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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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Gr
per werden: auch ein Zopf, ein gründlicher
Zopf.

Und soll ein Werk der Kunst ein gründlich Aug
erfreun,
So muß bloß die Natur in ihm die Seele seyn.
Zernitz, 5 S.

Wir bewundern hier die mannigfaltige Zweydeutig-
keit: denn man kann rathen, in wem die Natur
die Seele seyn muß? Jm Auge,
oder im
Werke?

Und Kunst gofällt nicht mehr, hat Witz sie über-
trieben. e. d.

Jst das sie nicht deutlich? Hat der Witz die
Kunst,
oder die Kunst den Witz übertrieben?
Leute, die in Bedienungen stehen, treiben die Dicht-
kunst nur als ein Nebenwerk, wie der Großsultan
ein Handwerk. Sie können die Zeit, die zur Aus-
besserung eines Verses gehöret, besser anwenden,
und wie Herr Zernitz Gerichtshalter seyn.

Grüne und blaue;

grüne Ungläubige, und blaue
Gläubige.
Eine sinnreiche Anspielung auf die
parisische Bluthochzeit ist im Noah, 55 S.
u. f.
zu bewundern.

Jene glaubten, das Blaue des Himmels be-
kleidete die Andacht;

Diese fanden im Grünen der Flur mehr geistli-
chen Schmuckes.
Man kann leicht denken, daß die Hyänen einen
Schmauß dabey werden bekommen haben:
Damals lachten die Hunde, satt von dem Blute
der Grünen
Anais

Gr
per werden: auch ein Zopf, ein gruͤndlicher
Zopf.

Und ſoll ein Werk der Kunſt ein gruͤndlich Aug
erfreun,
So muß bloß die Natur in ihm die Seele ſeyn.
Zernitz, 5 S.

Wir bewundern hier die mannigfaltige Zweydeutig-
keit: denn man kann rathen, in wem die Natur
die Seele ſeyn muß? Jm Auge,
oder im
Werke?

Und Kunſt gofaͤllt nicht mehr, hat Witz ſie uͤber-
trieben. e. d.

Jſt das ſie nicht deutlich? Hat der Witz die
Kunſt,
oder die Kunſt den Witz uͤbertrieben?
Leute, die in Bedienungen ſtehen, treiben die Dicht-
kunſt nur als ein Nebenwerk, wie der Großſultan
ein Handwerk. Sie koͤnnen die Zeit, die zur Aus-
beſſerung eines Verſes gehoͤret, beſſer anwenden,
und wie Herr Zernitz Gerichtshalter ſeyn.

Gruͤne und blaue;

gruͤne Unglaͤubige, und blaue
Glaͤubige.
Eine ſinnreiche Anſpielung auf die
pariſiſche Bluthochzeit iſt im Noah, 55 S.
u. f.
zu bewundern.

Jene glaubten, das Blaue des Himmels be-
kleidete die Andacht;

Dieſe fanden im Gruͤnen der Flur mehr geiſtli-
chen Schmuckes.
Man kann leicht denken, daß die Hyaͤnen einen
Schmauß dabey werden bekommen haben:
Damals lachten die Hunde, ſatt von dem Blute
der Gruͤnen
Anais
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[191/0217] Gr per werden: auch ein Zopf, ein gruͤndlicher Zopf. Und ſoll ein Werk der Kunſt ein gruͤndlich Aug erfreun, So muß bloß die Natur in ihm die Seele ſeyn. Zernitz, 5 S. Wir bewundern hier die mannigfaltige Zweydeutig- keit: denn man kann rathen, in wem die Natur die Seele ſeyn muß? Jm Auge, oder im Werke? Und Kunſt gofaͤllt nicht mehr, hat Witz ſie uͤber- trieben. e. d. Jſt das ſie nicht deutlich? Hat der Witz die Kunſt, oder die Kunſt den Witz uͤbertrieben? Leute, die in Bedienungen ſtehen, treiben die Dicht- kunſt nur als ein Nebenwerk, wie der Großſultan ein Handwerk. Sie koͤnnen die Zeit, die zur Aus- beſſerung eines Verſes gehoͤret, beſſer anwenden, und wie Herr Zernitz Gerichtshalter ſeyn. Gruͤne und blaue; gruͤne Unglaͤubige, und blaue Glaͤubige. Eine ſinnreiche Anſpielung auf die pariſiſche Bluthochzeit iſt im Noah, 55 S. u. f. zu bewundern. Jene glaubten, das Blaue des Himmels be- kleidete die Andacht; Dieſe fanden im Gruͤnen der Flur mehr geiſtli- chen Schmuckes. Man kann leicht denken, daß die Hyaͤnen einen Schmauß dabey werden bekommen haben: Damals lachten die Hunde, ſatt von dem Blute der Gruͤnen Anais

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/217>, abgerufen am 19.04.2024.