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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Trunckenheit mehr ergeben gewesen, als eben er.
Jn Praxi war ihm ein und andere Cur von ohn-
gefähr noch so ziemlich eingeschlagen, doch in Theo-
ria
alles sehr schwach und elend bestellet, woher denn
kam, daß sein gantzer Professions-Bau auf einem
wacklenden Grunde ruhete. Jn der Prahlerey,
Aufschneiderey und läppischen Raisonir-Kunst hat-
te er hingegen einen dermassen starcken Habitum,
daß er sich auch nicht scheuete vor geschickten und ge-
lehrten Leuten, ohne Scheu, alles heraus zu platzen,
was ihm nur vors Maul kam, es mochte practica-
ble,
wahrscheinlich, und vernünfftig seyn oder nicht.
Einsmahls wolte er einem gestürtzten Patienten, ein
grosses Stück des Cranii ausgehoben, duram ma-
trem
zerschnitten, piam matrem aber vom cere-
bello
abseparirt, und das geronnene Geblüt, wie
auch 11/2 Loth vom Gehirne selbst, mit dem Thee-
Löffel heraus genommen haben. Einem andern
Patienten hatte er, seinen Sagen nach einen Poly-
pum cordis,
oder so genannten Hertz-Wurm per
sedes
abgetrieben, und zeigte denselben annoch in
einem mit Spiritu Vini angefülleten Glase. Wie-
der einem andern solte durch seine Geschicklichkeit,
und künstliche Hefftung die mit groben Schrot
durchschossenen dünnen Gedärmer, und des Ma-
gens, das liebe Leben erhalten seyn. Alle Arten der
Blindheit, so gar auch des schwartzen Staars, ver-
maß er sich ohne eintzige innnerliche oder äusserliche
Medicin, blos vermittelst eines Geheimniß-vollen
sympathetischen Schnupf-Tobacks zu curiren;
Allein ich habe niemand ausforschen können, der ei-
ne Probe davon gesehen oder empfunden.

Jndem

Trunckenheit mehr ergeben geweſen, als eben er.
Jn Praxi war ihm ein und andere Cur von ohn-
gefaͤhr noch ſo ziemlich eingeſchlagen, doch in Theo-
ria
alles ſehr ſchwach und elend beſtellet, woher denn
kam, daß ſein gantzer Profeſſions-Bau auf einem
wacklenden Grunde ruhete. Jn der Prahlerey,
Aufſchneiderey und laͤppiſchen Raiſonir-Kunſt hat-
te er hingegen einen dermaſſen ſtarcken Habitum,
daß er ſich auch nicht ſcheuete vor geſchickten und ge-
lehrten Leuten, ohne Scheu, alles heraus zu platzen,
was ihm nur vors Maul kam, es mochte practica-
ble,
wahrſcheinlich, und vernuͤnfftig ſeyn oder nicht.
Einsmahls wolte er einem geſtuͤrtzten Patienten, ein
groſſes Stuͤck des Cranii ausgehoben, duram ma-
trem
zerſchnitten, piam matrem aber vom cere-
bello
abſeparirt, und das geronnene Gebluͤt, wie
auch 1½ Loth vom Gehirne ſelbſt, mit dem Thee-
Loͤffel heraus genommen haben. Einem andern
Patienten hatte er, ſeinen Sagen nach einen Poly-
pum cordis,
oder ſo genannten Hertz-Wurm per
ſedes
abgetrieben, und zeigte denſelben annoch in
einem mit Spiritu Vini angefuͤlleten Glaſe. Wie-
der einem andern ſolte durch ſeine Geſchicklichkeit,
und kuͤnſtliche Hefftung die mit groben Schrot
durchſchoſſenen duͤnnen Gedaͤrmer, und des Ma-
gens, das liebe Leben erhalten ſeyn. Alle Arten der
Blindheit, ſo gar auch des ſchwartzen Staars, ver-
maß er ſich ohne eintzige innnerliche oder aͤuſſerliche
Medicin, blos vermittelſt eines Geheimniß-vollen
ſympathetiſchen Schnupf-Tobacks zu curiren;
Allein ich habe niemand ausforſchen koͤnnen, der ei-
ne Probe davon geſehen oder empfunden.

Jndem
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[192/0206] Trunckenheit mehr ergeben geweſen, als eben er. Jn Praxi war ihm ein und andere Cur von ohn- gefaͤhr noch ſo ziemlich eingeſchlagen, doch in Theo- ria alles ſehr ſchwach und elend beſtellet, woher denn kam, daß ſein gantzer Profeſſions-Bau auf einem wacklenden Grunde ruhete. Jn der Prahlerey, Aufſchneiderey und laͤppiſchen Raiſonir-Kunſt hat- te er hingegen einen dermaſſen ſtarcken Habitum, daß er ſich auch nicht ſcheuete vor geſchickten und ge- lehrten Leuten, ohne Scheu, alles heraus zu platzen, was ihm nur vors Maul kam, es mochte practica- ble, wahrſcheinlich, und vernuͤnfftig ſeyn oder nicht. Einsmahls wolte er einem geſtuͤrtzten Patienten, ein groſſes Stuͤck des Cranii ausgehoben, duram ma- trem zerſchnitten, piam matrem aber vom cere- bello abſeparirt, und das geronnene Gebluͤt, wie auch 1½ Loth vom Gehirne ſelbſt, mit dem Thee- Loͤffel heraus genommen haben. Einem andern Patienten hatte er, ſeinen Sagen nach einen Poly- pum cordis, oder ſo genannten Hertz-Wurm per ſedes abgetrieben, und zeigte denſelben annoch in einem mit Spiritu Vini angefuͤlleten Glaſe. Wie- der einem andern ſolte durch ſeine Geſchicklichkeit, und kuͤnſtliche Hefftung die mit groben Schrot durchſchoſſenen duͤnnen Gedaͤrmer, und des Ma- gens, das liebe Leben erhalten ſeyn. Alle Arten der Blindheit, ſo gar auch des ſchwartzen Staars, ver- maß er ſich ohne eintzige innnerliche oder aͤuſſerliche Medicin, blos vermittelſt eines Geheimniß-vollen ſympathetiſchen Schnupf-Tobacks zu curiren; Allein ich habe niemand ausforſchen koͤnnen, der ei- ne Probe davon geſehen oder empfunden. Jndem

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/206>, abgerufen am 29.03.2024.