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Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

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Nachdenkliche Beschreibung
absterben können wir Menschen allhier gar nicht verste-
hen/ noch recht begreiffen/ in dem wir sehen und verste-
hen/ daß/ wan allhier ein Mensch in verzehrendes Feur
geworffen wird/ der muß sterben und verderben/ es mag
auch wehren so kurtz oder lange es wolle; Feur hier sticht
und tödlich bricht/ Feur hier brennt und machts ein
End/ feurig Schmertz ertödt das Hertz: Aber O weh!
in dem Höllischen Feur wird alles tausendmahl mehr
stechen und brechen/ mehr brennen ohn trennen/ mehr
schmertzen die Hertzen/ und wird doch alles unendlich
sein und bleiben müssen. Chrysostomus nennet es also
homil. 44. in Matth. Hic uno temporis momento
in ignem missus homo exspirat; ibi autem crematur
quidem & dolet, sed neutiquam quod crematur,
consumitur:
Wan hier in der Welt ein Mensch ins
Feur geworffen wird/ der muß alsofort brennen und
verbrennen/ in dem Höllischen Feur aber brennet man
und verbrennet nicht/ stirbt man und verdirbt nicht:
Und heisset es nach des Augustini Worten/ Ignis in-
fernalis saevior est, quia incendit & damnatos adurit,
ac tanto saevior est, quia vitae parcit,
das höllische Feur
zündet grausam an und brennet grausam/ es ist aber
darum am allergrausamsten/ weil durch solches sein an-
zünden und brennen nur des Lebens geschonet und
das Leben erhalten wird.

Solch Abqweelen solch Verderben etc.) Al-
hier begint der Reim Text etwas genauer und eigentli-
cher zu erwehnen der Art/ der Vorstellung und des Wü-
tens der Höllischen Qwaal/ oder des tobenden ewi-
gen Todes:
Und wie man von einer Schönheit oder
Heslichkeit eines Dinges/ auch von der Grösse und Klei-
nigkeit eines Dinges nicht recht urtheilen kan/ wan es
unsere Augen nicht vorher genau besehen; Auch man die
Heftigkeit/ Kraft/ Macht und Langwehrenheit einer

Straf-

Nachdenkliche Beſchreibung
abſterben koͤnnen wir Menſchen allhier gar nicht verſte-
hen/ noch recht begreiffen/ in dem wir ſehen und verſte-
hen/ daß/ wan allhier ein Menſch in verzehrendes Feur
geworffen wird/ der muß ſterben und verderben/ es mag
auch wehren ſo kurtz oder lange es wolle; Feur hier ſticht
und toͤdlich bricht/ Feur hier brennt und machts ein
End/ feurig Schmertz ertoͤdt das Hertz: Aber O weh!
in dem Hoͤlliſchen Feur wird alles tauſendmahl mehr
ſtechen und brechen/ mehr brennen ohn trennen/ mehr
ſchmertzen die Hertzen/ und wird doch alles unendlich
ſein und bleiben muͤſſen. Chryſoſtomus nennet es alſo
homil. 44. in Matth. Hic uno temporis momento
in ignem miſſus homo exſpirat; ibi autem crematur
quidem & dolet, ſed neutiquam quod crematur,
conſumitur:
Wan hier in der Welt ein Menſch ins
Feur geworffen wird/ der muß alſofort brennen und
verbrennen/ in dem Hoͤlliſchen Feur aber brennet man
und verbrennet nicht/ ſtirbt man und verdirbt nicht:
Und heiſſet es nach des Auguſtini Worten/ Ignis in-
fernalis ſævior eſt, quia incendit & damnatos adurit,
ac tanto ſævior eſt, quia vitæ parcit,
das hoͤlliſche Feur
zuͤndet grauſam an und brennet grauſam/ es iſt aber
darum am allergrauſamſten/ weil durch ſolches ſein an-
zuͤnden und brennen nur des Lebens geſchonet und
das Leben erhalten wird.

Solch Abqweelen ſolch Verderben ꝛc.) Al-
hier begint der Reim Text etwas genauer und eigentli-
cher zu erwehnen der Art/ der Vorſtellung und des Wuͤ-
tens der Hoͤlliſchen Qwaal/ oder des tobenden ewi-
gen Todes:
Und wie man von einer Schoͤnheit oder
Heslichkeit eines Dinges/ auch von der Groͤſſe und Klei-
nigkeit eines Dinges nicht recht urtheilen kan/ wan es
unſere Augen nicht vorher genau beſehen; Auch man die
Heftigkeit/ Kraft/ Macht und Langwehrenheit einer

Straf-
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[90/0158] Nachdenkliche Beſchreibung abſterben koͤnnen wir Menſchen allhier gar nicht verſte- hen/ noch recht begreiffen/ in dem wir ſehen und verſte- hen/ daß/ wan allhier ein Menſch in verzehrendes Feur geworffen wird/ der muß ſterben und verderben/ es mag auch wehren ſo kurtz oder lange es wolle; Feur hier ſticht und toͤdlich bricht/ Feur hier brennt und machts ein End/ feurig Schmertz ertoͤdt das Hertz: Aber O weh! in dem Hoͤlliſchen Feur wird alles tauſendmahl mehr ſtechen und brechen/ mehr brennen ohn trennen/ mehr ſchmertzen die Hertzen/ und wird doch alles unendlich ſein und bleiben muͤſſen. Chryſoſtomus nennet es alſo homil. 44. in Matth. Hic uno temporis momento in ignem miſſus homo exſpirat; ibi autem crematur quidem & dolet, ſed neutiquam quod crematur, conſumitur: Wan hier in der Welt ein Menſch ins Feur geworffen wird/ der muß alſofort brennen und verbrennen/ in dem Hoͤlliſchen Feur aber brennet man und verbrennet nicht/ ſtirbt man und verdirbt nicht: Und heiſſet es nach des Auguſtini Worten/ Ignis in- fernalis ſævior eſt, quia incendit & damnatos adurit, ac tanto ſævior eſt, quia vitæ parcit, das hoͤlliſche Feur zuͤndet grauſam an und brennet grauſam/ es iſt aber darum am allergrauſamſten/ weil durch ſolches ſein an- zuͤnden und brennen nur des Lebens geſchonet und das Leben erhalten wird. Solch Abqweelen ſolch Verderben ꝛc.) Al- hier begint der Reim Text etwas genauer und eigentli- cher zu erwehnen der Art/ der Vorſtellung und des Wuͤ- tens der Hoͤlliſchen Qwaal/ oder des tobenden ewi- gen Todes: Und wie man von einer Schoͤnheit oder Heslichkeit eines Dinges/ auch von der Groͤſſe und Klei- nigkeit eines Dinges nicht recht urtheilen kan/ wan es unſere Augen nicht vorher genau beſehen; Auch man die Heftigkeit/ Kraft/ Macht und Langwehrenheit einer Straf-

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Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/158>, abgerufen am 25.04.2024.