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Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

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Nachdenkliche Beschreibung
Sandkörnlein nur davon abzulangen/ und solches so
lange/ und durch so viel hundert tausend und Millionen
tausend Jahre verrichten/ biß der gantze grosse Berg we-
re Körnerweiß/ durch unzahlbare Jahrhundert wegge-
tragen/ und wan solches geschehen/ solte die Ewigkeit
und darin die Höllenpein aufhören: Solches würden
die Verdamten gern vernehmen/ und noch einige fast
unausdenkliche Hofnung haben/ daß bei der Ewigkeit
könne dermaleins ein Ende verhanden sein.

Oder vors ander also: Wan einem Engel von
GOtt erlaubt/ alle hundert Jahr nur ein Tropfen Was-
ser aus einer Welt See abzulangen/ und solches alle
hundert Jahr nur einmahl/ bis so lange/ daß auch ein
grosses Meer Tropfenweis durch hundert Jahre wäre
ausgetroknet und weggebracht/ alsdan solte der Ewig-
keit ein Ende werden: Wiewol nun Sandkörnleinweis
die gantze Erde wegtragen/ oder Tropfenweis das gan-
tze Meer ausfüllen/ und ein solches durch langsame
Jahre verrichten/ eine lautere Unmöglichkeit sein würde/
ein Ende zuersinnen und abzudenken/ so wird es dennoch
darum/ und mit Grunde der Warheit vorgestellet/ die
unbegreifliche Ewigkeit nur zubegreiffen/ und der uner-
sinlichen Ewigkeit nachzusinnen/ und sich scheuen zu lern-
en und vermeiden zu lernen eine solche grausame un-
endliche Zeit/ die wir Menschen so leicht und sicher durch
das Augenblik der Sündenzeit zu unserer Verdamniß
über uns ziehen können.



LXXXIX.

Nachdenkliche Beſchreibung
Sandkoͤrnlein nur davon abzulangen/ und ſolches ſo
lange/ und durch ſo viel hundert tauſend und Millionen
tauſend Jahre verrichten/ biß der gantze groſſe Berg we-
re Koͤrnerweiß/ durch unzahlbare Jahrhundert wegge-
tragen/ und wan ſolches geſchehen/ ſolte die Ewigkeit
und darin die Hoͤllenpein aufhoͤren: Solches wuͤrden
die Verdamten gern vernehmen/ und noch einige faſt
unausdenkliche Hofnung haben/ daß bei der Ewigkeit
koͤnne dermaleins ein Ende verhanden ſein.

Oder vors ander alſo: Wan einem Engel von
GOtt erlaubt/ alle hundert Jahr nur ein Tropfen Waſ-
ſer aus einer Welt See abzulangen/ und ſolches alle
hundert Jahr nur einmahl/ bis ſo lange/ daß auch ein
groſſes Meer Tropfenweis durch hundert Jahre waͤre
ausgetroknet und weggebracht/ alsdan ſolte der Ewig-
keit ein Ende werden: Wiewol nun Sandkoͤrnleinweis
die gantze Erde wegtragen/ oder Tropfenweis das gan-
tze Meer ausfuͤllen/ und ein ſolches durch langſame
Jahre verrichten/ eine lautere Unmoͤglichkeit ſein wuͤrde/
ein Ende zuerſinnen und abzudenken/ ſo wird es dennoch
darum/ und mit Grunde der Warheit vorgeſtellet/ die
unbegreifliche Ewigkeit nur zubegreiffen/ und der uner-
ſinlichen Ewigkeit nachzuſinnen/ und ſich ſcheuen zu lern-
en und vermeiden zu lernen eine ſolche grauſame un-
endliche Zeit/ die wir Menſchen ſo leicht und ſicher durch
das Augenblik der Suͤndenzeit zu unſerer Verdamniß
uͤber uns ziehen koͤnnen.



LXXXIX.
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[290/0358] Nachdenkliche Beſchreibung Sandkoͤrnlein nur davon abzulangen/ und ſolches ſo lange/ und durch ſo viel hundert tauſend und Millionen tauſend Jahre verrichten/ biß der gantze groſſe Berg we- re Koͤrnerweiß/ durch unzahlbare Jahrhundert wegge- tragen/ und wan ſolches geſchehen/ ſolte die Ewigkeit und darin die Hoͤllenpein aufhoͤren: Solches wuͤrden die Verdamten gern vernehmen/ und noch einige faſt unausdenkliche Hofnung haben/ daß bei der Ewigkeit koͤnne dermaleins ein Ende verhanden ſein. Oder vors ander alſo: Wan einem Engel von GOtt erlaubt/ alle hundert Jahr nur ein Tropfen Waſ- ſer aus einer Welt See abzulangen/ und ſolches alle hundert Jahr nur einmahl/ bis ſo lange/ daß auch ein groſſes Meer Tropfenweis durch hundert Jahre waͤre ausgetroknet und weggebracht/ alsdan ſolte der Ewig- keit ein Ende werden: Wiewol nun Sandkoͤrnleinweis die gantze Erde wegtragen/ oder Tropfenweis das gan- tze Meer ausfuͤllen/ und ein ſolches durch langſame Jahre verrichten/ eine lautere Unmoͤglichkeit ſein wuͤrde/ ein Ende zuerſinnen und abzudenken/ ſo wird es dennoch darum/ und mit Grunde der Warheit vorgeſtellet/ die unbegreifliche Ewigkeit nur zubegreiffen/ und der uner- ſinlichen Ewigkeit nachzuſinnen/ und ſich ſcheuen zu lern- en und vermeiden zu lernen eine ſolche grauſame un- endliche Zeit/ die wir Menſchen ſo leicht und ſicher durch das Augenblik der Suͤndenzeit zu unſerer Verdamniß uͤber uns ziehen koͤnnen. LXXXIX.

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Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/358>, abgerufen am 25.04.2024.