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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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Be
Wege; gehet welchen ihr wollet! Was mag doch
das Waschen für Rechte haben?

Beseelt.

Ein Stein von starker Hand beseelt,
bekömmt der eine Seele? Kann ihn eine Hand
beseelen?
Jst doch ein Kloß auch einmal beseelet
worden; warum nicht desto eher ein Stein?
Aber es ist auch eines Schweizers Hand.

Hier ringt ein kühnes Paar; vermählt den
Ernst dem Spiele;
Umwindet Leib um Leib,
und schlinget
Huft um Huft.

Dort fliegt ein schwerer Stein nach dem gesteck-
ten Ziele,
Von starker Hand beseelt, durch die ge-
trennte Luft. Haller 20 S.

Ein anderer würde vieleicht gesagt haben: ver-
mischet Ernst und Spiele.
Aber dann würde
keine Hochzeit oder Vermählung seyn vorgefal-
len; und das Wort vermählen hat doch, seines
Alterthums halber,
oft eine Verbindung, die
man verehren muß. Wenn man etwas um-
windet:
so muß man auch etwas haben, womit
man es umwindet: Hier sehe ich aber nichts als
Leiber, mit denen man nicht wohl etwas, als
mit Bindfaden, umwinden kann. Sonder
Zweifel will der Verfasser sagen: Und setzet Brust
an Brust, und schlinget Bein um Bein;
denn
eine Hüfte mit der andern zu umschlingen, wird
auch, in den Spielen der Liebe, unmöglich seyn.
Ueberdieß haben wir das schöne Wort Huft, ich
weis nicht welches Geschlechtes, vieleicht dem

Reime

Be
Wege; gehet welchen ihr wollet! Was mag doch
das Waſchen fuͤr Rechte haben?

Beſeelt.

Ein Stein von ſtarker Hand beſeelt,
bekoͤmmt der eine Seele? Kann ihn eine Hand
beſeelen?
Jſt doch ein Kloß auch einmal beſeelet
worden; warum nicht deſto eher ein Stein?
Aber es iſt auch eines Schweizers Hand.

Hier ringt ein kuͤhnes Paar; vermaͤhlt den
Ernſt dem Spiele;
Umwindet Leib um Leib,
und ſchlinget
Huft um Huft.

Dort fliegt ein ſchwerer Stein nach dem geſteck-
ten Ziele,
Von ſtarker Hand beſeelt, durch die ge-
trennte Luft. Haller 20 S.

Ein anderer wuͤrde vieleicht geſagt haben: ver-
miſchet Ernſt und Spiele.
Aber dann wuͤrde
keine Hochzeit oder Vermaͤhlung ſeyn vorgefal-
len; und das Wort vermaͤhlen hat doch, ſeines
Alterthums halber,
oft eine Verbindung, die
man verehren muß. Wenn man etwas um-
windet:
ſo muß man auch etwas haben, womit
man es umwindet: Hier ſehe ich aber nichts als
Leiber, mit denen man nicht wohl etwas, als
mit Bindfaden, umwinden kann. Sonder
Zweifel will der Verfaſſer ſagen: Und ſetzet Bruſt
an Bruſt, und ſchlinget Bein um Bein;
denn
eine Huͤfte mit der andern zu umſchlingen, wird
auch, in den Spielen der Liebe, unmoͤglich ſeyn.
Ueberdieß haben wir das ſchoͤne Wort Huft, ich
weis nicht welches Geſchlechtes, vieleicht dem

Reime
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[47/0073] Be Wege; gehet welchen ihr wollet! Was mag doch das Waſchen fuͤr Rechte haben? Beſeelt. Ein Stein von ſtarker Hand beſeelt, bekoͤmmt der eine Seele? Kann ihn eine Hand beſeelen? Jſt doch ein Kloß auch einmal beſeelet worden; warum nicht deſto eher ein Stein? Aber es iſt auch eines Schweizers Hand. Hier ringt ein kuͤhnes Paar; vermaͤhlt den Ernſt dem Spiele; Umwindet Leib um Leib, und ſchlinget Huft um Huft. Dort fliegt ein ſchwerer Stein nach dem geſteck- ten Ziele, Von ſtarker Hand beſeelt, durch die ge- trennte Luft. Haller 20 S. Ein anderer wuͤrde vieleicht geſagt haben: ver- miſchet Ernſt und Spiele. Aber dann wuͤrde keine Hochzeit oder Vermaͤhlung ſeyn vorgefal- len; und das Wort vermaͤhlen hat doch, ſeines Alterthums halber, oft eine Verbindung, die man verehren muß. Wenn man etwas um- windet: ſo muß man auch etwas haben, womit man es umwindet: Hier ſehe ich aber nichts als Leiber, mit denen man nicht wohl etwas, als mit Bindfaden, umwinden kann. Sonder Zweifel will der Verfaſſer ſagen: Und ſetzet Bruſt an Bruſt, und ſchlinget Bein um Bein; denn eine Huͤfte mit der andern zu umſchlingen, wird auch, in den Spielen der Liebe, unmoͤglich ſeyn. Ueberdieß haben wir das ſchoͤne Wort Huft, ich weis nicht welches Geſchlechtes, vieleicht dem Reime

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/73>, abgerufen am 29.03.2024.