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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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Ko Kr

Sie machten einen Brey daraus, und gaben ihn
ihren Liebsten zu fressen, die ihn fraßen.

Kommlichkeit, a. St. Bequemlichkeit.

Dieses
gehöret in das naumannische Fächelein:

"So wie der fleißige Landmann, zur Kommlich-
keit seines Lebens,
"Jn einen lockeren Boden geflammte eichene
Pfäle,
"Oder in sumpfichte Oerter Stämme von Er-
lenholz einpflöckt." Nimr. 293 S.

Wir haben niemals Pfäle, geschweige geflamm-
te Pfäle
und Stämme einpflöcken gesehen; ob
wir gleich oft dabey gewesen sind, wann der
kommliche Landmann Pfäle eingeschlagen, und
Stämme eingerammet hat.

Kranz.

Die Kenner der Alterthümer haben von
dem Gebrauche der Kränze gehandelt. Was der
Lateiner mit seiner illibata virginitate ausdrü-
cket, das sagt der Deutsche mit seinem Kranze.
Findet sich Gelegenheit von dieser Sache zu reden,
so wird uns dieses geringe Wörtchen neue Gedan-
ken und unerwartete Ausdrücke an die Hand ge-
ben. Z. E. Sichem schwächete die Dina. So
einfältig und anständig erzählet die Bibel. Wie
matt und kalt ist dieses für einen hochbäumenden
Redner? Er sagt lieber:

Sichem zerriß einen Kranz, den die Gesetze
der Ehe nicht für ihn gewunden hatten.

Besser gegeben! Buttst.
Kreis.

Wie denket man doch da, wann man im
Kreise denket? Jst unsere Seele ein Kräusel?

"Der
Ko Kr

Sie machten einen Brey daraus, und gaben ihn
ihren Liebſten zu freſſen, die ihn fraßen.

Kommlichkeit, a. St. Bequemlichkeit.

Dieſes
gehoͤret in das naumanniſche Faͤchelein:

“So wie der fleißige Landmann, zur Kommlich-
keit ſeines Lebens,
“Jn einen lockeren Boden geflammte eichene
Pfaͤle,
“Oder in ſumpfichte Oerter Staͤmme von Er-
lenholz einpfloͤckt.” Nimr. 293 S.

Wir haben niemals Pfaͤle, geſchweige geflamm-
te Pfaͤle
und Staͤmme einpfloͤcken geſehen; ob
wir gleich oft dabey geweſen ſind, wann der
kommliche Landmann Pfaͤle eingeſchlagen, und
Staͤmme eingerammet hat.

Kranz.

Die Kenner der Alterthuͤmer haben von
dem Gebrauche der Kraͤnze gehandelt. Was der
Lateiner mit ſeiner illibata virginitate ausdruͤ-
cket, das ſagt der Deutſche mit ſeinem Kranze.
Findet ſich Gelegenheit von dieſer Sache zu reden,
ſo wird uns dieſes geringe Woͤrtchen neue Gedan-
ken und unerwartete Ausdruͤcke an die Hand ge-
ben. Z. E. Sichem ſchwaͤchete die Dina. So
einfaͤltig und anſtaͤndig erzaͤhlet die Bibel. Wie
matt und kalt iſt dieſes fuͤr einen hochbaͤumenden
Redner? Er ſagt lieber:

Sichem zerriß einen Kranz, den die Geſetze
der Ehe nicht fuͤr ihn gewunden hatten.

Beſſer gegeben! Buttſt.
Kreis.

Wie denket man doch da, wann man im
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[252/0278] Ko Kr Sie machten einen Brey daraus, und gaben ihn ihren Liebſten zu freſſen, die ihn fraßen. Kommlichkeit, a. St. Bequemlichkeit. Dieſes gehoͤret in das naumanniſche Faͤchelein: “So wie der fleißige Landmann, zur Kommlich- keit ſeines Lebens, “Jn einen lockeren Boden geflammte eichene Pfaͤle, “Oder in ſumpfichte Oerter Staͤmme von Er- lenholz einpfloͤckt.” Nimr. 293 S. Wir haben niemals Pfaͤle, geſchweige geflamm- te Pfaͤle und Staͤmme einpfloͤcken geſehen; ob wir gleich oft dabey geweſen ſind, wann der kommliche Landmann Pfaͤle eingeſchlagen, und Staͤmme eingerammet hat. Kranz. Die Kenner der Alterthuͤmer haben von dem Gebrauche der Kraͤnze gehandelt. Was der Lateiner mit ſeiner illibata virginitate ausdruͤ- cket, das ſagt der Deutſche mit ſeinem Kranze. Findet ſich Gelegenheit von dieſer Sache zu reden, ſo wird uns dieſes geringe Woͤrtchen neue Gedan- ken und unerwartete Ausdruͤcke an die Hand ge- ben. Z. E. Sichem ſchwaͤchete die Dina. So einfaͤltig und anſtaͤndig erzaͤhlet die Bibel. Wie matt und kalt iſt dieſes fuͤr einen hochbaͤumenden Redner? Er ſagt lieber: Sichem zerriß einen Kranz, den die Geſetze der Ehe nicht fuͤr ihn gewunden hatten. Beſſer gegeben! Buttſt. Kreis. Wie denket man doch da, wann man im Kreiſe denket? Jſt unſere Seele ein Kraͤuſel? “Der

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/278>, abgerufen am 24.04.2024.