Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

Ev
auch so bemerkten. So ist auch die Allmacht des
Wörteleins wie zu bewundern.

Evan! Evoe!

Der Dichter Wilhelmi saget in
der Ode an den Herrn Steinbrück:

Da tönt (im Grünen) o! Evan! Evoe!
O! Evan! Evoe! so rufen alle Schaaren;
Und alle trinken Wein, und alles jauchzt und
tönt etc.

Sind unsere Schäfer wieder Heyden geworden?
Jst das wahr, daß alle Schäfer Wein trinken?
Wir haben es niemals gehöret, und wollten es dem
Dichter zu Ehren wohl wünschen. Trinken doch
nicht alle Dichter Wein, wenn sie gleich davon
singen: darum sehen ihre Lieder auch so berau-
schet aus. Zur Anzeige, daß man auch berauschet
thun könne, ohne besoffen zu seyn. Ueberhaupt
ist diese Ode stark, und klopstockisch. Es ist
ausser Zweifel, daß die wahren Dichter und Auto-
ren des Tiefen aufmerksam seyn müssen, die gros-
sen Musrer in ihrer Art zu schreiben nachzuahmen;
und man kann es mit einer großen Anzahl Exempel
klar beweisen, daß sehr viele sind, die durch dieses
Mittel zu einer Tiefe gekommen, zu welcher ihre
eigene Trägheit sie niemals würde gebracht haben.
Jn der That, wer siehet nicht, daß Zernitz ein
poetischer Sohn oder Schüler des Hn. von Hal-
ler
ist; Naumann Bodmers, Wieland
Naumanns,
und Klopstock Miltons ist?
Wir müssen uns selbst diese Frage machen: wie
würde Hr. von Haller dieses verdrehet haben?
Drücke ich mich so gebrechlich aus, als H--d-n?

Laufen

Ev
auch ſo bemerkten. So iſt auch die Allmacht des
Woͤrteleins wie zu bewundern.

Evan! Evoe!

Der Dichter Wilhelmi ſaget in
der Ode an den Herrn Steinbruͤck:

Da toͤnt (im Gruͤnen) o! Evan! Evoe!
O! Evan! Evoe! ſo rufen alle Schaaren;
Und alle trinken Wein, und alles jauchzt und
toͤnt ꝛc.

Sind unſere Schaͤfer wieder Heyden geworden?
Jſt das wahr, daß alle Schaͤfer Wein trinken?
Wir haben es niemals gehoͤret, und wollten es dem
Dichter zu Ehren wohl wuͤnſchen. Trinken doch
nicht alle Dichter Wein, wenn ſie gleich davon
ſingen: darum ſehen ihre Lieder auch ſo berau-
ſchet aus. Zur Anzeige, daß man auch berauſchet
thun koͤnne, ohne beſoffen zu ſeyn. Ueberhaupt
iſt dieſe Ode ſtark, und klopſtockiſch. Es iſt
auſſer Zweifel, daß die wahren Dichter und Auto-
ren des Tiefen aufmerkſam ſeyn muͤſſen, die groſ-
ſen Muſrer in ihrer Art zu ſchreiben nachzuahmen;
und man kann es mit einer großen Anzahl Exempel
klar beweiſen, daß ſehr viele ſind, die durch dieſes
Mittel zu einer Tiefe gekommen, zu welcher ihre
eigene Traͤgheit ſie niemals wuͤrde gebracht haben.
Jn der That, wer ſiehet nicht, daß Zernitz ein
poetiſcher Sohn oder Schuͤler des Hn. von Hal-
ler
iſt; Naumann Bodmers, Wieland
Naumanns,
und Klopſtock Miltons iſt?
Wir muͤſſen uns ſelbſt dieſe Frage machen: wie
wuͤrde Hr. von Haller dieſes verdrehet haben?
Druͤcke ich mich ſo gebrechlich aus, als H--d-n?

