzschs Geschichte des deutschen
Volkes (3 Bde., 1882), in W. Arnolds Arbeiten (Verfassungsgeschichte der deutschen
Freistädte, 1854; Ansiedlungen und Wanderungen der deutschen Stämme, 1875),
in K. Th. v. Inama-Sterneggs deutscher Wirtschaftsgeschichte (3 Bde., 1879--91), in
Lamprechts deutschem Wirtschaftsleben im Mittelalter (4 Bde., 1886) eine Fundamen-
tierung, wie sie kaum ein anderes Volk besitzt. Als die Hauptvertreter der mono-
graphischen deutschen Wirtschaftsgeschichte in Bezug auf Gewerbe und Handel sind zu
nennen: G. Schmoller (Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert, 1870;
Straßburger Tucher- und Weberzunft, 1879; Wirtschaftliche Politik Preußens im
18. Jahrhundert, J. f. G.V. 1884--87; Die Thatsachen der Arbeitsteilung, das. 1889;
Das Wesen der Arbeitsteilung und der socialen Klassenbildung, das. 1889; Die geschichtliche
Entwickelung der Unternehmung, das. 1890--93; Zur Social- und Gewerbepolitik der
Gegenwart, 1890; Einige Grundfragen der Socialpolitik und Volkswirtschaftslehre, 1898;
Umrisse und Untersuchungen zur Verfassungs-, Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte,
1898; Acta Borussica, von 1892 an bis jetzt 6 Bde.; Staats- und socialwissenschaftliche
Forschungen, von 1878 an, 75 Hefte), G. v. Schönberg (Basler Finanzverhältnisse im
14. und 15. Jahrh., 1879), K. Bücher (Aufstände der unfreien Arbeiter 143--129 v. Chr.,
1874; Die Bevölkerung von Frankfurt a. M. im 14. und 15. Jahrh., 1886; Die Ent-
stehung der Volkswirtschaft, 1893, 2. Aufl. 1898), W. Stieda (Entstehung des deutschen
Zunftwesens, 1874, und viele andere gewerbegesch. Monographien), Tr. Geering (Handel
und Industrie der Stadt Basel, 1886). In Bezug auf das Agrarwesen hat G. F. Knapp

Einleitung. Begriff. Pſychologiſche und ſittliche Grundlage. Litteratur und Methode.
Kolonien, 1856; Anſichten der Volkswirtſchaft, 1861 u. 78), endlich ſeine geſamten An-
ſchauungen in dem ſchon erwähnten Syſtem der Volkswirtſchaft (5 Bde., 1854—94)
zuſammengefaßt, das heute mit ſeinen zahlreichen Auflagen das weitaus verbreitetſte Lehr-
buch in Deutſchland iſt. Er hat außerdem in ſeiner geſchichtlichen Naturlehre der Monarchie,
Ariſtokratie und Demokratie (1892) ſeinen wirtſchaftsgeſchichtlichen Ideen den allgemeinen
politiſchen und geſchichtsphiloſophiſchen Hintergrund gegeben.

Man mag Roſcher vorwerfen, daß er mehr polyhiſtoriſch geſammelt, als das ein-
zelne nach ſtrenger hiſtoriſcher Methode unterſucht habe, daß ſein Lehrbuch teilweiſe nur
die Gedanken der alten Schule mit hiſtoriſchen Anmerkungen verziere, daß die von ihm
beabſichtigte Vergleichung aller Zeiten und Völker heute noch kaum möglich ſei, daß
ſeine Paralleliſierung der Lebensſtufen des Individuums mit denen der Völker oft hinke,
ſeine Verdienſte bleiben immer groß und epochemachend, er ſchließt ſich würdig an die
großen ſonſtigen Hiſtoriker des 19. Jahrhunderts an. Er vor allem hat den Weg
gebahnt, auf dem die ganze jüngere deutſche Generation von Gelehrten überwiegend
wandelt und methodiſch forſcht. Sein wiſſenſchaftlicher Lebenszweck war, eine Vermittelung
zwiſchen der Smithſchen Theorie und den Ergebniſſen hiſtoriſcher Forſchung zu gewinnen,
Naturgeſetze des Wirtſchaftslebens zu finden, d. h. Regelmäßigkeiten, die von menſchlicher
Abſicht unabhängig ſeien; er geht vergleichend, oft mehr geſchichtsphiloſophiſch ſpekulie-
rend, als ſtreng forſchend den Entwickelungsphaſen der Volkswirtſchaft nach; die ältere
Methode verwirft er als idealiſtiſch (er hätte beſſer geſagt: rationaliſtiſch), er will eine
hiſtoriſch-phyſiologiſche an die Stelle ſetzen. Seine größte Leiſtung liegt in der gene-
tiſchen Erklärung der agrariſchen und gewerblichen Inſtitutionen, der Handels- und
Verkehrseinrichtungen.

