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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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so viel an Gold-Stücken bey sich behalten, als sie
sich in ihren Kleidern selbst mit fortzubringen ge-
trauete. Endlich, da der Kayser sehr unpaß, und
fast jedermänniglich consternirt darüber war, hat-
te sie es abermahls angestellet, daß ich gantzer 24.
Stunden bey ihr bleiben, und vollkommen münd-
lichen Rapport von meinen gemachten Anstalten ab-
statten konte, denn ich hatte nicht allein dem Kauff-
manne vor den| Juden bereits 1500. spec. Ducaten
gezahlet, sondern ihm auch das meiste von meiner
Landsmännin Gütern, in eine besondere Kiste ver-
siegelt, anvertrauet, dargegen von ihm die völlige
Versicherung erhalten, daß er vor alles sorgen wol-
le, wir müsten uns aber dabey gefallen lassen, nicht
nur des Judens Rathe in allen Stücken zu folgen,
sondern auch, nachdem alles wohl eingerichtet, mei-
ne Schwester in Mannes-Sclaven-Kleidern so wohl
als ich, jedes ein Maul-Thier biß nach Arzilla zu
treiben, als wohin er seine Güter zu schaffen, Er-
laubniß hätte, und biß dahin solte uns auch der
Jude begleiten.

Solchergestalt waren ich und meine Landsmän-
nin über unsrre glücklich gemachten Anstalten biß
dahin vollkommen vergnügt, nur das eintzige lag
mir auf dem Hertzen, wie sie aus dem Seraglio
heraus und in das Juden-Hauß zubringen seyn
würde, alleine, sie machte sich hieraus keine sonder-
liche Beschwerlichkeit, sondern sagte, wie sie bey
dunckler Nachts-Zeit, mit leichter Mühe, hinunter
in einen der Gärten, auch zu einer verborgenen Thür
durch die Mauer kommen könte, als zu welcher sie
den Schlüssel schon vor Jahr und Tage hinweg

practi-
III. Theil. (J)

ſo viel an Gold-Stuͤcken bey ſich behalten, als ſie
ſich in ihren Kleidern ſelbſt mit fortzubringen ge-
trauete. Endlich, da der Kayſer ſehr unpaß, und
faſt jedermaͤnniglich conſternirt daruͤber war, hat-
te ſie es abermahls angeſtellet, daß ich gantzer 24.
Stunden bey ihr bleiben, und vollkommen muͤnd-
lichen Rapport von meinen gemachten Anſtalten ab-
ſtatten konte, denn ich hatte nicht allein dem Kauff-
manne vor den| Juden bereits 1500. ſpec. Ducaten
gezahlet, ſondern ihm auch das meiſte von meiner
Landsmaͤnnin Guͤtern, in eine beſondere Kiſte ver-
ſiegelt, anvertrauet, dargegen von ihm die voͤllige
Verſicherung erhalten, daß er vor alles ſorgen wol-
le, wir muͤſten uns aber dabey gefallen laſſen, nicht
nur des Judens Rathe in allen Stuͤcken zu folgen,
ſondern auch, nachdem alles wohl eingerichtet, mei-
ne Schweſter in Mañes-Sclaven-Kleidern ſo wohl
als ich, jedes ein Maul-Thier biß nach Arzilla zu
treiben, als wohin er ſeine Guͤter zu ſchaffen, Er-
laubniß haͤtte, und biß dahin ſolte uns auch der
Jude begleiten.

Solchergeſtalt waren ich und meine Landsmaͤn-
nin uͤber unſrre gluͤcklich gemachten Anſtalten biß
dahin vollkommen vergnuͤgt, nur das eintzige lag
mir auf dem Hertzen, wie ſie aus dem Seraglio
heraus und in das Juden-Hauß zubringen ſeyn
wuͤrde, alleine, ſie machte ſich hieraus keine ſonder-
liche Beſchwerlichkeit, ſondern ſagte, wie ſie bey
dunckler Nachts-Zeit, mit leichter Muͤhe, hinunter
in einen der Gaͤrten, auch zu einer verborgenen Thuͤr
durch die Mauer kommen koͤnte, als zu welcher ſie
den Schluͤſſel ſchon vor Jahr und Tage hinweg

practi-
III. Theil. (J)
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[129/0137] ſo viel an Gold-Stuͤcken bey ſich behalten, als ſie ſich in ihren Kleidern ſelbſt mit fortzubringen ge- trauete. Endlich, da der Kayſer ſehr unpaß, und faſt jedermaͤnniglich conſternirt daruͤber war, hat- te ſie es abermahls angeſtellet, daß ich gantzer 24. Stunden bey ihr bleiben, und vollkommen muͤnd- lichen Rapport von meinen gemachten Anſtalten ab- ſtatten konte, denn ich hatte nicht allein dem Kauff- manne vor den| Juden bereits 1500. ſpec. Ducaten gezahlet, ſondern ihm auch das meiſte von meiner Landsmaͤnnin Guͤtern, in eine beſondere Kiſte ver- ſiegelt, anvertrauet, dargegen von ihm die voͤllige Verſicherung erhalten, daß er vor alles ſorgen wol- le, wir muͤſten uns aber dabey gefallen laſſen, nicht nur des Judens Rathe in allen Stuͤcken zu folgen, ſondern auch, nachdem alles wohl eingerichtet, mei- ne Schweſter in Mañes-Sclaven-Kleidern ſo wohl als ich, jedes ein Maul-Thier biß nach Arzilla zu treiben, als wohin er ſeine Guͤter zu ſchaffen, Er- laubniß haͤtte, und biß dahin ſolte uns auch der Jude begleiten. Solchergeſtalt waren ich und meine Landsmaͤn- nin uͤber unſrre gluͤcklich gemachten Anſtalten biß dahin vollkommen vergnuͤgt, nur das eintzige lag mir auf dem Hertzen, wie ſie aus dem Seraglio heraus und in das Juden-Hauß zubringen ſeyn wuͤrde, alleine, ſie machte ſich hieraus keine ſonder- liche Beſchwerlichkeit, ſondern ſagte, wie ſie bey dunckler Nachts-Zeit, mit leichter Muͤhe, hinunter in einen der Gaͤrten, auch zu einer verborgenen Thuͤr durch die Mauer kommen koͤnte, als zu welcher ſie den Schluͤſſel ſchon vor Jahr und Tage hinweg practi- III. Theil. (J)

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/137>, abgerufen am 28.03.2024.