Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

Bild:
<< vorherige Seite

der Hölle und Höllischen Zustandes.
loset hat. Und wie das begierliche Anschauen GOttes
in alle Ewigkeit/ die allergröste Freude und Verherrlich-
ung der Gerechten sein wird/ also wird auch die ewige
Verstossung von dem Angesicht GOttes den Verdam-
ten/ das allerschmertzlichste Andenken/ und schändlichste
äusserste Erniedrigung und Verwerfung sein; daher
den rege und wach wird der Wurm/ so nicht stirbet/ der
Gewissenswurm/ der bei den Erleidenden allergrau-
samsten Höllenschmertz/ der Verdamten Gedächtniß
und Seel mit glüenden Kneifzangen noch weiter zwak
ket/ und den allerschmertzhaftigsten Verlust der Himm-
lischen Freude/ und des ewigen Lebens ohn unterlaß vor-
stellet/ und veruhrsachet also denen Verdamten in ih-
rer grossen Qwaal/ noch grössere Qwaal/ in ihrer grau-
samen Pein und Marter/ noch grausamere Pein und
Marter/ in ihrer übergrossen Feurangst und in ihrer
heulenden Höllengluet/ noch mehr innerlichst einglim-
ende Funken der verseumten Seeligkeit/ wodurch die
Verdamten noch gräulicher geängstet/ noch schmertz-
hafter geqweelet/ durch bittere Reuqwaal gepeiniget/
und in den unaussprechlichsten Marterstand/ an Leib
und Seel allerdings versetzet werden.

Stichlet/ krauelt/ tobet/ wütet) Welcher
gestalt dieser Wurm mit Gewissens Stachelen stichele/
mit Erinnerungskräuel durchkräuele/ mit Raserei da-
bei tobe/ und mit Grimmigkeit wüte/ und dadurch end-
lich sein Werk und Effect immerfort darin verrichte und
vorzeige/ daß er mit grössester Angst ausbrüte/ aber all-
zuspät! feurig-bittere Reu und Leid/ solches deutet
der Reimtext an. Die Reu und kläglichstes Ange-
denken wegen Verlusts der Seeligkeit/
weil sie
vergebens! weil sie zu spät! weil sie unendlich! kan füg-
lich nicht ausgesprochen werden; allhier nennen wirs im
Teutschen feurig-bittre Reu und Leid/ die brennend

durch-

der Hoͤlle und Hoͤlliſchen Zuſtandes.
loſet hat. Und wie das begierliche Anſchauen GOttes
in alle Ewigkeit/ die allergroͤſte Freude und Verherꝛlich-
ung der Gerechten ſein wird/ alſo wird auch die ewige
Verſtoſſung von dem Angeſicht GOttes den Verdam-
ten/ das allerſchmertzlichſte Andenken/ und ſchaͤndlichſte
aͤuſſerſte Erniedrigung und Verwerfung ſein; daher
den rege und wach wird der Wurm/ ſo nicht ſtirbet/ der
Gewiſſenswurm/ der bei den Erleidenden allergrau-
ſamſten Hoͤllenſchmertz/ der Verdamten Gedaͤchtniß
und Seel mit gluͤenden Kneifzangen noch weiter zwak
ket/ und den allerſchmertzhaftigſten Verluſt der Himm-
liſchen Freude/ und des ewigen Lebens ohn unterlaß vor-
ſtellet/ und veruhrſachet alſo denen Verdamten in ih-
rer groſſen Qwaal/ noch groͤſſere Qwaal/ in ihrer grau-
ſamen Pein und Marter/ noch grauſamere Pein und
Marter/ in ihrer uͤbergroſſen Feurangſt und in ihrer
heulenden Hoͤllengluet/ noch mehr innerlichſt einglim-
ende Funken der verſeumten Seeligkeit/ wodurch die
Verdamten noch graͤulicher geaͤngſtet/ noch ſchmertz-
hafter geqweelet/ durch bittere Reuqwaal gepeiniget/
und in den unausſprechlichſten Marterſtand/ an Leib
und Seel allerdings verſetzet werden.