Der Unterſchied der jüngeren hiſtoriſchen Schule von ihm iſt der, daß ſie weniger
raſch generaliſieren will, daß ſie ein viel ſtärkeres Bedürfnis empfindet, von der poly-
hiſtoriſchen Datenſammlung zur Specialunterſuchung der einzelnen Epochen, Völker und
Wirtſchaftszuſtände überzugehen. Sie verlangt zunächſt wirtſchaftsgeſchichtliche Mono-
graphien, Verknüpfung jeder modernen Specialunterſuchung mit ihren hiſtoriſchen
Wurzeln; ſie will lieber zunächſt den Werdegang der einzelnen Wirtſchaftsinſtitutionen,
als den der ganzen Volkswirtſchaft und der univerſellen Weltwirtſchaft erklären. Sie
knüpft an die ſtrenge Methode rechtsgeſchichtlicher Forſchung an, ſucht aber ebenſo durch
Reiſen und eigenes Befragen das Bücherwiſſen zu ergänzen, die philoſophiſche und
pſychologiſche Forſchung heranzuziehen.

Die deutſche Wirtſchaftsgeſchichte erhielt in K. W. Nitzſchs Geſchichte des deutſchen
Volkes (3 Bde., 1882), in W. Arnolds Arbeiten (Verfaſſungsgeſchichte der deutſchen
Freiſtädte, 1854; Anſiedlungen und Wanderungen der deutſchen Stämme, 1875),
in K. Th. v. Inama-Sterneggs deutſcher Wirtſchaftsgeſchichte (3 Bde., 1879—91), in
Lamprechts deutſchem Wirtſchaftsleben im Mittelalter (4 Bde., 1886) eine Fundamen-
tierung, wie ſie kaum ein anderes Volk beſitzt. Als die Hauptvertreter der mono-
graphiſchen deutſchen Wirtſchaftsgeſchichte in Bezug auf Gewerbe und Handel ſind zu
nennen: G. Schmoller (Geſchichte der deutſchen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert, 1870;
Straßburger Tucher- und Weberzunft, 1879; Wirtſchaftliche Politik Preußens im
18. Jahrhundert, J. f. G.V. 1884—87; Die Thatſachen der Arbeitsteilung, daſ. 1889;
Das Weſen der Arbeitsteilung und der ſocialen Klaſſenbildung, daſ. 1889; Die geſchichtliche
Entwickelung der Unternehmung, daſ. 1890—93; Zur Social- und Gewerbepolitik der
Gegenwart, 1890; Einige Grundfragen der Socialpolitik und Volkswirtſchaftslehre, 1898;
Umriſſe und Unterſuchungen zur Verfaſſungs-, Verwaltungs- und Wirtſchaftsgeſchichte,
1898; Acta Borussica, von 1892 an bis jetzt 6 Bde.; Staats- und ſocialwiſſenſchaftliche
Forſchungen, von 1878 an, 75 Hefte), G. v. Schönberg (Basler Finanzverhältniſſe im
14. und 15. Jahrh., 1879), K. Bücher (Aufſtände der unfreien Arbeiter 143—129 v. Chr.,
1874; Die Bevölkerung von Frankfurt a. M. im 14. und 15. Jahrh., 1886; Die Ent-
ſtehung der Volkswirtſchaft, 1893, 2. Aufl. 1898), W. Stieda (Entſtehung des deutſchen
Zunftweſens, 1874, und viele andere gewerbegeſch. Monographien), Tr. Geering (Handel
und Induſtrie der Stadt Baſel, 1886). In Bezug auf das Agrarweſen hat G. F. Knapp

