Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

ben, weil Euer, sonst in allen billigen, Sachen
beständiges Gemüthe, mir iederzeit vor Au-
gen schwebt. Verkürtzet derowegen meine
Quaal und Marter, entdeckt mich entweder
meinem anwesenden Mit-Buhler, der mir den
Todt geschworen hat, oder zeiget mir Gele-
genheit, wo, und wann das Vergnügen,
Euch in Geheim zu sprechen, haben kan, der
im Post-Hause in verstellter Kleidung auf
Antwort wartende

bekümmert-Verliebte
Litzberg.

Geschrieben war der Brief, ich sahe auch mein
Fräulein nebst andern Dames gegen über im Fen-
ster liegen, allein, wie ihr derselbe unvermerckt
in die Hände zu spielen sey, wolte mir gar nicht ein-
fallen. Endlich da sich ohngefähr ein mäßiger
Pursche vor mir praesentirte, und allerhand Ga-
lanterie
Waaren zum Verkauffe anbot, merckte
ich gleich an seinem gantzen Wesen, daß er ein durch-
triebener Schalck seyn müsse, zohe ihn derowegen
auf die Seite, kauffte vor einen Ducaten nöthige
Waaren, zeigte ihm hernach das im Fenster lie-
gende, sehr betrübt aussehende Fräulein, und ver-
sprach ihm einen spec. Thaler zu verehren, wenn er
derselben, ohne daß es andere Leute merckten, die-
sen Brief einhändigen, und ihr heimlich zu verste-
hen geben könte, so bald es ihr gelegen, Antwort
abzuholen, zu welchem Ende ich ihm denn eine klei-
ne Schreib-Tafel nebst Bleystifft gab, die er ihr
ebenfalls überreichen, zur Losung aber nur die bey-

den

ben, weil Euer, ſonſt in allen billigen, Sachen
beſtaͤndiges Gemuͤthe, mir iederzeit vor Au-
gen ſchwebt. Verkuͤrtzet derowegen meine
Quaal und Marter, entdeckt mich entweder
meinem anweſenden Mit-Buhler, der mir den
Todt geſchworen hat, oder zeiget mir Gele-
genheit, wo, und wann das Vergnuͤgen,
Euch in Geheim zu ſprechen, haben kan, der
im Poſt-Hauſe in verſtellter Kleidung auf
Antwort wartende

bekuͤmmert-Verliebte
Litzberg.

Geſchrieben war der Brief, ich ſahe auch mein
Fraͤulein nebſt andern Dames gegen uͤber im Fen-
ſter liegen, allein, wie ihr derſelbe unvermerckt
in die Haͤnde zu ſpielen ſey, wolte mir gar nicht ein-
fallen. Endlich da ſich ohngefaͤhr ein maͤßiger
Purſche vor mir præſentirte, und allerhand Ga-
lanterie
Waaren zum Verkauffe anbot, merckte
ich gleich an ſeinem gantzen Weſen, daß er ein durch-
triebener Schalck ſeyn muͤſſe, zohe ihn derowegen
auf die Seite, kauffte vor einen Ducaten noͤthige
Waaren, zeigte ihm hernach das im Fenſter lie-
gende, ſehr betruͤbt ausſehende Fraͤulein, und ver-
ſprach ihm einen ſpec. Thaler zu verehren, wenn er
derſelben, ohne daß es andere Leute merckten, die-
ſen Brief einhaͤndigen, und ihr heimlich zu verſte-
hen geben koͤnte, ſo bald es ihr gelegen, Antwort
abzuholen, zu welchem Ende ich ihm denn eine klei-
ne Schreib-Tafel nebſt Bleyſtifft gab, die er ihr
ebenfalls uͤberreichen, zur Loſung aber nur die bey-