Stichlet/ krauelt/ tobet/ wuͤtet) Welcher
geſtalt dieſer Wurm mit Gewiſſens Stachelen ſtichele/
mit Erinnerungskraͤuel durchkraͤuele/ mit Raſerei da-
bei tobe/ und mit Grimmigkeit wuͤte/ und dadurch end-
lich ſein Werk und Effect immerfort darin verrichte und
vorzeige/ daß er mit groͤſſeſter Angſt ausbruͤte/ aber all-
zuſpaͤt! feurig-bittere Reu und Leid/ ſolches deutet
der Reimtext an. Die Reu und klaͤglichſtes Ange-
denken wegen Verluſts der Seeligkeit/
weil ſie
vergebens! weil ſie zu ſpaͤt! weil ſie unendlich! kan fuͤg-
lich nicht ausgeſprochen werden; allhier nennen wirs im
Teutſchen feurig-bittre Reu und Leid/ die brennend

durch-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0291" n="223"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Ho&#x0364;lle und Ho&#x0364;lli&#x017F;chen Zu&#x017F;tandes.</hi></fw><lb/>
lo&#x017F;et hat. Und wie das begierliche An&#x017F;chauen GOttes<lb/>
in alle Ewigkeit/ die allergro&#x0364;&#x017F;te Freude und Verher&#xA75B;lich-<lb/>
ung der Gerechten &#x017F;ein wird/ al&#x017F;o wird auch die ewige<lb/>
Ver&#x017F;to&#x017F;&#x017F;ung von dem Ange&#x017F;icht GOttes den Verdam-<lb/>
ten/ das aller&#x017F;chmertzlich&#x017F;te Andenken/ und &#x017F;cha&#x0364;ndlich&#x017F;te<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te Erniedrigung und Verwerfung &#x017F;ein; daher<lb/>
den rege und wach wird der Wurm/ &#x017F;o nicht &#x017F;tirbet/ der<lb/>
Gewi&#x017F;&#x017F;enswurm/ der bei den Erleidenden allergrau-<lb/>
&#x017F;am&#x017F;ten Ho&#x0364;llen&#x017F;chmertz/ der Verdamten Geda&#x0364;chtniß<lb/>
und Seel mit glu&#x0364;enden Kneifzangen noch weiter zwak<lb/>
ket/ und den aller&#x017F;chmertzhaftig&#x017F;ten Verlu&#x017F;t der Himm-<lb/>
li&#x017F;chen Freude/ und des ewigen Lebens ohn unterlaß vor-<lb/>
&#x017F;tellet/ und veruhr&#x017F;achet al&#x017F;o denen Verdamten in ih-<lb/>
rer gro&#x017F;&#x017F;en Qwaal/ noch gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Qwaal/ in ihrer grau-<lb/>
&#x017F;amen Pein und Marter/ noch grau&#x017F;amere Pein und<lb/>
Marter/ in ihrer u&#x0364;bergro&#x017F;&#x017F;en Feurang&#x017F;t und in ihrer<lb/>
heulenden Ho&#x0364;llengluet/ noch mehr innerlich&#x017F;t einglim-<lb/>
ende Funken der ver&#x017F;eumten Seeligkeit/ wodurch die<lb/>
Verdamten noch gra&#x0364;ulicher gea&#x0364;ng&#x017F;tet/ noch &#x017F;chmertz-<lb/>
hafter geqweelet/ durch bittere Reuqwaal gepeiniget/<lb/>
und in den unaus&#x017F;prechlich&#x017F;ten Marter&#x017F;tand/ an Leib<lb/>
und Seel allerdings ver&#x017F;etzet werden.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Stichlet/ krauelt/ tobet/ wu&#x0364;tet</hi>) Welcher<lb/>
ge&#x017F;talt die&#x017F;er Wurm mit Gewi&#x017F;&#x017F;ens Stachelen &#x017F;tichele/<lb/>
mit Erinnerungskra&#x0364;uel durchkra&#x0364;uele/ mit Ra&#x017F;erei da-<lb/>
bei tobe/ und mit Grimmigkeit wu&#x0364;te/ und dadurch end-<lb/>