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[118/0134] Einleitung. Begriff. Pſychologiſche und ſittliche Grundlage. Litteratur und Methode. Kolonien, 1856; Anſichten der Volkswirtſchaft, 1861 u. 78), endlich ſeine geſamten An- ſchauungen in dem ſchon erwähnten Syſtem der Volkswirtſchaft (5 Bde., 1854—94) zuſammengefaßt, das heute mit ſeinen zahlreichen Auflagen das weitaus verbreitetſte Lehr- buch in Deutſchland iſt. Er hat außerdem in ſeiner geſchichtlichen Naturlehre der Monarchie, Ariſtokratie und Demokratie (1892) ſeinen wirtſchaftsgeſchichtlichen Ideen den allgemeinen politiſchen und geſchichtsphiloſophiſchen Hintergrund gegeben. Man mag Roſcher vorwerfen, daß er mehr polyhiſtoriſch geſammelt, als das ein- zelne nach ſtrenger hiſtoriſcher Methode unterſucht habe, daß ſein Lehrbuch teilweiſe nur die Gedanken der alten Schule mit hiſtoriſchen Anmerkungen verziere, daß die von ihm beabſichtigte Vergleichung aller Zeiten und Völker heute noch kaum möglich ſei, daß ſeine Paralleliſierung der Lebensſtufen des Individuums mit denen der Völker oft hinke, ſeine Verdienſte bleiben immer groß und epochemachend, er ſchließt ſich würdig an die großen ſonſtigen Hiſtoriker des 19. Jahrhunderts an. Er vor allem hat den Weg gebahnt, auf dem die ganze jüngere deutſche Generation von Gelehrten überwiegend wandelt und methodiſch forſcht. Sein wiſſenſchaftlicher Lebenszweck war, eine Vermittelung zwiſchen der Smithſchen Theorie und den Ergebniſſen hiſtoriſcher Forſchung zu gewinnen, Naturgeſetze des Wirtſchaftslebens zu finden, d. h. Regelmäßigkeiten, die von menſchlicher Abſicht unabhängig ſeien; er geht vergleichend, oft mehr geſchichtsphiloſophiſch ſpekulie- rend, als ſtreng forſchend den Entwickelungsphaſen der Volkswirtſchaft nach; die ältere Methode verwirft er als idealiſtiſch (er hätte beſſer geſagt: rationaliſtiſch), er will eine hiſtoriſch-phyſiologiſche an die Stelle ſetzen. Seine größte Leiſtung liegt in der gene- tiſchen Erklärung der agrariſchen und gewerblichen Inſtitutionen, der Handels- und Verkehrseinrichtungen. Der Unterſchied der jüngeren hiſtoriſchen Schule von ihm iſt der, daß ſie weniger raſch generaliſieren will, daß ſie ein viel ſtärkeres Bedürfnis empfindet, von der poly- hiſtoriſchen Datenſammlung zur Specialunterſuchung der einzelnen Epochen, Völker und Wirtſchaftszuſtände überzugehen. Sie verlangt zunächſt wirtſchaftsgeſchichtliche Mono- graphien, Verknüpfung jeder modernen Specialunterſuchung mit ihren hiſtoriſchen Wurzeln; ſie will lieber zunächſt den Werdegang der einzelnen Wirtſchaftsinſtitutionen, als den der ganzen Volkswirtſchaft und der univerſellen Weltwirtſchaft erklären. Sie knüpft an die ſtrenge Methode rechtsgeſchichtlicher Forſchung an, ſucht aber ebenſo durch Reiſen und eigenes Befragen das Bücherwiſſen zu ergänzen, die philoſophiſche und pſychologiſche Forſchung heranzuziehen. Die deutſche Wirtſchaftsgeſchichte erhielt in K. W. Nitzſchs Geſchichte des deutſchen Volkes (3 Bde., 1882), in W. Arnolds Arbeiten (Verfaſſungsgeſchichte der deutſchen Freiſtädte, 1854; Anſiedlungen und Wanderungen der deutſchen Stämme, 1875), in K. Th. v. Inama-Sterneggs deutſcher Wirtſchaftsgeſchichte (3 Bde., 1879—91), in Lamprechts deutſchem Wirtſchaftsleben im Mittelalter (4 Bde., 1886) eine Fundamen- tierung, wie ſie kaum ein anderes Volk beſitzt. Als die Hauptvertreter der mono- graphiſchen deutſchen Wirtſchaftsgeſchichte in Bezug auf Gewerbe und Handel ſind zu nennen: G. Schmoller (Geſchichte der deutſchen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert, 1870; Straßburger Tucher- und Weberzunft, 1879; Wirtſchaftliche Politik Preußens im 18. Jahrhundert, J. f. G.V. 1884—87; Die Thatſachen der Arbeitsteilung, daſ. 1889; Das Weſen der Arbeitsteilung und der ſocialen Klaſſenbildung, daſ. 1889; Die geſchichtliche Entwickelung der Unternehmung, daſ. 1890—93; Zur Social- und Gewerbepolitik der Gegenwart, 1890; Einige Grundfragen der Socialpolitik und Volkswirtſchaftslehre, 1898; Umriſſe und Unterſuchungen zur Verfaſſungs-, Verwaltungs- und Wirtſchaftsgeſchichte, 1898; Acta Borussica, von 1892 an bis jetzt 6 Bde.; Staats- und ſocialwiſſenſchaftliche Forſchungen, von 1878 an, 75 Hefte), G. v. Schönberg (Basler Finanzverhältniſſe im 14. und 15. Jahrh., 1879), K. Bücher (Aufſtände der unfreien Arbeiter 143—129 v. Chr., 1874; Die Bevölkerung von Frankfurt a. M. im 14. und 15. Jahrh., 1886; Die Ent- ſtehung der Volkswirtſchaft, 1893, 2. Aufl. 1898), W. Stieda (Entſtehung des deutſchen Zunftweſens, 1874, und viele andere gewerbegeſch. Monographien), Tr. Geering (Handel und Induſtrie der Stadt Baſel, 1886). In Bezug auf das Agrarweſen hat G. F. Knapp

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_grundriss01_1900/134>, abgerufen am 19.04.2024.