Laufen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0153" n="127"/><fw place="top" type="header">Ev</fw><lb/>
auch &#x017F;o bemerkten. So i&#x017F;t auch die Allmacht des<lb/>
Wo&#x0364;rteleins <hi rendition="#fr">wie</hi> zu <hi rendition="#fr">bewundern.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Evan! Evoe!</hi> </head>
            <p>Der <hi rendition="#fr">Dichter Wilhelmi</hi> &#x017F;aget in<lb/>
der <hi rendition="#fr">Ode</hi> an den <hi rendition="#fr">Herrn Steinbru&#x0364;ck:</hi></p><lb/>
            <cit>
              <quote>Da to&#x0364;nt (im Gru&#x0364;nen) o! <hi rendition="#fr">Evan! Evoe!</hi><lb/>
O! <hi rendition="#fr">Evan! Evoe!</hi> &#x017F;o rufen alle Schaaren;<lb/><hi rendition="#fr">Und</hi> alle trinken Wein, <hi rendition="#fr">und</hi> alles jauchzt <hi rendition="#fr">und</hi><lb/><hi rendition="#et">to&#x0364;nt &#xA75B;c.</hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Sind un&#x017F;ere Scha&#x0364;fer wieder Heyden geworden?<lb/>
J&#x017F;t das wahr, daß alle Scha&#x0364;fer Wein trinken?<lb/>
Wir haben es niemals geho&#x0364;ret, und wollten es dem<lb/>
Dichter zu Ehren wohl wu&#x0364;n&#x017F;chen. Trinken doch<lb/>
nicht alle Dichter Wein, wenn &#x017F;ie gleich davon<lb/>
&#x017F;ingen: darum &#x017F;ehen ihre Lieder auch &#x017F;o berau-<lb/>
&#x017F;chet aus. Zur Anzeige, daß man auch berau&#x017F;chet<lb/>
thun ko&#x0364;nne, ohne be&#x017F;offen zu &#x017F;eyn. Ueberhaupt<lb/>
i&#x017F;t die&#x017F;e Ode &#x017F;tark, und <hi rendition="#fr">klop&#x017F;tocki&#x017F;ch.</hi> Es i&#x017F;t<lb/>
au&#x017F;&#x017F;er Zweifel, daß die wahren Dichter und Auto-<lb/>
ren des <hi rendition="#fr">Tiefen</hi> aufmerk&#x017F;am &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, die gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Mu&#x017F;rer in ihrer Art zu &#x017F;chreiben nachzuahmen;<lb/>
und man kann es mit einer großen Anzahl Exempel<lb/>
klar bewei&#x017F;en, daß &#x017F;ehr viele &#x017F;ind, die durch die&#x017F;es<lb/>
Mittel zu einer <hi rendition="#fr">Tiefe</hi> gekommen, zu welcher ihre<lb/>
eigene Tra&#x0364;gheit &#x017F;ie niemals wu&#x0364;rde gebracht haben.<lb/>
Jn der That, wer &#x017F;iehet nicht, daß <hi rendition="#fr">Zernitz</hi> ein<lb/>
poeti&#x017F;cher Sohn oder Schu&#x0364;ler des Hn. <hi rendition="#fr">von Hal-<lb/>
ler</hi> i&#x017F;t; <hi rendition="#fr">Naumann Bodmers, Wieland<lb/>
Naumanns,</hi> und <hi rendition="#fr">Klop&#x017F;tock Miltons</hi> i&#x017F;t?<lb/>
Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en uns &#x017F;elb&#x017F;t die&#x017F;e Frage machen: wie<lb/>
wu&#x0364;rde Hr. von <hi rendition="#fr">Haller</hi> die&#x017F;es verdrehet haben?<lb/>
Dru&#x0364;cke ich mich &#x017F;o gebrechlich aus, als <hi rendition="#fr">H--d-n?</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Laufen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0153] Ev auch ſo bemerkten. So iſt auch die Allmacht des Woͤrteleins wie zu bewundern. Evan! Evoe! Der Dichter Wilhelmi ſaget in der Ode an den Herrn Steinbruͤck: Da toͤnt (im Gruͤnen) o! Evan! Evoe! O! Evan! Evoe! ſo rufen alle Schaaren; Und alle trinken Wein, und alles jauchzt und toͤnt ꝛc. Sind unſere Schaͤfer wieder Heyden geworden? Jſt das wahr, daß alle Schaͤfer Wein trinken? Wir haben es niemals gehoͤret, und wollten es dem Dichter zu Ehren wohl wuͤnſchen. Trinken doch nicht alle Dichter Wein, wenn ſie gleich davon ſingen: darum ſehen ihre Lieder auch ſo berau- ſchet aus. Zur Anzeige, daß man auch berauſchet thun koͤnne, ohne beſoffen zu ſeyn. Ueberhaupt iſt dieſe Ode ſtark, und klopſtockiſch. Es iſt auſſer Zweifel, daß die wahren Dichter und Auto- ren des Tiefen aufmerkſam ſeyn muͤſſen, die groſ- ſen Muſrer in ihrer Art zu ſchreiben nachzuahmen; und man kann es mit einer großen Anzahl Exempel klar beweiſen, daß ſehr viele ſind, die durch dieſes Mittel zu einer Tiefe gekommen, zu welcher ihre eigene Traͤgheit ſie niemals wuͤrde gebracht haben. Jn der That, wer ſiehet nicht, daß Zernitz ein poetiſcher Sohn oder Schuͤler des Hn. von Hal- ler iſt; Naumann Bodmers, Wieland Naumanns, und Klopſtock Miltons iſt? Wir muͤſſen uns ſelbſt dieſe Frage machen: wie wuͤrde Hr. von Haller dieſes verdrehet haben? Druͤcke ich mich ſo gebrechlich aus, als H--d-n? Laufen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/153
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/153>, abgerufen am 25.04.2024.