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <floatingText>
            <body>
              <div type="letter">
                <p>
                  <pb facs="#f0152" n="138"/> <hi rendition="#fr">ben, weil Euer, &#x017F;on&#x017F;t in allen billigen, Sachen<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndiges Gemu&#x0364;the, mir iederzeit vor Au-<lb/>
gen &#x017F;chwebt. Verku&#x0364;rtzet derowegen meine<lb/>
Quaal und Marter, entdeckt mich entweder<lb/>
meinem anwe&#x017F;enden Mit-Buhler, der mir den<lb/>
Todt ge&#x017F;chworen hat, oder zeiget mir Gele-<lb/>
genheit, wo, und wann das Vergnu&#x0364;gen,<lb/>
Euch in Geheim zu &#x017F;prechen, haben kan, der<lb/>
im Po&#x017F;t-Hau&#x017F;e in ver&#x017F;tellter Kleidung auf<lb/>
Antwort wartende</hi> </p><lb/>
                <closer>
                  <salute> <hi rendition="#et">beku&#x0364;mmert-Verliebte<lb/><hi rendition="#aq">Litzberg.</hi></hi> </salute>
                </closer>
              </div>
            </body>
          </floatingText><lb/>
          <p>Ge&#x017F;chrieben war der Brief, ich &#x017F;ahe auch mein<lb/>
Fra&#x0364;ulein neb&#x017F;t andern <hi rendition="#aq">Dames</hi> gegen u&#x0364;ber im Fen-<lb/>
&#x017F;ter liegen, allein, wie ihr der&#x017F;elbe unvermerckt<lb/>
in die Ha&#x0364;nde zu &#x017F;pielen &#x017F;ey, wolte mir gar nicht ein-<lb/>
fallen. Endlich da &#x017F;ich ohngefa&#x0364;hr ein ma&#x0364;ßiger<lb/>
Pur&#x017F;che vor mir <hi rendition="#aq">præ&#x017F;enti</hi>rte, und allerhand <hi rendition="#aq">Ga-<lb/>
lanterie</hi> Waaren zum Verkauffe anbot, merckte<lb/>
ich gleich an &#x017F;einem gantzen We&#x017F;en, daß er ein durch-<lb/>
triebener Schalck &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, zohe ihn derowegen<lb/>
auf die Seite, kauffte vor einen <hi rendition="#aq">Ducat</hi>en no&#x0364;thige<lb/>
Waaren, zeigte ihm hernach das im Fen&#x017F;ter lie-<lb/>
gende, &#x017F;ehr betru&#x0364;bt aus&#x017F;ehende Fra&#x0364;ulein, und ver-<lb/>
&#x017F;prach ihm einen <hi rendition="#aq">&#x017F;pec.</hi> Thaler zu verehren, wenn er<lb/>
der&#x017F;elben, ohne daß es andere Leute merckten, die-<lb/>
&#x017F;en Brief einha&#x0364;ndigen, und ihr heimlich zu ver&#x017F;te-<lb/>
hen geben ko&#x0364;nte, &#x017F;o bald es ihr gelegen, Antwort<lb/>
abzuholen, zu welchem Ende ich ihm denn eine klei-<lb/>
ne Schreib-Tafel neb&#x017F;t Bley&#x017F;tifft gab, die er ihr<lb/>
ebenfalls u&#x0364;berreichen, zur Lo&#x017F;ung aber nur die bey-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0152] ben, weil Euer, ſonſt in allen billigen, Sachen beſtaͤndiges Gemuͤthe, mir iederzeit vor Au- gen ſchwebt. Verkuͤrtzet derowegen meine Quaal und Marter, entdeckt mich entweder meinem anweſenden Mit-Buhler, der mir den Todt geſchworen hat, oder zeiget mir Gele- genheit, wo, und wann das Vergnuͤgen, Euch in Geheim zu ſprechen, haben kan, der im Poſt-Hauſe in verſtellter Kleidung auf Antwort wartende bekuͤmmert-Verliebte Litzberg. Geſchrieben war der Brief, ich ſahe auch mein Fraͤulein nebſt andern Dames gegen uͤber im Fen- ſter liegen, allein, wie ihr derſelbe unvermerckt in die Haͤnde zu ſpielen ſey, wolte mir gar nicht ein- fallen. Endlich da ſich ohngefaͤhr ein maͤßiger Purſche vor mir præſentirte, und allerhand Ga- lanterie Waaren zum Verkauffe anbot, merckte ich gleich an ſeinem gantzen Weſen, daß er ein durch- triebener Schalck ſeyn muͤſſe, zohe ihn derowegen auf die Seite, kauffte vor einen Ducaten noͤthige Waaren, zeigte ihm hernach das im Fenſter lie- gende, ſehr betruͤbt ausſehende Fraͤulein, und ver- ſprach ihm einen ſpec. Thaler zu verehren, wenn er derſelben, ohne daß es andere Leute merckten, die- ſen Brief einhaͤndigen, und ihr heimlich zu verſte- hen geben koͤnte, ſo bald es ihr gelegen, Antwort abzuholen, zu welchem Ende ich ihm denn eine klei- ne Schreib-Tafel nebſt Bleyſtifft gab, die er ihr ebenfalls uͤberreichen, zur Loſung aber nur die bey- den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/152
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/152>, abgerufen am 24.04.2024.