lich &#x017F;ein Werk und Effect immerfort darin verrichte und<lb/>
vorzeige/ daß er mit gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ter Ang&#x017F;t ausbru&#x0364;te/ aber all-<lb/>
zu&#x017F;pa&#x0364;t! <hi rendition="#fr">feurig-bittere Reu</hi> und <hi rendition="#fr">Leid/</hi> &#x017F;olches deutet<lb/>
der Reimtext an. Die <hi rendition="#fr">Reu</hi> und <hi rendition="#fr">kla&#x0364;glich&#x017F;tes Ange-<lb/>
denken wegen Verlu&#x017F;ts der Seeligkeit/</hi> weil &#x017F;ie<lb/>
vergebens! weil &#x017F;ie zu &#x017F;pa&#x0364;t! weil &#x017F;ie unendlich! kan fu&#x0364;g-<lb/>
lich nicht ausge&#x017F;prochen werden; allhier nennen wirs im<lb/>
Teut&#x017F;chen feurig-bittre Reu und Leid/ die <hi rendition="#fr">brennend</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">durch-</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0291] der Hoͤlle und Hoͤlliſchen Zuſtandes. loſet hat. Und wie das begierliche Anſchauen GOttes in alle Ewigkeit/ die allergroͤſte Freude und Verherꝛlich- ung der Gerechten ſein wird/ alſo wird auch die ewige Verſtoſſung von dem Angeſicht GOttes den Verdam- ten/ das allerſchmertzlichſte Andenken/ und ſchaͤndlichſte aͤuſſerſte Erniedrigung und Verwerfung ſein; daher den rege und wach wird der Wurm/ ſo nicht ſtirbet/ der Gewiſſenswurm/ der bei den Erleidenden allergrau- ſamſten Hoͤllenſchmertz/ der Verdamten Gedaͤchtniß und Seel mit gluͤenden Kneifzangen noch weiter zwak ket/ und den allerſchmertzhaftigſten Verluſt der Himm- liſchen Freude/ und des ewigen Lebens ohn unterlaß vor- ſtellet/ und veruhrſachet alſo denen Verdamten in ih- rer groſſen Qwaal/ noch groͤſſere Qwaal/ in ihrer grau- ſamen Pein und Marter/ noch grauſamere Pein und Marter/ in ihrer uͤbergroſſen Feurangſt und in ihrer heulenden Hoͤllengluet/ noch mehr innerlichſt einglim- ende Funken der verſeumten Seeligkeit/ wodurch die Verdamten noch graͤulicher geaͤngſtet/ noch ſchmertz- hafter geqweelet/ durch bittere Reuqwaal gepeiniget/ und in den unausſprechlichſten Marterſtand/ an Leib und Seel allerdings verſetzet werden. Stichlet/ krauelt/ tobet/ wuͤtet) Welcher geſtalt dieſer Wurm mit Gewiſſens Stachelen ſtichele/ mit Erinnerungskraͤuel durchkraͤuele/ mit Raſerei da- bei tobe/ und mit Grimmigkeit wuͤte/ und dadurch end- lich ſein Werk und Effect immerfort darin verrichte und vorzeige/ daß er mit groͤſſeſter Angſt ausbruͤte/ aber all- zuſpaͤt! feurig-bittere Reu und Leid/ ſolches deutet der Reimtext an. Die Reu und klaͤglichſtes Ange- denken wegen Verluſts der Seeligkeit/ weil ſie vergebens! weil ſie zu ſpaͤt! weil ſie unendlich! kan fuͤg- lich nicht ausgeſprochen werden; allhier nennen wirs im Teutſchen feurig-bittre Reu und Leid/ die brennend durch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/291
Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/291>, abgerufen am 24.04.2024.