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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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Me
Warum sollen denn die Jnseln jauchzen? Er
drohete ja ihnen nicht: er drohete nur dem Meere:
und ist sein Fall so schröcklich: so werden sie eher
beben, als jauchzen; denn bey Erdbeben pfleget
niemand sehr zu jauchzen. Wir nennen diese
Figur den Regenbogen. Er hat vielerley Far-
ben; er spielet schön: wer ihn aber zu erreichen
hoffet, vor dem fliehet er; und so ist es mit dem
Sinne der schönsten Redensarten im Meßias
beschaffen. Sie glänzen; sie leuchten; sie bli-
tzen; und oft donnern sie: nahet hinzu, greifet
darnach: so ist es eine Wasserblase, und oft noch
weniger.

Meerengichter Sund.

Jn Norden heißt eine
gewisse Meerenge der Sund. Meerenge und
Sund sind Stammwörter; sie können also Kin-
der zeugen: sie zeugen demnach meerengicht und
sundicht, ein Zwillingspaar; diese nun mit ein-
ander verheyrathet haben erstlich bodmerische
Meerengen
zu Kindern.

"Nod ist durch einen meerengichten Sund
von Chus abgeschnitten,
"Der von strudelnden Strömen mit lautem
Brüllen durchkreuzet wird.
"Hier sind die Wälder voll Wildbrät etc.
Noah, 51 S.

Da haben wirs, daß Horaz Unrecht hat mit sei-
nem Delphinum silvis adpingit & fluctibus
aprum.
Hier giebt es ja Wälder voll Wild-
brät
mitten im Strudel brüllender Ströme.
Wir stellen uns hierbey auch Ströme vor, die

sanft

Me
Warum ſollen denn die Jnſeln jauchzen? Er
drohete ja ihnen nicht: er drohete nur dem Meere:
und iſt ſein Fall ſo ſchroͤcklich: ſo werden ſie eher
beben, als jauchzen; denn bey Erdbeben pfleget
niemand ſehr zu jauchzen. Wir nennen dieſe
Figur den Regenbogen. Er hat vielerley Far-
ben; er ſpielet ſchoͤn: wer ihn aber zu erreichen
hoffet, vor dem fliehet er; und ſo iſt es mit dem
Sinne der ſchoͤnſten Redensarten im Meßias
beſchaffen. Sie glaͤnzen; ſie leuchten; ſie bli-
tzen; und oft donnern ſie: nahet hinzu, greifet
darnach: ſo iſt es eine Waſſerblaſe, und oft noch
weniger.

Meerengichter Sund.

Jn Norden heißt eine
gewiſſe Meerenge der Sund. Meerenge und
Sund ſind Stammwoͤrter; ſie koͤnnen alſo Kin-
der zeugen: ſie zeugen demnach meerengicht und
ſundicht, ein Zwillingspaar; dieſe nun mit ein-
ander verheyrathet haben erſtlich bodmeriſche
Meerengen
zu Kindern.

Nod iſt durch einen meerengichten Sund
von Chus abgeſchnitten,
“Der von ſtrudelnden Stroͤmen mit lautem
Bruͤllen durchkreuzet wird.
Hier ſind die Waͤlder voll Wildbraͤt ꝛc.
Noah, 51 S.

Da haben wirs, daß Horaz Unrecht hat mit ſei-
nem Delphinum ſilvis adpingit & fluctibus
aprum.
Hier giebt es ja Waͤlder voll Wild-
braͤt
mitten im Strudel bruͤllender Stroͤme.
Wir ſtellen uns hierbey auch Stroͤme vor, die

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[292/0318] Me Warum ſollen denn die Jnſeln jauchzen? Er drohete ja ihnen nicht: er drohete nur dem Meere: und iſt ſein Fall ſo ſchroͤcklich: ſo werden ſie eher beben, als jauchzen; denn bey Erdbeben pfleget niemand ſehr zu jauchzen. Wir nennen dieſe Figur den Regenbogen. Er hat vielerley Far- ben; er ſpielet ſchoͤn: wer ihn aber zu erreichen hoffet, vor dem fliehet er; und ſo iſt es mit dem Sinne der ſchoͤnſten Redensarten im Meßias beſchaffen. Sie glaͤnzen; ſie leuchten; ſie bli- tzen; und oft donnern ſie: nahet hinzu, greifet darnach: ſo iſt es eine Waſſerblaſe, und oft noch weniger. Meerengichter Sund. Jn Norden heißt eine gewiſſe Meerenge der Sund. Meerenge und Sund ſind Stammwoͤrter; ſie koͤnnen alſo Kin- der zeugen: ſie zeugen demnach meerengicht und ſundicht, ein Zwillingspaar; dieſe nun mit ein- ander verheyrathet haben erſtlich bodmeriſche Meerengen zu Kindern. “Nod iſt durch einen meerengichten Sund von Chus abgeſchnitten, “Der von ſtrudelnden Stroͤmen mit lautem Bruͤllen durchkreuzet wird. “Hier ſind die Waͤlder voll Wildbraͤt ꝛc. Noah, 51 S. Da haben wirs, daß Horaz Unrecht hat mit ſei- nem Delphinum ſilvis adpingit & fluctibus aprum. Hier giebt es ja Waͤlder voll Wild- braͤt mitten im Strudel bruͤllender Stroͤme. Wir ſtellen uns hierbey auch Stroͤme vor, die ſanft

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/318>, abgerufen am 19.04.2024.